

- Nico Roller
Edle Rittersleute traten im Kampf gegeneinander an, Gaukler trieben vergnügt ihre Späße, Handwerker und Händler boten ihre Waren feil: Das Rad der Zeit drehte sich – und blieb im Jahr 1504 stehen. Am Wochenende wurde beim Peter- und Paul-Fest in den verwinkelten Gassen der historischen Altstadt Brettens eine längst vergangene Zeit wieder lebendig.

Bretten wirft sich ins Gewand: Peter-und-Paul-Fest begeistert die Besucher
Eine Zeit, in der Bretten in Folge des Landshuter Erbfolgekriegs von württembergischen Gruppen angegriffen und belagert wurde. Hautnah erlebten die Gäste, wie die Menschen im Mittelalter gelebt, gearbeitet und gefeiert haben.
„Das Flair ist großartig“, meinte etwa Peter Thom. Der Rastatter war mit seiner Frau Gabi aufs Peter- und Paul-Fest gekommen. „Die ganze Stadt taucht ins Mittelalter ein.“ Sie seien beide Mittelalter-Fans und hätten früher selbst beim Fanfarenzug mitgewirkt, erzählten die Rastatter.
Von weit her angereist
Ein Mittelalter-Fan ist auch Manfred Sander. Er stand ein paar Meter weiter und ließ sich zusammen mit anderen Gästen von Stephan Löber von den „Ehrbaren Zünften“ erklären, wie man im Mittelalter Kerzen gezogen hat. „Das ist alles sehr interessant“, meinte Sander, der extra aus Thüringen angereist war. Sein Neffe und seine Schwester würden ganz in der Nähe wohnen, sagte er noch, bevor es ihn weiterzog.
Kein Wunder, denn auch in diesem Jahr gab es auf dem Peter- und Paul-Fest eine ganze Menge zu entdecken. Dafür sorgten rund 3500 Gewandete, die viel Wert auf Authentizität legten. „Die Gesänge, die wir singen, sind im Jahr 1504 auch gesungen worden“, erklärte etwa Bärbel Tschochohei. Die Bezirkskantorin leitet die „Schola Cantorum Tribus Brettae“.
Die rund 30 Sänger hatten sich als Mönche und Nonnen gewandet. Sie hatten ihr Lager auf dem Kirchplatz aufgeschlagen und sangen vor allem Stundengebete. Am Seedamm hatten die Waschweiber ihr Lager.
Manche von ihnen schliefen nachts sogar auf Strohsäcken. „Das ist wirklich gemütlich“, versicherte Daniela Kassner. 16 Mitglieder hat die Gruppe. Sie erinnert an eine Zeit, in der Frauen noch an den Flüssen saßen, mit den „Batschern“ den Dreck aus der Wäsche klopften, dann wuschen und zum Trocknen in die Sonne legten.
Viel Selbstgemachtes
Ein paar Meter weiter rührte Volker Gropp in einem großen Topf. Er kochte Kalbstafelspitz mit Sellerie, Karotten und Knoblauch. Er ist „Sudler“, also Koch, bei den „Feldschern“. Das seien im Mittelalter die Ärzte gewesen, die die Soldaten in den Krieg begleitet hätten, erklärte er.
Selbstgemachtes gab es auch bei Jutta Zimmermann und ihren Kollegen. Sie gehören zu den Brettener Naturfreunden und stellen Liköre aus Früchten und Kräutern her. Die Kräuter würden sie in ihrer Freizeit sammeln, sagte sie. „Unser Weißdorn-Likör muss etwa drei Wochen ziehen.“
Fast alle Einwohner mit dabei
Beim Peter- und Paul-Fest hatte man das Gefühl, die ganze Stadt sei auf den Beinen. Dieser Eindruck täuschte nicht: „In Bretten ist fast jede Familie irgendwie involviert“, sagte Thomas Lindemann. Er ist Marketing-Sprecher der Vereinigung Alt-Brettheim, die das Fest zusammen mit der Stadt auf die Beine stellt.
Seitdem sich das Peter-und Paul-Fest auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der deutschen Unesco-Kommission befindet, beobachten er und seine Kollegen eine stärkere Resonanz.
