
Pforzheim. „Weit über das normale Maß hinaus“ habe sich Olaf Scholz bei den Haushaltsverhandlungen eingebracht, sagt Katja Mast – und weit über das von einer Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion sicherlich geforderte Maß hinaus lobt sie den Kanzler auch bei ihrem Sommer-Pressegespräch in Pforzheim.
„Er steuert besonnen“, sagt Mast. Er habe es nicht zugelassen, „dass Themen gegeneinander ausgespielt werden“ – die Bürger dürften „froh sein“, dass sie Scholz hätten. Man spürt Masts volle Überzeugung in diesem Moment. Irgendetwas muss der Kanzler haben, das sich nur Politik-Insidern offenbart, etwas das die Öffentlichkeit nicht sieht.
Rote Tischdecke, roter SPD-Aufsteller, rote SPD-Tassen mit Martin-Schulz-Konterfei. Kurz fragt man sich: Was macht der eigentlich? Aber darum soll es beim Gespräch zum Beginn der sitzungsfreien Zeit des Bundestags in Masts Bürgerbüro nicht gehen. Stattdessen ein Parforceritt durch die aktuelle Politik und die Erfolge, die sie sieht.
So halte der Haushaltsentwurf die Balance „aus äußerer, innerer und sozialer Sicherheit“, so Mast – gleichwohl werde es im Bundestag bis zur geplanten Verabschiedung Ende November „auf jeden Fall noch harte Diskussionen geben.“ An einer gerechten und verlässlichen Rentengestaltung – „ein wichtiges Thema für die Bürger“ – sei die Regierung dran. Das Gesetz gegen Gehsteigbelästigung beende „eine unerträgliche Situation für Schwangere“ auf dem Weg zur Beratung – auch in Pforzheim. Hier sei sie „stolz auf die Eröffnung der Westtangente“, auf die sie lange mithingewirkt habe. Und Mast verweist auf das Startchancenprogramm, in dessen Rahmen finanziell schwächer gestellte Schüler an 21 Schulen in der Region gefördert würden.
Mit Blick auf Berlin und die SPD-geführte Bundesregierung mit FDP und Grünen gibt Mast unumwunden zu: „Die Dreier-Konstellation ist anstrengend.“ Trotzdem habe sie keine Zweifel daran, dass die Ampel bis zum Ende der Legislaturperiode halte – in der habe sie im Übrigen „so viele Krisen wie noch nie erlebt, seit ich 2005 in den Bundestag eingezogen bin“. Corona, Ukraine-Krieg, Inflation, Energieangst, Gaza-Konflikt – es gehe Schlag auf Schlag: „Das verunsichert die Menschen.“ Und die „Fundamental-Opposition“ der Union im Bundestag mache die Situation nicht besser. Das schlage sich aufs politische Klima nieder. „Der Ton ist rau geworden. Das spüren die Menschen und ziehen sich aus dem politischen Diskurs zurück“, hat die 53-Jährige auch im privaten Umfeld festgestellt. Dabei sei das genau der falsche Weg, denn der Höhenflug der Rechten bei den Kommunal- und Europawahlen habe deutlich gemacht: „Demokratie und Freiheit sind nicht selbstverständlich – wir müssen jeden Tag aufs Neue dafür eintreten. Das kann die Politik nicht alleine. Dafür braucht es die Bürger.“ So habe die Stichwahl in Frankreich, in der der befürchtete klare Rechtsruck dann doch nicht eingetreten sei, gezeigt, „was die Kraft der Vielen bewirken kann.“
Auf die hofft Mast auch bei den Landtagswahlen vor allem in Thüringen und Sachsen, wo die AfD den Umfragen zufolge stärkste Kraft werden könnte: „Da schaue ich mit Sorge hin.“ Sie selbst werde die Genossen dort im Wahlkampf nach Kräften unterstützen. So sei beispielsweise eine Veranstaltung mit der SPD-Kandidatin in Björn Höckes Wahlkreis geplant. Wie aber die von der etablierten Politik offensichtlich enttäuschten, verbitterten, zur AfD abgewanderten Wähler wieder zurückgewinnen? Im Rahmen ihrer Sommertour mit einem Bürgergespräch am 16. Juli vor den Pforzheimer Schmuckwelten will sie das versuchen. „Da sein. Mit den Leuten reden. Ihnen in die Augen schauen. Zuhören, sie zum Zuhören bringen“, sagt Mast und klingt dabei nicht mehr ganz so überzeugt wie beim Kanzler-Lob.