Wolfgang Stier ist auch als Nachtwächter unterwegs. Hier führt er Ausflügler in historischem Gewand durch Calw. Foto: Jan Walter
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Der Touristiker mit dem Rauschebart: Wolfgang Stier rührt für Höfen die Werbetrommel
  • Nicole Biesinger

Höfen. Tourismus in Höfen? Ohne das Urgestein Wolfgang Stier undenkbar. „Ich bin ein waschechter Höfener. Mir gefällt es hier“, sagt der 67-Jährige, während er gedankenverloren in seinem Cappuccino rührt.

Er sagt es zurückhaltend, mit leiser Stimme und blickt dabei auf die vorbeifließende Enz. Stier ist kein Touristiker aus dem Lehrbuch. Anzug und Krawatte sind dem Mann mit dem markanten langen Bart und den ebenso langen Haaren fremd. Er macht Werbung für seinen Heimatort aus tiefster Überzeugung. Den äußeren Schein braucht er dafür nicht. Vielleicht wirkt er darum so authentisch. Er ist kein Schnellschwätzer, keiner der den Gästen ein X für ein U vormacht. Seine Worte wählt er mit Bedacht, denkt lange nach, bevor er sie ausspricht.

Stier gehört einer aussterbenden Gattung in Höfen an. Ein Touristikinfobüro, wie in Enzklösterle oder Bad Wildbad, den anderen beiden Orten der Enztalkooperation, gibt es in Höfen nicht mehr. Aus Mangel an Urlaubern wurde es irgendwann geschlossen. Lediglich das traditionsreiche Hotel Ochsen und der Campingplatz direkt an der Enz halten in dem einst blühenden Urlaubsort noch die touristischen Fahnen hoch – und Wolfgang Stier eben.

Gegen eine geringe Aufwandsentschädigung aus dem Rathaus reist Stier als „Tourismusbeauftragter der Gemeinde Höfen“ trotz seines fortgeschrittenen Alters unermüdlich von Tourismusmesse zu Tourismusmesse. Er vertritt Höfen in der Enztalkooperation und in der Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald, betreut die Homepage der Gemeinde, organisiert die örtlichen Feste, ist ehrenamtlicher Pfadführer auf dem Baumwipfelpfad im benachbarten Bad Wildbad und führt Urlauber als Nachtwächter durch Calw und Zavelstein. Als Vorsitzender des Fördervereins Freibad sorgt er dafür, dass das Bad als Attraktion erhalten bleibt. Außerdem ist er Präsident des „1. Höfener Bart- und Schnorresclubs“.

„Fragen Sie mich lieber, was ich nicht mache“, antwortet er schmunzelnd auf die Frage nach der Liste seiner Ämter. Der ehemalige Betriebsleiter des Calmbacher Postamtes hat sich nach seiner Pensionierung den Erhalt des Tourismus in seinem Heimatort zur Aufgabe gemacht. „Ich muss das machen, sonst roste ich ein“, sagt er. Es gehört schon eine große Portion Durchhaltevermögen dazu, das zu tun. Denn Stier kann sich noch gut an die Zeit erinnern, als bis zu 100 000 Übernachtungen pro Jahr in Höfen gezählt wurden. Damals, in den 1960er Jahren, als die Urlauber mit Bussen und Bahnen aus dem Ruhrpott zur Erholung ins Obere Enztal gebracht wurden – der guten Schwarzwaldluft wegen. Als kleiner Bursche hat er sich regelmäßig ein, zwei Mark dazu verdient, in dem er die Koffer der Urlauber per Leiterwagen zu den Beherbergungsbetrieben gebracht hat. Doch die Betreiber der kleinen Pensionen gingen nicht mit der Zeit. Sie modernisierten nicht. Und so gab eine Pension nach der anderen auf.

„In den vergangenen Jahren wurde in den Höfener Tourismus nicht investiert. Bewusst oder unbewusst hat man das verschlafen“, sagt er in seiner ruhigen nachdenklichen Art, wodurch seine Worte um so wirkungsvoller sind. Doch der Mann mit dem Rauschebart wird nicht aufgeben, den Tourismus über Wasser zu halten. „Die Zeiten ändern sich zwar, aber wir sind noch immer Luftkurort. Wir haben schöne Waldwege und ein kleines, schnuckeliges, gemütliches Freibad“, merkt er selbstbewusst an.