Die PZ-Redakteure Lothar Neff und Sven Bernhagen sind unterschiedlicher Meinung.
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Politik
Pro und Kontra: Droht Europa die Bedeutungslosigkeit?

Pforzheim. Zollstreit, Nato-Verteidigung, Ukraine-Friedensverhandlungen – droht Europa wirklich überall hinterrunterzufallen? Der neue US-Präsident Donald Trump jedenfalls lässt keine Gelegenheit aus, den alten Kontinent auch alt aussehen zu lassen. Aber ist es wirklich so - oder hat die EU nicht im Sillen immer noch Macht, Größe und Gewicht in der Welt? Die PZ-Redakteure Lothar Neff und Sven bernhagen beleuchten beide Seiten in einem Pro und Kontra.

Pro: „Der Einfluss Europas auf der Weltbühne ist erschreckend gering.“

PZ-Redakteur Lothar Neff sagt, der Zug für Europa in Richtung Bedeutungslosigkeit ist bereits losgefahren.

Die Europäer saßen lange Zeit auf dem hohen Ross. Jetzt lehrt uns der neue US-Präsident in wenigen Tagen das Fürchten. Dass Donald Trump seinen prall gefüllten Werkzeugkoffer des Schreckens einsetzen würde, um seine Ideen von „America first“ voranzubringen, war absehbar. Dass er im Dialog mit Kremlchef Wladimir Putin aber auch europäische Grundprinzipien über den Haufen wirft, sogar die Verteidigung Europas infrage stellt, geht entschieden zu weit. Der Ruf nach einer gemeinsamen europäischen Verteidigungsstrategie – zuletzt bei der Münchner Sicherheitskonferenz erhoben – ist durchaus berechtigt. Allerdings wurde dies seit Jahren verschlafen.

Fakt ist: Die Welt wird gerade neu geordnet. Die USA und China werden davon profitieren – auch Russland hat die unverdiente Chance, sich vom Kriegsverbrecher zum Kriegsgewinnler zu mausern. Der Einfluss Europas auf der Weltbühne und selbst vor der eigenen Haustüre – in der Ukraine – ist erschreckend gering oder gar bedeutungslos.

Umfrage der Woche: Droht Europa die Bedeutungslosigkeit?
Ja
77%
Nein
23%
Teilnehmer: 2683

Kontra: „Mehr Selbstbewusstsein: Die EU braucht sich nicht kleinreden lassen.“

PZ-Redakteur Sven Bernhagen sagt, Europa muss nicht immer laut und polternd auftreten, um seine Bedeutung in der Welt zu unterstreichen.

Das ist doch alles Schwarzmalerei: Europa sollte sich nicht kleiner machen, als es ist. Und schon gar nicht so klein, wie Donald Trump es reden will. Zur Erinnerung: Die EU ist laut WTO immer noch die zweitgrößte Handelsmacht der Welt hinter China und vor den USA. Allein das verleiht der europäischen Stimme Gewicht, denn wie heißt es? Geld regiert die Welt.

Und was militärische Macht angeht: Warum wehrt sich Putin denn so vehement dagegen, Europa am Ukraine-Verhandlungstisch zu haben? Weil er weiß, dass auch Großbritannien und Frankreich Atommächte sind. Und weil er den Europäern insgeheim wohl mehr Schlagkraft zutraut, als er je öffentlich zugeben würde. Das macht Europa zu einem zähen, gewichtigen Gegner.

Als Staatenverbund muss die EU global nicht als klassische Supermacht auftreten wie die USA, um ihren Einfluss geltend zu machen. Aber sie darf sich von Trump auch nicht auseinanderdividieren lassen. Einzeln stünden die Länder nämlich ähnlich schutzlos da wie Panama im Kanalstreit mit den USA.