
In der Ampel-Regierung ist sie Opfer ihrer eigenen Taktik und vermeintlichen Raffinesse geworden: die FDP. Was über viele Jahre klappte, ging bei der letzten Bundestagswahl schief. Die Liberalen waren so oft das Zünglein an der Waage, Mehrheitsbeschaffer oder Korrektiv. Nun sitzen sie nicht mehr im Bundestag so wie 2013, als die FDP unter Vorsitz von Philipp Rösler nur 4,8 Prozent holte.
Ein Kommentar von dem Geschäftsführenden PZ-Verleger Thomas Satinsky
Mit Christian Lindner erging es ihr nicht besser. Lindner ist weg - und die FDP? Zwar ist sie in den Regierungen von Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz vertreten, aber einzig im Stammland der Liberalen, in Baden-Württemberg, spielen die Liberalen mit ihrem Partei- und Fraktionschef Ulrich Rülke noch eine wortgewaltige Rolle. Rülke hält die Fahne des Liberalismus hoch. Das ist wichtig, denn Deutschland braucht in einer immer verrückteren Welt die Botschaft des Liberalismus.


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Auch deswegen fehlt die FDP im Parteienwirrwarr von Union, SPD, AfD, der Linken und den Grünen. Klassischen Wirtschaftsliberalismus oder ein konsequentes Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft vermisst man bei diesen Parteien, auch wenn jede von ihnen behauptet, liberal zu sein. Wirklichen Freisinn verkörpert nur die FDP, auch wenn die Partei derzeit beim Personal und bei der klaren Strategie schwächelt. Der Weg zurück in den Bundestag wird kein leichter sein, zumal die Haltung zu Bürgerrechten und Sozialthemen noch schwammig ist.
Diese Findungsphase ist allerdings völlig normal nach dem desaströsen Abschneiden bei der vergangenen Bundestagswahl. Ein Vorteil für die Liberalen ist der Start der Koalition von Union und SPD.Dieser war durchweg holprig und von Vertrauenskrisen geprägt. Man hat jetzt schon den Eindruck, dass Schwarz-Rot an den eigenen Zusagen scheitern könnte. Friedrich Merz hat den Mund zu häufig zu voll genommen. Für die FDP gibt es genügend Kritikpunkte, die in erster Linie die Kernkompetenz der Liberalen berühren: die Wirtschaft.


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Zudem ist die Partei in ihrer Entscheidungsfreudigkeit schneller als die Konkurrenz. Bei der FDP braucht es keine Ochsentour durch etliche Funktionärsschichten, um nach oben zu kommen. In diesem Punkt ist sie eine moderne Partei, in der Pragmatismus und Wendigkeit mehr gefragt sind als der Dogmatismus, der auf so vielen Parteitagen politischer Mitbewerber vorherrscht.
Ein Problem wird die FDP der Zukunft begleiten: die Rolle des Mehrheitsbeschaffers, denn die beiden Volksparteien Union und SPD lahmen. Es reicht dann nur zu einer Dreier-Koalition. Wie schwer es eine solche Konstellation hat, weiß man seit den Ampel-Tagen.