
Pforzheim. Das erste Quartal des Wirtschaftsjahres verlief unerwartet minimal positiv, aber dennoch befindet sich Deutschland eher in einer wirtschaftlichen Seitwärtsbewegung. Das lässt sich auch von einer neuen Bundesregierung nicht schönreden. Zwar muss Kanzler Friedrich Merz Aufbruchstimmung erzeugen, aber jene sollte auf dem Fundament der Ehrlichkeit stehen.
Ein Kommentar von dem Geschäftsführenden Verleger der PZ
Merz scheint das erkannt zu haben, wenn er den Bürgerinnen und Bürgern sagt, dass man mehr arbeiten müsse, dass sinngemäß Work-Life-Balance nicht allein den Wohlstand sichern kann, dass der Schwerpunkt auf „Work“ liegen muss. Damit macht sich der Kanzler keine Freunde.


Wie lange reicht Städten und Gemeinden im Enzkreis noch das Geld?
Dennoch alarmiert, was derzeit in etlichen Gemeinden und Städten vermeldet wird: Viele Kommunen stehen vor dem finanziellen Kollaps. Die Kassen sind leer. Die Finanzlage ist dramatisch. Die Kommunen seien an den Rand ihrer Handlungsfähigkeit gekommen, heißt es vom Städtetag. Längst sind die Gewerbesteuereinnahmen flächendeckend eingebrochen. Damit trifft die Wirtschaftskrise mit voller Wucht Städte und Bürger. Dringend nötige Infrastrukturmaßnahmen können nicht finanziert werden. Straßensanierungen werden verschoben oder gestrichen.
Hinzu kommt, dass die Kosten für Sozialtransferleistungen, Kita-Ausbau, Bundesteilhabegesetz oder den Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung an den Grundschulen massiv steigen. Ein Teufelskreis, der Politiker aus Land und Bund alarmieren müsste. Doch Stuttgart und Berlin reagieren gar nicht bis halbherzig. Dabei tragen Land und Bund an der Misere einen Großteil der Schuld. Denn der Löwenanteil der Gesetze wird eben dort gemacht. Die gesetzlich verordneten Maßnahmen umsetzen und finanzieren müssen jedoch die Städte und Gemeinden. Deswegen ist es geradezu paradox, wenn Landes- und Bundespolitiker über Bürokratisierung klagen, haben sie doch selbst dafür gesorgt, dass mehr bürokratische Hemmnisse aufgebaut werden. Der entschuldigende Verweis auf Brüssel und die europäischen Vorschriften zieht nicht wirklich. Denn im Europaparlament ist Deutschland stark vertreten.
Die neue Koalition im Bund ist gut beraten, wenn sie Ernst macht mit Entbürokratisierung. Wieder nur Fensterreden halten und Absichtserklärungen formulieren, ist definitiv zu wenig. Die Bürgerinnen und Bürger durchschauen diese Hinhaltetaktik eh. Was dann bei den nächsten Wahlen geschieht, hat man bei der Bundestagswahl gesehen. Die Volksparteien werden abgestraft. Protest an der Wahlurne macht sich breit – und damit auch Extremismus. Diese Entwicklung lässt sich nur durch ehrliche und bürgernahe Politik verhindern.