Bundestagsabgeordnete Katja Mast (Mitte) und Erster Pforzheimer Bürgermeister Dirk Büscher (links) verschaffen sich gemeinsam mit verschiedenen Vertretern der Bundespresse einen Eindruck davon, wie die Beratungsstelle „Pro Familia“ mit Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnern zu kämpfen haben. Foto: Meyer
Pforzheim
Wegen Gehsteigbelästigungen vor Pforzheimer Beratungsstelle: SPD-Politikerin Katja Mast zu Besuch bei Pro Familia

Pforzheim. Im Zuge ihrer Sommerreise ist die hiesige Bundestagsabgeordnete und Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, mit Medienvertretern in ihrem Wahlkreis unterwegs. Bei der Auswahl für ihre Ausflugsziele stellte sie sich stets die Frage: „Was macht meinen Wahlkreis so besonders?“. Der Anlass, für den sie an diesem Freitagvormittag in der Pforzheimer Beratungsstelle „Pro Familia“ zu Besuch ist, ist tatsächlich einzigartig in ganz Baden-Württemberg. Aber warum?

Vor fast einem Monat stimmte der Deutsche Bundestag der Aufhebung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche zu. Für viele ist das ein großer Schritt in Richtung Selbstbestimmung der Frau. Dass das emotional geladene Thema der Abtreibungen auf unterschiedliche Reaktionen stößt, ist in einer pluralistischen Gesellschaft wohl zu erwarten. „Pro Familia“ kämpft jedoch seit 2018 mit Demonstrierenden vor ihrem Eingangsbereich, welche die „Persönlichkeitsrechte von Schwangeren verletzen“, sagt Dirk Büscher, Erster Bürgermeister in Pforzheim, der ebenfalls an dem Termin teilgenommen hat.

Die aus den USA stammende Bewegung „40 days for life“ protestiert regelmäßig 40 Tage lang bei „Mahnwachen“ vor Abtreibungskliniken und Beratungsstellen gegen Schwangerschaftsabbrüche. Landesweit finden diese Demos ausschließlich in Pforzheim statt. Angemeldet sind diese Veranstaltungen als stille Gebete. Von Ruhe scheint dort allerdings keine Spur zu sein. „Sie singen und beten laut vor sich hin, stellen Kindersärge auf und platzieren Kreuze“, beschreibt Peter Benkner die Situation vor dem Gebäudeeingang. In seiner Funktion als Vorsitzender von Pro Familia moderiert er das Treffen am Freitag.

Benkner und einige Beraterinnen schildern Mast und den Medienvertretern, wie verunsichert und verängstigt die Hilfesuchenden sind, sobald sie die Beratungsstelle aufsuchen. „Trotz verstärkter Fenster muss ich meine Termine in anderen Räumen abhalten, weil die Versammlungen vor unserer Tür zu laut sind“, erzählt Regine Arlt, Ärztin bei „Pro Familia“.

Auf unterschiedlichen Wegen versuchte die Pforzheimer Beratungsstelle, die Demonstrationen zu unterbinden, um die Hilfesuchenden zu schützen: Durch Gespräche, Gegenveranstaltungen oder mit Unterstützung der Stadt Pforzheim. Dadurch konnten die Versammlungen der Abtreibungsgegner zumindest auf die gegenüberliegende Straßenseite versetzt werden. Das hatte zur Folge, dass „40 day for day“ gegen die Stadt Pforzheim klagte, jedoch ohne Erfolg (die PZ berichtete). Als die Gruppierung nun jedoch Berufung eingelegt hatte, ließ der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim dies zu. Das Ergebnis steht noch aus.

Für die bisherige Unterstützung der Stadt und auch der Berichterstattung der Pforzheimer Zeitung bedankt sich Benkner herzlich. Das reiche jedoch nicht: „Man darf Beratungsstellen nicht allein lassen“, so der Vorsitzende. Er fordert bundespolitische Gesetze zum Schutz von schwangeren Ratsuchenden. Dass gegen solche Gehsteigbelästigungen vorgegangen werden muss, darin sind sich auch Büscher und Mast einig. Die Bundestagsabgeordnete schätzt die Zusammenarbeit mit der Stadt Pforzheim, ist dankbar, dass sie sich vor Ort einen Eindruck der Lage verschaffen konnte und zeigt sich zuversichtlich für eine bundesgesetzliche Grundlage, auch noch in den kommenden 18 Monaten Ampelkoalition.