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Ein geplantes Asylheim in Singen wurde im Juni 2015 von einem 42-Jährigen angezündet. 
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Katja Mast (links), Bilkay Öney (mitte) und Gunther Krichbaum stehen vor dem zerstörten Flüchtlingsheim. 
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Entsetzen nach Brandstiftung gegen geplante Asylbewerberunterkunft in Remchingen

Remchingen-Singen/Karlsruhe. Noch in der Nacht auf Samstag hat der Chef der Kripo beim Polizeipräsidium Karlsruhe, Karl-Heinz Ruff, eine 17-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet, die mit Hochdruck die Brandursache und die Hintergründe eines Feuers im Remchinger Ortsteil Singen klären soll. Am Sonntag gab die Polizei keine neuen Informationen preis. Erst am Montag sollen neue Details zum Brand bekanntgeben werden. Das teilte ein Sprecher der Polizei der "Pforzheimer Zeitung" mit.

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Integrationsministerin Bilkay Öney in Remchingen

Kurz nach Mitternacht war der Brand von einem Autofahrer gemeldet worden, der das dreistöckige Gebäude unrettbar verwüstete. Personen waren keine zu Schaden gekommen und ein Sachschaden von rund 70 000 Euro entstanden. Im Einsatz waren knapp 60 Mitglieder der Feuerwehren Remchingen und Königsbach-Stein. Am kommenden Dienstag hätte eine Ortsbegehung stattfinden sollen. Höchstwahrscheinlich wären in dem ehemaligebn Vereinsheim Flüchtlinge untergebracht worden.

Die Polizei geht davon aus, dass der Brand von außen gelegt wurde. Die Federführung bei den Ermittlungen hat die Pforzheimer Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungsgruppe "Meilwiese" besteht aus Spezialisten der Kriminaltechnik in Karlsruhe, des Kriminaltechnischen Instituts des Landeskriminalamts, Brandermittlern und der Inspektion Staatsschutz.

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Demonstration in Remchingen nach Brandanschlag

"Der Verdacht in eine gewisse Richtung drängt sich auf - wir sind ja keine Kinderschüler", so der Chef der EG, Kriminaldirektor Thomas Rüttler. In Remchingen, so sein Chef Ruff, gebe es eine bekannte und beobachtete rechte Szene, die allerdings - offiziell und registriert - bisher nur durch so genannte Propagandadelikte aufgefallen sei. Es handle sich um einen Personenkreis im "niedrigen einstelligen Bereich", so Ruff.

Er erwartet erste Auswertungen der Spuren Mitte kommender Woche. Erschwert worden sei die Spurenentnahme durch den maroden Zustand des Hauses. Die Polizei wird sukzessive Anwohner, den Tankstellenbetreiber, aber auch Bahnreisende befragen, ob ihnen in der Nacht Auffälliges untergekommen sei. Man bittet die Bevölkerung unter (0721) 939 55 55 um Mithilfe. In diesem Monat wurde bereits zweimal der Versuch unternommen, in das betreffende Haus einzudringen - allerdings vergeblich. Möglicherweise steht das in Zusammenhang mit der mutmaßlichen jetzigen Brandstiftung.

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Pressekonferenz: Brandstiftung gegen geplantes Flüchtlingsheim in Remchingen

Bürgermeister Luca Prayon, der wie einige Mitglieder des Gemeinderats in der Nacht vor Ort war, zeigte sich bei einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag in der Kulturhalle Remchingen ebenso wie Landrat Karl Röckinger und die SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast entsetzt und fassungslos über den Vorfall. Brandstiftung, so Prayon, sei ein "unglaublich düsteres Delikt", weil es Leib und Leben gefährde. Er hoffe, dass der Hintergrund kein fremdenfeindlicher sei.

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Hausbrand in Remchingen : Hoher Schaden

Spontan versammelten sich Demonstranten vor dem Bahnhof um sich mit Flüchtlingen zu solidarisieren. Rund 40 Menschen zogen unter dem Motto "Refugees are welcome" lautstark durch Remchingen. Am Flüchtlingsheim endete die Demo. Um 16 Uhr sprach Integrationsministerin Bilkay Öney am Ort des Brandes. Sie verurteilte den Anschlag auf schärfste und zeigte sich tief bestürzt. „Schade, dass ein einzelner Fall den Eindruck erweckt, dass es hier so viel Rechtsextremismus geben würde“, bedauert Öney. „Das ist ein absoluter Ausreißer, nicht die Regelstimmung hier und im Land.“ Sie wolle abwarten, was die Ermittlungen nun zeigen und habe selbst noch Hoffnung auf eine Brandursache aus anderem Grund oder mit anderen Motiven.

„Es ist eine Chronik der Schande für unser Land, wenn es nicht möglich ist, denen Schutz zu gewähren, die in ihrer Heimat schon Hochdramatisches erlebt haben. Wenn eintrifft, was wir vermuten, wäre das für Menschen, die hierher kommen, fatal“, meint Gunther Krichbaum (CDU). Seine Bundestags-Kollegin Katja Mast (SPD) findet es vorbildlich, dass die Ermittler noch über Nacht eine Sonderkommission mit 17 Einsatzkräften gebildet haben und lobt die Einsatzkräfte: „Selbst wenn da niemand wohnt, mussten die Feuerwehrleute mit Leib und Leben rein!“ 

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verkündete: «Wir werden alles daran setzen, den niederträchtigen Brandanschlag auf das geplante Flüchtlingsheim in Remchingen aufzuklären. Bei uns ist kein Platz für Hass und Ausgrenzung.» Auch Innenminister Reinhold Gall (SPD) versprach: «Die Polizei wird alles daran setzen, die Straftat aufzuklären und verstärkt in der Region ihre Präsenzmaßnahmen.»

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte in Berlin: «Jeder Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft ist ein Angriff auf unsere Gesellschaft, ein Angriff auf uns alle. Wir müssen alles dafür tun, dass Flüchtlinge, die zu uns kommen und alles verloren haben, hier Schutz finden.»

Auch einige weitere Politiker reagierten empört: Vizeregierungschef und Finanzminister Nils Schmid (SPD) twitterte: «Der Anschlag von #Remchingen ist feige und widerwärtig. Wer auch immer das getan hat, ist eine Schande für Deutschland und Baden-Württemberg.»

CDU-Landeschef Thomas Strobl und CDU-Landtagsfraktionschef Guido Wolf teilten mit: «Wenn sich Gewalt gegen Asylbewerberheime richtet, ist das unerträglich. Es ist ein Zeichen von Fremdenhass und von Dummheit. Baden-Württemberg muss weiterhin eine Zuflucht für Flüchtlinge bleiben, deren Leib und Leben bedroht sind.» Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag, Uli Sckerl, fordert, dass die Polizei die Wohnheime nun stärker sichert.

Reaktionen rund um den Brandanschlag:

  • Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD): "«Die Polizei wird alles daran setzen, die Straftat aufzuklären und verstärkt in der Region ihre Präsenzmaßnahmen.»
  • Remchinger Bürgermeister Luca Prayon: «Schlag ins Gesicht all der Bürger, die sich seit Jahren engagiert für Flüchtlinge einsetzen.»
  • Finanzminister Nils Schmid (SPD) auf Twitter: «Der Anschlag von Remchingen ist feige und widerwärtig. Wer auch immer das getan hat, ist eine Schande für Deutschland und Baden-Württemberg.»
  • CDU-Landeschef Thomas Strobl und CDU-Landtagsfraktionschef Guido Wolf: «Wenn sich Gewalt gegen Asylbewerberheime richtet, ist das unerträglich. Es ist ein Zeichen von Fremdenhass und von Dummheit. Baden-Württemberg muss weiterhin eine Zuflucht für Flüchtlinge bleiben, deren Leib und Leben bedroht sind.»
  • Katja Mast (SPD) auf Facebook: "Es sind erschütternde Nachrichten, die mich seit dem frühen Morgen aus Remchingen im Enzkreis erreichen. Baden-Württemberg ist weltoffen und tolerant, auch wenn diese Tat das Bild trübt. Hunderte von Menschen engagieren sich im Enzkreis für Flüchtlinge und sorgen so für Mitmenschlichkeit und eine offene Willkommenskultur. Der Brandanschlag auf die künftige Flüchtlingsunterkunft ist eine feige und durch nichts zu rechtfertigende kriminelle Tat. Solche Einsätze gefährden auch Leib und Leben unserer Feuerwehr. Wer jetzt schweigt tritt auch unsere Werteordnung mit Füßen. Ich werde mir jetzt ein Bild vor Ort machen."
  • Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) via Twitter:  "Wir werden alles daran setzen, den niederträchtigen Brandanschlag auf das geplante Flüchtlingsheim in Remchingen aufzuklären."
  • Justizminister Heiko Mass (SPD) auf Twitter: "Jeder Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft ist Angriff auf unsere Gesellschaft + Angriff auf uns alle. Es reicht!"
  • Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich (SPD): "Baden-Württemberg ist ein sicherer Platz für Flüchtlinge, kein Platz ist für Gewalt und feige Anschläge."
  • Landrat Karl Röckinger: "Wir pflegen im Enzkreis eine Willkommenskultur. Das ist ein schwerer Rückschlag für unseren Kreis".

 

 

 

Brandanschläge auf Flüchtlingsheime: Serie reißt nicht ab

Die Serie von Anschlägen auf Flüchtlingsheime in Deutschland reißt nicht ab. In der Nacht zum Samstag ging in Remchingen (Baden-Württemberg) ein leerstehendes früheres Vereinsheim in Flammen auf, in das 2016 nach einem Umbau Flüchtlinge einziehen sollten.

Die Polizei geht von Brandstiftung aus und schließt einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) verurteilte die Tat. Die Polizei werde alles daran setzen, sie aufzuklären.

Im unterfränkischen Waldaschaff brannte am frühen Samstagmorgen ein Papiercontainer in der Garage eines Flüchtlingsheims. Zu dem Zeitpunkt befanden sich 18 Menschen in dem Haus, verletzt wurde niemand. Am Gebäude selbst entstand kein Schaden. Ob der Brand vorsätzlich gelegt wurde, war zunächst unklar. Zeugenaussagen zufolge soll sich kurz vor Ausbruch des Feuers ein Mann im Hof des Anwesens aufgehalten haben. Auch hier prüft die Kripo einen möglichen fremdenfeindlichen Hintergrund.

Erst in der Nacht zum Donnerstag hatten Unbekannte im oberbayerischen Reichertshofen Feuer an zwei Eingängen eines Gebäudekomplexes gelegt, in den im September 67 Asylbewerber einziehen sollten. «Wir haben allerdings noch keine heiße Spur», sagte ein Sprecher der Polizei. Die Ermittler der Sonderkommission prüfen rund ein Dutzend Hinweise, die sich aus Befragungen der Anwohner ergeben haben. Auch anderswo hatte es zuletzt vermehrt Angriffe auf geplante oder fast fertige Flüchtlingsunterkünfte gegeben.

In Remchingen bemerkte ein Autofahrer kurz nach Mitternacht das Feuer. Bis die Feuerwehr kam, brannten jedoch schon zwei Stockwerke und das Dach aus. Das dreistöckige Gebäude muss wohl abgerissen werden, der Sachschaden liegt bei etwa 70 000 Euro. dpa