

- Sabine Mayer-Reichard
Wenn Fred und Rosa Beutel sich auf ihrem schön bepflanzten Balkon aufhalten, wird ihnen das Herz schwer. Ihr Blick fällt auf den Ochsen – das Traditionslokal in der Mitte von Wurmberg, das das Ehepaar im Jahr 1957 gekauft und viele Jahre erfolgreich geführt hat.
Auch als sie das Lokal dann ab 1964 verpachteten, lag ihnen der Ochsen immer sehr am Herzen. Jetzt hat das Lokal geschlossen: Beim letzten Pächter lief die einst so erfolgreiche Gaststätte nicht mehr und ein Nachfolger ließ sich nicht finden. Dass der Schlüssel endgültig umgedreht werden musste, ist für die beiden 85-Jährigen nur schwer zu verkraften. „Wenn man abends rüber schaut und im Lokal kein Licht mehr brennt, das tut weh.“
Als der gelernte Metzgermeister aus Mühlhausen bei Tiefenbronn und seine Frau, die von der Schwäbischen Alb stammt, das Lokal Mitte der 50er-Jahre übernahmen, herrschte noch Leben im Ochsen. Von vormittags, wenn die ersten Handwerker zum Vesper kamen, bis spät abends, wenn die letzten Gäste nur ungern gingen, hatte das Ehepaar alle Hände voll zu tun. Fred Beutels Reich war die Metzgerei, die zum Ochsen gehörte, während seine Frau Rosa sich um die Gäste im Lokal kümmerte. „Die Wirtschaft war voll, jeden Tag“, erinnern sich die beiden. „Damals hat sich das ganze Dorfleben hier abgespielt.“ Kein Wunder: Schließlich hatte der Ochsen eine Kegelbahn und einen großen Versammlungsraum zu bieten, in dem sich die Vereine trafen. Auch für Hochzeiten, Beerdigungen und andere Feierlichkeiten wurde das Lokal gerne gebucht. Da dauerte so ein Arbeitstag oft von 6 Uhr morgens bis 2 Uhr in der Nacht. „Aber wir waren jung und haben das mit Herzblut gemacht“, erzählt das Ehepaar wehmütig.
Später konnte man für den Ochsen ein Pächter-Ehepaar finden, das die Wirtschaft fast 40 Jahre lang erfolgreich weiterführte. Beutels freuten sich immer, wenn sie von ihrem Haus aus die hell erleuchteten Fenster des Lokals sahen. Da wurden Erinnerungen an frühere Zeiten wach, als der Ochsen aus dem Dorfleben nicht wegzudenken war und die Gäste selbst aus der weiteren Umgebung kamen. Nach einem Pächterwechsel lief das Geschäft in den letzten Jahren jedoch nicht mehr so gut.
