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Sexismus-Vorwürfe gegen den deutschen Rapper Gzuz überschatten derzeit das Happiness-Festival, das kommende Woche in Schwann stattfindet. 

Anonymes Kollektiv fordert Zeichen gegen Sexismus: Rapper Gzuz soll nicht beim Happiness auftreten

Straubenhardt-Schwann. Es sind schwere Vorwürfe, die derzeit die Vorfreude auf das Happiness-Festival, das in gut einer Woche in Schwann stattfindet, trüben: Ein anonymes Kollektiv fordert die Veranstalter des größten Open-Air-Festivals in der Region in einem öffentlichen Brief auf, den deutschen Rapper Gzuz nicht auftreten zu lassen – und das nicht nur wegen seiner sexistischen Liedtexte, wie sie etwa im Song „Liebe meines Lebens“ zu hören sind.

Soll Rapper Gzuz beim Happiness auftreten?
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Das macht die Gruppe im Gespräch mit der „Pforzheimer Zeitung“ deutlich. „Wir haben eine klare antirassistische, antifaschistische und antisexistische Einstellung“, erklärt ein Sprecher der rund zehn jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren, der anonym bleiben will.

Gegen Gzuz wurde wegen sexueller Belästigung ermittelt

Diese passe ganz und gar nicht zu einem Auftritt von Kristoffer Jonas Klauß – so heißt Gzuz mit bürgerlichem Namen. Denn: Der Rapper habe sich „über seine Texte hinaus Verfehlungen erlaubt“. Mit diesen Zeilen spielen die Verfasser, eingefleischte Happiness-Gängern aus der Region, Stuttgart, Freiburg und Nürnberg, in ihrem Brief unter anderem auf einen Vorfall auf dem Splash!-Festival im Juli vergangenen Jahres an: Dabei soll Gzuz einer 19-Jährigen aus einem fahrenden Auto heraus an den Po gefasst haben. Tatsächlich wurde gegen den 1988 in Hamburg geborenen Künstler daraufhin wegen sexueller Belästigung ermittelt – und Gzuz auch anschließend vor dem Amtsgericht Wittenberg mit einer Geldstrafe in Höhe von 4.200 Euro verurteilt. Das bestätigt ein Sprecher des Landgerichts Dessau-Roßau, der ebenfalls für Wittenberg zuständig ist, auf PZ-Nachfrage.

Nicht die einzige Geldstrafe, die Klauß in den vergangenen Monaten begleichen musste: Im Januar dieses Jahres wurde der Rapper vom Amtsgericht Frankfurt am Main zu einer Geldstrafe von 115 Tagessätzen zu je 70 Euro – sprich insgesamt 8.050 Euro – verurteilt. Das bestätigt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegenüber der PZ-Redaktion, nennt aber keine weiteren Details zur Strafsache.

Es sind nicht nur diese Gründe, warum das anonyme Kollektiv von den Festivalveranstaltern „ein klares Zeichen gegen Sexismus“ fordert: „Wir wollen auch eine höhere Frauenquote“, machen die Verfasser deutlich. Das Happiness habe ihnen die letzten Jahre immer vermittelt, dass sich dort jeder wohlfühlen könne und für Diskriminierung jeglicher Form kein Platz sei. „Das ist der Grund, wieso wir uns hier so wohlgefühlt haben und dies auch in Zukunft möchten.“ Doch das sehen sie in Gefahr, wenn Künstler, welche sich „solche Ausfälle erlauben“, auf dem Happiness eine Plattform geboten werde, heißt es in dem Brief.

Das sagen die Veranstalter des Festivals 

Eine Stellungnahme zu den Vorwürfen hat das Management von Gzuz bislang noch nicht abgegeben. Die Veranstalter des Happiness-Festivals äußern sich allerdings am späten Dienstagabend gegenüber der PZ zu den Vorwürfen. „Wir sind hin- und hergerissen“, sagt Happiness-Organisator Benjamin Stieler. Er beschäftige sich bereits seit rund vier Wochen mit der Thematik, sei aber bislang noch zu keinem Ergebnis gekommen. Stieler verspricht: „In Zukunft werden wir besser prüfen, welche Künstler wir einladen. Für das nächste Line-up sind wir sensibilisiert.“ Insgesamt zeigt sich der Veranstalter durchaus kritikfähig: „Ich bin zu jeder Zeit für jegliche Art von Kritik offen, doch dann muss man auch mit seinem Namen dahinter stehen“, sagt er.

Ein Interview, das die Internetseite Noizz mit dem Pressesprecher des Happiness-Festivals, Philipp Jungk, erst kürzlich zur Sexismusdebatte führte, gibt weitere Einblicke in die Gedanken der Veranstalter. Darin ist in Bezug auf die Frauenquote etwa von einem strukturellen Problem die Rede, „eines, das wir im Prinzip in der gesamten Gesellschaft haben.“ Weiter heißt es: „Er (gemeint ist Jungk) erzählt, dass das Happiness-Festival als komplett unabhängiges Event finanziellem Druck ausgesetzt ist und dass jedes Jahr eine Umfrage stattfindet, nach der dann die Acts des Folgejahres bestimmt werden – eine Umfrage, der man nachkommen will: Beim letzten Mal waren 55 Prozent der Befragten Frauen, das Ergebnis: eine hohe Nachfrage nach männlichen Künstlern.“ Der Pressesprecher ist sich im Interview dennoch sicher: „Es muss sich was ändern, absolut. Wir sind darauf mittlerweile extrem sensibilisiert. Aber das geht natürlich nicht von heute auf morgen, das braucht Zeit.“

Julia Wessinger

Julia Wessinger

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