Rathaus Schleglerkasten Heimsheim
Jüngster Quell der Auseinandersetzung: der Schleglerkasten und das Grävenitz’sche Schloss in Heimsheim.
Röhr
Region
Streit zwischen Stadträten und Bürgermeister: Dienstaufsichtsbeschwerde als Gipfel des Ärgers in Heimsheim

Heimsheim. Diskussionen und Streit gehören zum kommunalpolitischen Tagesgeschäft dazu. Außergewöhnlich ist es allerdings, dass in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung das Sitzungsprotokoll dermaßen angezweifelt wird, dass letztlich sogar der Mitschnitt angehört werden muss. Wenn dann auch noch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Bürgermeister ins Spiel kommt, wird man als erfahrener Beobachter der Kommunalpolitik hellhörig.

Also, was ist da los in Heimsheim zwischen einer Mehrheit der Stadträte und Rathauschef Jürgen Troll?

Seit der Kommunalwahl hat sich was verändert Die „Protokollsache“ in der Sitzung vom 7. April – dazu später mehr – ist nur die jüngste Episode zunehmender Spannungen zwischen dem Bürgermeister und den Gemeinderatsfraktionen von CDU, FWV, UWV und SPD, welche zehn der 14 Sitze im Rat auf sich vereinen. Diese Mehrheitsverhältnisse bestehen seit der Kommunalwahl im Sommer 2024, wobei es bei der konstituierenden Sitzung bereits zu einem Eklat kam. Troll hatte Gaby Wulff (BfH) und Walter Müller (FWV) als seine beiden Stellvertreter vorgeschlagen. Während Müller zum zweiten Stellvertreter gewählt wurde, fiel Wulff durch. An ihrer statt wurde CDU-Fraktionschef Ralf Rüth Erster Stellvertreter. Diesem sprach Troll direkt sein Misstrauen aus, Rüth kam bisher wohl nur einmal als Stellvertreter zum Einsatz.

Jürgen Troll ist seit zwölf Jahren Heimsheims Bürgermeister. Zwischen ihm und den Stadträten kommt es zuletzt vermehrt zu Spannungen.
Stadt Heimsheim

Umgekehrt wirft ein Teil der Räte dem Schultes vor, nicht gut mit dem Gremium zusammenzuarbeiten. Viele Anträge würden aus formalen Gründen abgelehnt. FWV-Fraktionschef Michael Teichmann wünschte sich etwa mehr Unterstützung beim Verfassen von Beschlussanträgen: „Es wäre einfach gut, wenn er sagen würde: ‚Das müsst ihr so und so formulieren, dann passt das.‘“ Diesen Vorwurf will Troll so nicht stehenlassen, er unterstütze die Räte. Fakt sei aber, dass der jetzige Gemeinderat deutlich mehr schriftliche Anträge stelle als sein Vorgängergremium. Das fresse Zeit, was er in der Vergangenheit bemängelte – etwa als er eine halbe Personalstelle zu seiner Unterstützung forderte, was ihm jedoch versagt blieb. Außerdem hat er den Eindruck, dass die vier Fraktionen bei manchen Themen mit bereits vorgefertigten Positionen in die Sitzung gingen. Die Meinungsbildung finde dann nicht mehr im Gemeinderat statt.

Wie tiefgreifend die Unzufriedenheit mit dem Verwaltungschef ist, wird auch dadurch deutlich, dass mehrere Kritiker Trolls gegenüber der PZ äußern, dass man die rechtlichen Möglichkeiten nutzen wolle. Eine Anfrage beim Enzkreis ergab, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Troll eingereicht wurde. Zum Inhalt möchte dieser sich nicht äußern, es sei allerdings nichts, was ihn um den Schlaf bringe. Der Beschwerdeführer ist der PZ nicht bekannt.

Und Gaby Wulff, deren Fraktion von anderen Stadträten ein guter Draht zum Bürgermeister nachgesagt wird? Die findet das Misstrauen manch anderer Stadträte gegenüber Troll überzogen und auch für die Verwaltung schädlich. Man müsse als Stadträtin Vertrauen in die Fachleute haben und nicht jedes Wort hinterfragen.

Misstrauen und das Protokoll

Womit man bei der „Protokollsache“ angelangt wäre, dem jüngsten Auswuchs des Konflikts: Die Stadträte Doro Moritz (SPD) und Walter Müller hatten angezweifelt, dass im Rahmen der Klausurtagung im Dezember 2024 ein Beschluss gefasst wurde, mögliche Planungen zur Sanierung von Schleglerkasten und Grävenitz’schem Schloss, wo sich das Rathaus befindet, weiter untersuchen zu lassen. Letztlich kam heraus, dass der Beschluss gefasst wurde – allerdings nicht durch Handzeichen, sondern durch das Ausbleiben von Widerspruch. Moritz machte in der Aprilsitzung ihrem Ärger Luft und warf dem Rathauschef ein unprofessionelles Vorgehen vor. Rüth sagt gegenüber der PZ, dass durch die Form der Beschlussfassung „das letzte Vertrauen verspielt wurde“.

Und Troll? Den ärgert, dass seiner Verwaltung so misstraut wird. Will man den Schleglerkasten wieder nutzen, dann muss der Brandschutz angepasst werden. Wegen Mängeln war das Gebäude 2017 geschlossen worden. Und weil am Rathaus ein zweiter Rettungsweg fehlt, mache es Sinn, die Treppe zwischen den beiden Gebäuden und für beide nutzbar zu bauen. Außerdem seien beide Gebäude sanierungsbedürftig. Es sei beileibe nicht, wie öffentlich verbreitet werde, beschlossen worden, dass ein neues Rathaus gebaut wird. Dass man aber verschiedene Optionen genauer beleuchtet – und dabei eben auch schaut, ob die Kosten einer Rathaussanierung nicht die Kosten eines Rathausneubaus überträfen – gehöre dazu. Er habe auch keinerlei Probleme damit, wenn die Entscheidung dann „gegen meine Interessen“ fällt. Mit Blick auf das Rathaus sagt er aber: „Ich will nicht, dass in fünf oder zehn Jahren zwei Millionen Euro für eine Sanierung fällig sind und es dann heißt: ‚Warum hat der Bürgermeister nicht schon darüber informiert, als wir den Kasten angepackt haben?‘“

Wenn es an der Umsetzung hakt

Nun könnte man meinen: Das Tischtuch ist zerschnitten, in den nächsten Jahren geht in Heimsheim nichts mehr voran. Dem ist aber nicht so. Sowohl Teichmann als auch Ulrich Meeh (UWV) attestieren Troll, dass dieser ein guter und erfahrener Verwaltungschef sei. Rüth, der ungewollte Stellvertreter, zeigt sich gegenüber der PZ besorgt, dass dieser Text Gräben vertiefen könnte, obwohl man sich ja zusammenraufen müsste, schließlich gibt es mehr als genug zu tun: die Uhland-Schule muss saniert und erweitert werden, der Radweg Richtung Perouse kommt nicht so voran wie geplant und dann ist da noch das zukünftige Gewerbegebiet Egelsee II. Laut Troll gingen 98 Prozent der Beschlüsse nach konstruktiver Diskussion geräuschlos über die Bühne. Aber die verbliebenen beiden Prozente hingen wie eine dunkle Wolke zwischen Verwaltung und zahlreichen Stadträten. Von außen entsteht so der Eindruck, als ob man in Heimsheim aktuell teils nicht mehr so miteinander sprechen kann, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit noch möglich ist. Und das, obwohl alle wissen, dass man die Stadt nur gemeinsam voranbringen kann.