
Zaudern, zerreden, verschieben: Der Lärmschutz in Pforzheim wird zum Trauerspiel
Es fällt den großen Städten in Deutschland schwer, ihren Lärmaktionsplan innerhalb des im Bundesimmissionsschutzgesetz für Ballungsräume gesetzten Zeitrahmens fortzuschreiben. Zu schwerwiegend scheinen manche Entscheidungen zu sein. Zu schwer, um sie dem Bürger zuzumuten? Zwischenzeitlich aber müssten eigentlich meisten Lärmaktionspläne durch die Gemeinderäte abgesegnet sein. Der fortgeschriebene Lärmaktionsplan für Pforzheim sollte deshalb ebenfalls baldmöglichst verabschiedet werden, wie PZ-Redakteur Thomas Kurtz in seinem Kommentar fordert.
Ein Kommentar von Thomas Kurtz
Warum nur braucht der Pforzheimer Gemeinderat für manche wirklich wichtigen Dinge immer eine Ewigkeit, um mit einer endgültigen Abstimmung zum Ziel zu kommen? Das war beim kaum noch für möglich gehaltenen Westtangenten-Bau ein ewiges Hin und Her, das lief beim Neubau von Stadttheater und Stadthalle so, das kommt mir beim Bäderthema so vor, und nun geht es beim Lärmaktionsplan weiter. Da bahnt sich ein Trauerspiel epischen Ausmaßes an, für das hoffentlich doch noch in dieser kommunalpolitischen Spielzeit der Vorhang fällt. Applaus für dieses Drama im Stile von Schillers „Kabale und Liebe“ - nur eben ohne Liebe - dürfen die Lärmschutzverweigerer allerdings nicht erwarten.
Die Gesundheit von Tausenden von Pforzheimern steht auf dem Spiel, denn Lärm macht krank. Und das ist keine abstruse Gesundheitstheorie aus pseudowissenschaftlichen Untiefen der Facebook-Universität, sondern klassischer medizinischer Standard. Deshalb gibt es eine EU-Umgebungslärmrichtlinie und ein Bundesimmissionsschutzgesetz, das besagt: Städte mit über 100 000 Einwohnern müssen Lärmaktionspläne aufstellen.
Pforzheim braucht Lärmschutz. Es liegen wissenschaftlich fundierte Untersuchungen vor, auf deren Erkenntnisse sich der Lärmaktionsplan von der Stadtverwaltung bezieht. Und dann gibt es Stadträte, denen das alles aus was für Gründen auch immer nicht passt, die lieber taktieren und Entscheidungen verschieben.
Aber als Stadtrat würde ich doch gestalten, Weichen stellen und Dinge anpacken wollen. Zaudern und zerreden ist doch kein kreativer Akt. Gut, wenn man als Fundamentalopposition nichts besser kann als prinzipiell dagegen sein, dann fehlt es am Gestaltungswillen. Wenn man unter Profilneurosen leidet und man auf Teufel komm raus sein lokalpolitisches Image schärfen will, dann wird das halt nichts mit zielführender Teamwork. Und dann gibt es da noch welche, die wie Kaninchen vor der Schlange zittern, wenn unbequeme Entscheidungen vor Wahlen getroffen werden müssen.
Noch einmal in der PZ lesen, dass beim Lärmschutz wieder vertagt und aufgeschoben wird, wäre unerträglich – und für viele Betroffene und an Lokalpolitik interessierte Bürger auch unverständlich. Jetzt ist im Ratssaal kein Kleingeist, sondern Kooperation und Konsens gefordert.