PZ-Redakteurin Catherina Arndt schreibt in ihrem Kommentar darüber, warum die Zustimmung eigentlich kein Sieg ist.
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Politik
Darum ist die Zustimmung zum Rentenpaket kein Sieg für Kanzler Merz

Das Rentenpaket ist durch. Union und SPD haben das wohl wichtigste Sozialgesetz ihrer bisherigen Amtszeit über die Ziellinie gebracht. Doch dieser Beschluss ist trotz Kanzlermehrheit kein Grund zum Aufatmen – im Gegenteil: Er legt offen, wie tief die Risse in dieser Regierung verlaufen. Und er zeigt, wie stark Unionsfraktionschef Jens Spahn über Monate hinweg nicht nur seine eigene Autorität beschädigt hat, sondern auch die des Kanzlers. Das hat sich auch in der scharfen Debatte vor der Abstimmung gezeigt.

Ein Kommentar von PZ-Redakteurin Catherina Arndt

Fraktionsvorsitzende genossen früher eine klare Autorität, konnten ihre Abgeordneten hinter sich versammeln und interne Konflikte lösen. Rolf Mützenich bei der SPD war ein solcher Fall: Respektiert, strategisch stark, unverzichtbar für seine Partei. Spahn zeigt, dass er diese Stärke nicht besitzt. Die Revolte der Jungen Gruppe konnte er weder entschärfen noch kanalisieren.

Der SPD-Fraktionschef Matthias Miersch wirkt zwar ebenfalls blass in seiner Rolle. Das fällt aber nicht so sehr auf. Denn seine Partei scheint zumindest in den großen Fragen geeint – selbst bei schmerzhaften Kompromissen wie dem verschärften Migrationsgesetz. Spahn hingegen verpatzte die Richterwahl, die Diskussion um den Wehrdienst eskalierte, dann rebellierten die Jungen gegen das Rentenpaket. Mit Aussagen wie, man werde mit der SPD „nicht gemeinsam sterben“, sendet er Signale, die Merz’ Autorität untergraben – und Spekulationen über ein vorzeitiges Koalitionsende befeuern. Merz kann sich auf seinen Fraktionschef nicht verlassen. Es ist kein Geheimnis: Spahn gilt als machtgetrieben, nicht als loyal.

Für den Kanzler ist der entstandene Schaden enorm. Die Junge Gruppe stellte nicht nur das Rentenpaket infrage, sondern seinen Führungsanspruch. Merz war mit dem Versprechen angetreten, es besser zu machen als sein Vorgänger Olaf Scholz. Doch seit Amtsantritt reiht sich Schwäche an Schwäche. Die Zustimmung für ihn ist auf etwa 25 Prozent abgesackt – ein Wert, der ihn zu einem der unbeliebtesten Kanzler überhaupt macht.

Merz muss nun sein Machtzentrum neu ordnen, sonst droht seine Kanzlerschaft sehr bald sehr unschön zu enden. Ein Wechsel bei der Fraktionsführung – etwa zu Generalsekretär Carsten Linnemann oder Ex-Minister Norbert Röttgen – wäre denkbar, um die Kontrolle zurückzugewinnen. Bei einem Scheitern des Rentenpakets wäre er sogar überlebenswichtig gewesen. Der Rentenstreit hat Spuren hinterlassen, die bleiben werden. Und das kommende Jahr wird mit Blick auf fünf anstehende Landtagswahlen für die Koalition nicht einfacher. Merz muss das Ruder dringend herumreißen – und das kann er nur mit den richtigen Leuten.