Sie haben es geschafft und ihren Abschluss in der Tasche.
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Sie leben für das Handwerk und gehören zu den besten ihres Jahrgangs

Pforzheim/Enzkreis/Kreis Calw. Egal ob Friseurin, Elektronikerin, Schreiner oder Kfz-Mechatroniker: Sie alle haben sich für eine Lehre im Handwerk entschieden und darin eine Arbeit gefunden, die sie erfüllt. Zudem gehören sie zu den besten ihres Jahrgangs. Die PZ hat mit vier jungen Menschen gesprochen, die für ihre guten Leistungen bei der Gesellenfreisprechungsfeier am Freitag, 11. Oktober, geehrt werden.

Schnittfest durch die Friseurprüfung

Platz eins in der Gesamtwertung von Theorie und Praxis der Friseurgesellen geht an Nastasja Zoe Sophie Stadler vom Haarwerk Michael Jonikat aus Conweiler. Die 24-Jährige hat entsprechend ihrem Lehrmeister Jonikat „einen guten Bezug zur handwerklichen Tätigkeit“. Bereits vor Ausbildungsstart im Dezember 2022 schnitt die gebürtige Ittersbacherin ihren Freundinnen und Freunden die Haare. Auch half sie bei ihrem heutigen Arbeitgeber als Servicekraft aus. Der Wunsch, Friseurin zu werden, kam erst später.

Gesellin Nastasja Stadler Conweiler
Nastasja Zoe Sophie Stadler schneidet die Übergänge eines Herrenschnitts.
Röhr

Wie viele Abiturienten entschied sie sich nach dem Schulabschluss für ein Studium und gegen eine Ausbildung. Wozu sonst hätte sie die Oberstufe besucht? Nach einem abgebrochenen Lehramtsstudium in Konstanz und weiteren Versuch im Studiengang Nachhaltige Wirtschaft an der Uni Hohenheim, zog sie einen Schlussstrich. Kein weiteres Studium. Stattdessen solle ein Handwerksberuf ergriffen werden. Ihr Chef sprach der damals 22-Jährigen Mut zu, aus einem Hobby den Traumjob zu machen. Für Jonikat ist es bereits der fünfzigste Azubi in einem seiner drei Salons. Er zeigt sich begeistert von seiner neuen Mitarbeiterin, die schon früh Kurzhaarschnitte meisterte. In der praktischen Prüfung bewies sie dann Geschick in Farbe und allen Längen. Gefordert waren Haar und Makeup, dazu kam das Styling. Neben dem Schnitt zeigte Stadler ihr Können beim Kolorieren und Färben von lilafarbenen Strähnchen. Im November steht noch die Prüfung zum Master of Color an, wodurch sie ihr Fachwissen im Bereich Farbe abschließend beweisen will. 2025 folgt dann die Meisterlehre. In Zukunft kann sich Stadler die Arbeit als Freelancerin und Trainerin ihres Fachs vorstellen. Wichtig ist der 24-Jährigen, sich immer weiterzuentwickeln, auch im Job.

Schreinerlehre aus Überzeugung

Sein Chef sagt von Ajoscha Dast, dass er der Optimalfall für jeden Handwerker sei: „Er hat Lust drauf, trägt Verantwortung und Eigenverantwortung, integriert sich super und will sich ständig weiterentwickeln. Ihm stehen alle Türen offen, aber er bleibt bei uns.“

Ajoscha Dast arbeitet in der Schreinerei Kassner. Foto: Ulrike Knöller

Doch wer ist Ajoscha Dast aus Schömberg-Bieselsberg, von dem Daniel Kassner, der Chef der Schreinerei Kassner in eben diesem Ort, so begeistert ist? Geerdet, entspannt, konzentriert bewegt sich der Dreiundzwanzigjährige in der Werkstatt, in der Möbel aus Echtholz nach Maß hergestellt werden. Der frischgekürte Schreinergeselle, der Ende August dieses Jahres seine Ausbildung abgeschlossen hat, erzählt von seinem Gesellenstück, einem Couchtisch aus Eiche mit echtem Waldrand. Aktuell arbeitet er an einer maßgeschneiderten Küche. Nachdem er 2020 das Abitur in der Waldorfschule in Pforzheim erfolgreich bestanden hatte, verschlug es ihn für ein halbes Jahr zu einem Zimmermannsbetrieb in der Schweiz. Doch so ganz das Richtige war das nicht, wie der Jungschreiner erklärt: „Die Zimmermannsarbeit war mir zu grob und der Betrieb mit 80 Mitarbeitern viel zu groß.“ Wieder in der Heimat, machte er ein Praktikum in der Schreinerei Kassner und fühlte sich dabei so wohl, dass er seinen Chef fragte, ob er nicht die Schreinerlehre bei ihm absolvieren könne. Daraufhin legte Daniel Kassner in einem dreiviertel Jahr den Ausbilderschein ab, um den jungen Bieselsberger ausbilden zu dürfen. Auf die Frage, was für Pläne er für die Zukunft hat, meint Dast: „Hier bin ich glücklich. Wir arbeiten im Betrieb überwiegend mit Echtholz, das ist nicht überall so. Ich arbeite gerne mit Holz, das ist hier optimal. Am Anfang waren mein Chef und ich nur zu zweit, da hat die Chemie sofort gepasst.“

Kfz-Mechatroniker voller Leidenschaft für seinen Job

Räder ein- und ausbauen, Öl wechseln oder Elektronik überprüfen: Das sind alltägliche Aufgaben von David Manche, der seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker bei AHG in Pforzheim vor kurzem abgeschlossen hat. Das Besondere: Der 24-Jährige hat sich für den Schwerpunkt Motorrad entschieden. Warum? „Das Schrauben hat mir generell schon immer gefallen“, sagt Manche, selbst begeisterter Motorradfahrer.

David Manche KFZ Mechatroniker
Räder einbauen ist für David Manche auch nach dem Abschluss seiner Ausbildung eine alltägliche Aufgabe. Werkstattleiter und Ausbilder Jörg Heumann (im Hintergrund) ist sichtlich stolz auf seinen Schützling.
Meyer

Dass es diese Option gibt, ist nicht selbstverständlich. Wie Jörg Heumann, Ausbilder und Leiter der Motorrad-Werkstatt, sagt, gebe es nur drei Standorte, an denen diese Spezialisierung möglich sei. Doch auch wenn der Schwerpunkt auf den Zweirädern liegt, kommen Autos in der Schule nicht zu kurz: „Wir lernen auch Pkw-Technik“, sagt Manche. Außerdem spielt die Elektronik eine Rolle. Ähnlich wie beim Auto ist auch im Motorrad immer mehr davon verbaut. „So ein Motorrad ist ein Hightech-Gerät“, sagt der Werkstattleiter.

Bei der Arbeit sei auch Fehlersuche wichtig, erklärt Manche. Um wiederum Fehler bei der Reparatur zu vermeiden, gebe es ein Vier-Augen-Prinzip, sagt Heumann. Jede noch so kleine Schraube, die zu locker sitze, könne schwere Folgen haben: „Beim Auto ist noch die Karosserie drum herum, beim Motorrad nicht“, so der Ausbilder, der froh ist um seinen Azubi. „Ich bin ganz stolz, dass wir ihn haben und dass er bei uns bleibt.“

Er könne sich zwar vorstellen, einen Meister zu machen, wolle aber erst Arbeitserfahrung sammeln, sagt Manche. Das sei nicht selbstverständlich, sagt Heumann. „Wir müssen um unsere Lehrlinge kämpfen.“ Nicht jeder wolle den Job machen. Es brauche ein Verständnis der Leidenschaft, die Motorradfahren ist: „Man muss auch selbst Motorrad fahren.“ Nur so lasse sich die Technik verstehen.

In jungen Jahren lieber mit Lego als mit Puppen gespielt

Nach ihrem Abi 2020 an der Beruflichen Schule Mühlacker wollte Nadja Zabel eigentlich studieren. „Zum Glück habe ich mich aber für eine Lehre entschieden“, sagt die 24-jährige Ötisheimerin, die bei der Ellmendinger Firma Ruoff & Kleinheinz GmbH in dreieinhalb Jahren zur Elektronikerin ausgebildet worden ist.

An der Übungswand in ihrem Ellmendinger Betrieb zeigt Nadja Zabel, was sie üblicherweise auf Baustellen tut: Elektroanlagen installieren. Foto: Hepfer

Dass sie ein Händchen für Technik hat, zeichnete sich bei Nadja Zabel bereits früh ab. „Ich habe als Kind lieber mit Legobausteinen gespielt – Puppen waren eher nicht so mein Ding“, erzählt die 24-Jährige, die über die Pforzheimer Jobbörse Kontakte zur Firma geknüpft hat. In ihrem Ellmendinger Betrieb übernimmt sie schon einige Verantwortung und kümmert sich auf Baustellen bei der Sanierung oder Erweiterung von Elektroanlagen um alle Details. Dazu zählen technische Planung, finanzielles Angebot für den Kunden und handwerkliche Umsetzung durch die Mitarbeitenden. „Das Ziel ist, die Zügel bei ihr immer etwas mehr zu lockern“, sagt Alexander Ruoff, der im Betrieb als Geschäftsführer für den Elektrobereich zuständig ist. Gleichzeitig steht er als Chef aber auch Nadja Zabel mit Rat und Tat zur Seite.

Dabei reicht die Palette von Wohnungssanierungen, über industrielle Netzwerkerweiterungen, bis hin zur Installation von PV-Anlagen oder Kabel- und Satellitenfernsehen. „Nadja Zabel hat es unter unseren Auszubildenden als Erste mit einem klasse Notenschnitt auf die Bestenliste der Handwerkskammer geschafft“, betont Ruoff nicht ohne Stolz und freut sich, dass die 24-Jährige der Firma erhalten bleibt.

„Ich mag diesen technischen Beruf mit all seiner Kreativität, weil man das Geleistete, die fertige Arbeit später auch anschauen kann“, sagt Nadja Zabel. Auf Empfehlung ihres Chefs als stellvertretendem Obermeister gehört sie mittlerweile auch dem Gesellenprüfungsausschuss an. „Junge Leute mit anderer Denkweise und Ideen tun unserer Branche gut“, ist sich Alexander Ruoff sicher.