
- Keltern
Dorothea Schulenburg aus Keltern fühlt sich von der Corona-Pandemie nicht sonderlich bedroht. Die 49-jährige verlässt ihre schöne Wohnung ohnehin sehr selten. Schulenburg ist an Multipler Sklerose (MS) erkrankt, einer bis heute unheilbaren, entzündlichen Erkrankung des Zentralnervensystems, einer Autoimmunkrankheit. Am Samstag, 30. Mai, ist Welt-MS-Tag. Das nimmt Schulenberg zum Anlass, ihren Alltag in der Corona-Krise zu schildern.
Die ersten Symptome hatten sich im Herbst 2015 in Form von Gleichgewichtsstörungen gezeigt. Die gelernte Kauffrau verdrängte die Anzeichen, denn sie war mit Arbeit, zwei Kindern und dem Alltag mehr als ausgelastet. Krankheit kam für sie nicht in Frage. 2017 waren die Kinder soweit flügge, Gangunsicherheit und Sprachstörungen waren nicht mehr zu leugnen – und Dorothea Schulenburg ging endlich zum Arzt. Die Diagnose stand schnell fest: MS. Eine Welt brach für sie zusammen. Noch im selben Jahr wurde die 49-Jährige berentet. Seither hat sie mehr Zeit, als ihr lieb ist. „Die Highlights der Woche sind meine Besuche beim Ergotherapeuten, bei der Physiotherapeutin und der Logopädin“, sagt sie. Traurige Höhepunkte für eine Frau, die vorher mitten im Leben stand, ständig in Bewegung war.
Besonders hart war für sie die Zeit, als wegen der Corona-Pandemie selbst die Therapiesitzungen aus Sicherheitsgründen ausgesetzt werden mussten. Einmal pro Woche fährt sie normalerweise zu ihrer Mutter nach Karlsruhe – aber auch diese Besuche entfallen momentan. Daher hat Schulenburg jetzt noch viel mehr freie Zeit zu Hause, die sie mit Lesen, Haushalt, ihrem Lebensgefährten und dem Familienhund Akko verbringt.
Wie sie sich durch den Tag rettet, ohne dass ihr die Decke auf den Kopf fällt? Im Rahmen ihrer Möglichkeiten in die Aktion gehen und andere MS-Betroffene unterstützen – das ist ihr Rezept gegen trübe Gedanken. Momentan lässt sie sich vom Verein Aktion Multiple Sklerose Erkrankter (AMSEL) zur Kontaktgruppenleiterin für Pforzheim und den Enzkreis und zum AMSEL-Lotsen ausbilden.
Digitale Treffen
Kommissarisch leitet sie die Kontaktgruppe bereits und bedauert, dass das Gruppenleben aktuell reduziert und nur digital stattfinden kann. „In der Gruppe ist man einfach stärker“, ist Dorothea Schulenburg überzeugt. Als künftige AMSEL-Lotsin will sie frisch diagnostizierten MS-Erkrankten über den ersten Schock hinweghelfen – mit Informationen und Unterstützung aus erster Hand sozusagen. Das ist ihr eine Herzensangelegenheit. Wobei ihre Ausbildung durch die Pandemie ins Stocken geraten ist. Was die Zukunft ihr bringt, weiß die engagierte Frau nicht und konzentriert sich lieber auf das Jetzt. Ein bisschen Normalität in Zeiten von Corona wäre schon ein enormer Lichtblick. pm
Mehr Infos über die Kontakt-gruppe gibt es online auf www.amsel.de/regional/home oder www.amsel.de.