
Enzkreis/Nordschwarzwald. Seit 20. August liegt der Managementplan für das Natura 2000-Gebiet Pfinzgau-Ost öffentlich aus (PZ berichtete). Darin enthalten sind gefährdete und damit besonders schützenswerte Lebensräume und Arten, wie sie in der Fauna-Flora-Habitats- (FFH) und der Vogelschutzrichtlinie dargestellt sind. Im Plan finden sich außerdem Ziele und Empfehlungen, so dass sich eine langfristige Erhaltung und Entwicklung verschiedener Lebensraumtypen, sowie Tier- und Pflanzenarten gewährleisten lässt. Pfinzgau-Ost ist aber nur einer von zahlreichen Managementplänen, die im Zuge von Natura 2000 erstellt wurden.
Was genau ist Natura 2000?
Die europäische Naturschutzkonzeption Natura 2000 soll, wie es auf der Internetseite der Landesanstalt für Umwelt heißt, ein zusammenhängendes Netz europäischer Schutzgebiete darstellen. Die einzelnen Managementpläne werden von den jeweiligen Regierungspräsidien (RP) erstellt und veröffentlicht. Derzeit sind auf europäischer Ebene über 27.000 Schutzgebiete auf fast 20 Prozent der Fläche der EU als Teil des koordinierten Schutzgebietsnetzes ausgewiesen. Mit Natura 2000 soll ein Beitrag für den Schutz biologischer Vielfalt auf europäischer Ebene geschaffen werden.
Welche Pläne bestehen aktuell für den Enzkreis, Pforzheim und den Nordschwarzwald?
Derzeit werden für die Region drei Pläne überarbeitet:Pfinzgau-Ost, der den Stadtkreis Pforzheim und die Gemeinden Birkenfeld, Eisingen, Ispringen, Kämpfelbach, Keltern, Königsbach-Stein, Neulingen und Remchingen als FFH-Gebiet von rund 1900 Hektar umfasst. Die im Gebiet auftretenden Lebensräume und Arten, wie etwa der Hirschkäfer oder der Große Feuerfalter, seien charakteristisch für den Naturraum Kraichgau. Der kalkreiche Untergrund präge die vorkommenden Buchenwälder sowie Magerrasenbestände, wie es im Plan heißt.Würm-Nagold-Pforteumfasst ein Gebiet von rund 1900 Hektar und die Flusstäler von Würm und Nagold sowie Wiesen und Wälder zwischen Bad Liebenzell und Pforzheim. Darin enthalten sind fünf Naturschutz- und fünf Landschaftsschutzgebiete. Vor allem die weitgehend naturnahen Flüsse gelten als wichtige Lebensräume für verschiedene Fischarten, wie die seltene Groppe. Zudem sind als Landschaftsschutzgebiete Hochflächen des Nordschwarzwaldes ausgewiesen.Das FFH-GebietCalwer Heckengäusetzt sich aus 48 Teilflächen zusammen. Es befinden sich etwa 75 Prozent der Gesamtfläche im Landkreis Calw und 25 Prozent im Enzkreis.

Und der östliche Enzkreis?
Einer der als abgeschlossen geltenden Managementpläne trägt den Titel Enztal bei Mühlacker. Im rund 3000 Hektar großen Gebiet finden sich in dessen Ostteil ein großes Vogelschutzgebiet sowie acht Naturschutzgebiete. Der Plan umfasst acht Gemeinden des Enzkreises: Mühlacker, Ötisheim, Niefern-Öschelbronn, Kieselbronn, Ölbronn-Dürrn, Neulingen, Maulbronn und Illingen. Besonders die Wälder im Gebiet zeigten laut RP eine große Naturnähe mit weit verbreiteten Waldmeister-Buchenwäldern. Wegen ihres Strukturreichtums und eines hohen Anteils an alten und absterbenden Bäumen seien sie wertvolle Lebensstätten der Hohltaube, verschiedener Spechtarten sowie des Hirschkäfers.
Was bedeutet das für die Kommunen, etwa bei Bauvorhaben?
Wie das Bundesministerium für Naturschutz hierzu angibt, sind Bauvorhaben in einem Natura 2000-Gebiet grundsätzlich möglich. Allerdings dürften davon „keine negativen Auswirkungen auf die für das Gebiet jeweils festgelegten Erhaltungsziele für die dort geschützten Arten und Lebensräume ausgehen“, wie es auf der Internetseite des Ministeriums heißt. Die ausgewiesenen Gebiete müssten demnach zusätzlich Beachtung finden, wie Thomas Bahnert, stellvertretender Verbandsdirektor des Regionalverbands Nordschwarzwald erklärt: „Wir berücksichtigen diese Pläne, wenn wir etwa im Regionalplan eine Festlegung vornehmen würden, die vielleicht ein Gebiet für Rohstoffsicherung vorsieht.“ Dann müsste aber ohnehin im Rahmen einer eingehenden Umweltprüfung festgestellt werden, ob sich im Gebiet zu schützende Arten befänden.
Birgt Natura 2000 Konfliktpotenzial?
Die festgelegten Ziele, etwa der Schutz bestimmter Arten, stoßen nicht immer auf Gegenliebe, so etwa im Kelterner Gemeinderat. Einigen Räten erschien unter anderem die Sperrung von Wegen zur Absicherung der Fortpflanzungsstätten der Gelbbauchunke wenig praktikabel. Rose Jelitko spricht als Leiterin des Amtes für Baurecht und Naturschutz im Landratsamt Enzkreis dagegen von der Wichtigkeit einer biologischen Vielfalt. So gelte die Gelbauchunke und deren Lebensraum richtigerweise als schützenswert: „In Hinblick auf Biodiversität sollten solche Strukturen gesichert werden. Für jede Tierart gab es früher eine Nische, die Lebensrealität ist heute eine andere“, so Jelitko. Weitere Infos zu Natura 2000 gibt es auf www.rp.baden-wuerttemberg.de.