
- Martin Bernklau
Tübingen/Calw. Wegen Corona war der Prozess gegen vier Ausbrecher im März geplatzt. Jetzt begann vor dem Landgericht Tübingen ein Verfahren gegen zwei der Männer, die im April 2019 aus aus der geschlossenen Entzugsabteilung der Landesklinik Nordschwarzwald geflüchtet waren. Ein Gefängnisausbruch an sich ist nicht strafbar. Die Männer sind nun wegen der Mittel angeklagt, mit denen sie ihre Flucht bewerkstelligten: Raub, räuberische Erpressung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung zweier Pflegekräfte.
Das Duo, das vor der Großen Strafkammer unter Vorsitz von Manuela Haußmann steht: ein 33-jähriger Lastwagenfahrer aus Tschetschenien, verheirateter Untersuchungshäftling, und ein 1983 geborener Mann aus dem Badischen mit einer langen Drogen- und Knastkarriere.
Sie waren laut Anklage wohl nicht die Planer des Ausbruchs in der Nacht zum 11. April. Aber beiden fielen wichtige Rollen zu. Der Tschetschene entriss auf ein Zeichen hin einer Pflegerin ihr Telefon und den Schlüsselchip. Der andere Angeklagte bildete die Vorhut beim Öffnen der Schleusen und Türen, nachdem die Bewacher eingesperrt und zwei Chips sowie alarmfähige Handys im Besitz der Ausbrecher waren. Das Quartett schlug sich durch den Wald ins Nagoldtal durch. Das angeklagte Duo stellten Polizeibeamte im Morgengrauen am Bahnhof Hirsau. Die beiden anderen spürten die Suchtrupps wenige Stunden später an der Bahnstrecke vor Bad Liebenzell auf.
Am ersten Prozesstag schilderten die beiden Angeklagten den Ausbruch. Beide wollen erst am Tattag in die Pläne der anderen Häftlinge einbezogen worden sein. Beide betonten, wirkliche Gewalt weder geplant noch angewendet zu haben. Sie nannten die Flucht eine „Dummheit“. Denn ihr Haftende war absehbar.