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Keine ruhige Minute hatten am Samstag die Mitglieder der Feuerwehren in der Region. Von einem Einsatzort zum nächsten ging die Tour - und immer mussten Wassermassen gebändigt werden. 

Verheerendes Hochwasser überflutet Region 2013: PZ-news blickt auf die Katastrophe zurück

In der vergangenen Nacht sind Tausende von Fluthelfern müde ins Bett gesunken. Der Regen hat aufgehört, aber die Flut der Notrufe bei der Feuerwehrleitstelle in Pforzheim ist nur langsam abgeebbt. Bis 18 Uhr wurden am Samstag 125 Unwetter-Einsätze im Stadtgebiet und 326 im Enzkreis registriert. Wie Kreisbrandmeister Christian Spielvogel berichtet, waren in den Abendstunden des Samstags noch bis auf vier Freiwillige Feuerwehren alle im Einsatz, unterstützt durch Kräfte aus dem Kreis Böblingen.

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Großer Flut-Einsatz auf dem Buckenberg in Pforzheim

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Land unter und im gesperrten Würmtal

Insgesamt waren in Pforzheim und im Enzkreis rund 2.300 Feuerwehrleute im Kampf gegen die Fluten aktiv. Dazu kommen Hunderte von weiteren Helfern, Polizisten, Mitglieder vom Technischen Hilfswerk oder vom Roten Kreuz plus die Mitarbeiter der diversen Bauhöfe. Solch einen Großeinsatz von Rettungskräften und Helfern hat die Region schon lange nicht mehr gesehen – und alles nur, weil es einfach nicht aufhören wollte zu regnen. Die anhaltenden starken Regenfälle haben im Laufe des Samstags in Enzkreis-Gemeinden Straßen geflutet, Bäche zu Flüssen anwachsen und über die Ufer treten, Bäume umstürzen und Keller volllaufen lassen. Bereits ab dem Morgen waren alle örtlichen Feuerwehren im Einsatz.

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Einsatz im Seehaus wegen Wasser im Heizölkeller

Die Aufräumarbeiten haben noch an einigen Stellen bis in die Morgenstunden des Sonntags angedauert. Über die Gesamt-Schadenshöhe können derzeit noch keinerlei Angaben gemacht werden. Einige Schäden werden sich erst in den nächsten Tagen zeigen, beispielsweise durch Heizöl, das in überfluteten Heizungskellern ausgelaufen ist. Solch ein Heizölproblem machte das „Seehaus“ zwischen Pforzheim und Tiefenbronn zu einem Fall für einen größeren Feuerwehreinsatz. Im Restaurant war nämlich auch der 3000 Liter Öl lagernde Heizkeller voller Wasser, das auch die Straße und Umgebung großräumig flutete.

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Überschwemmungen bei Mönsheim und Wimsheim

In Mühlacker wurde eine Reinigung überschwemmt, allerdings konnte bisher verhindert werden, dass dabei Chemikalien in das Wasser gelangen. Übel erwischt hat es auch die Firma Mapal auf der Wilferdinger Höhe in Pforzheim, in der die große Halle komplett unter Wasser stand. Der Schaden dürfte hier beträchtlich sein.

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Mühlacker unter Wasser

„Das Hochwasser hat Sachschäden verursacht, aber wir sind sehr froh, dass es keine Verletzten gab“, zeigt sich der Erste Landesbeamte Wolfgang Herz erleichtert. In Illingen wurde eine vermisste Person in einer überfluteten Garage gemeldet. Daraufhin wurden Feuerwehr-Taucher aus Stuttgart angefordert. Sie mussten jedoch nicht mehr eingreifen, da die vermisste Person zuvor entdeckt und von Nachbarn in Sicherheit gebracht werden konnte.

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Szenen von der Flut in Singen

Überhaupt war Illingen ein zentraler Einsatzort. Zweimal gab es dort Personen in einer Notlage, die sofort medizinische Hilfe benötigten. Zudem wurde Rauch aus einer Tiefgarage gemeldet, ohne dass dort ein Brand feststellbar war. Mehrere Keller standen bis zu eineinhalb Meter tief unter Wasser. In Mönsheim mussten mehrere Häuser an der Grenzbachstraße evakuiert werden, da hier das Wasser bedrohlich hoch stand. Sorgen bereitete der Hochwasserdamm in Remchingen-Nöttingen, der die Grenze der Belastbarkeit erreicht hatte. Zur Entlastung wurden die Schleusen geöffnet. Im Überschwemmungsbereich im Falle eines Deichbruchs wären eventuell landwirtschaftliche Anwesen mit den dort untergebrachten Tieren in Gefahr gewesen.

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Szenen von der Flut in Ellmendingen

Hauptproblem war das Oberflächenwasser, das vom Boden nicht mehr aufgenommen wurde. Bereits am Freitagabend waren die Böden durch den starken Regen so aufgeweicht, dass Bäume umstürzten und dabei auf Stromleitungen fielen. In mehreren Orten waren Anwohner einige Zeit ohne Strom. Im Verlauf der Nacht von Freitag auf Samstag stürzten weitere Bäume um, die Flusspegel stiegen an und Wasser drang in großen Massen aus der Kanalisation nach oben. Durch die Wassermassen wurden Geröll und Laub  auf die Straßen gespült.

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Szenen von der Flut im Westen Pforzheims

Große Probleme machte in Pforzheim das vom Hagenschieß abfließende Oberflächenwasser, das in Richtung Buckenberg/Haidach, Südoststadt und ins Würmtal strömte. Dort gab es einen massiven Zustrom von Schlamm und Geröll, die Würmtalstraße und mehrere Verbindungsstraßen mussten voll gesperrt werden. Die Feuerwehr veranlasste über die Polizei Radiodurchsagen: Die Bewohner der Pforzheimer Stadtteile Hagenschieß, Tiergarten, Buckenberg und Südoststadt wurden aufgefordert, ihre Häuser zu sichern.

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Szenen von der Flut im Süden Pforzheims

Die Feuerwehr hatte dort mühsam mit Sandsack-Barrieren den Wasserfluss umgeleitet. Die Vorräte an gefüllten Sandsäcken waren jedoch nach wenigen Stunden aufgebraucht. Beim THW an der Villinger Straße und im Feuerwehrgerätehaus in Dillweißenstein wurden im Akkord weitere Säcke abgefüllt.

Zahlreiche Straßen in Pforzheim und im Enzkreis mussten ab den Mittagsstunden wegen Überflutung und Geröll gesperrt werden, darunter die B10 zwischen Niefern und Mühlacker und die B294 ab der Abzweigung nach Dürrn in Richtung Bretten sowie mehrere Landesstraßen. Die meisten Sperrungen, darunter auch die Bundesstraßen, konnten im Lauf des Abends wieder aufgehoben werden, andere voraussichtlich erst am Sonntagmorgen. Doch es geht auch längerfristig: Voll gesperrt ist bis auf Weiteres die Würmtal-Straße vom Kupferhammer in Pforzheim bis nach Tiefenbronn-Mühlhausen, die durch einen Erdrutsch und umgefallene Bäume unpassierbar ist. Eine Umleitung ist eingerichtet. Ebenfalls vorläufig geschlossen bleibt die Grösseltalstrecke zwischen Engelsbrand und der B294.

Auch die A8-Anschlussstelle Pforzheim-Ost war von den Fluten betroffen. Zeitweise war ein Fahrstreifen in Richtung Stuttgart wegen Überschwemmung gesperrt, ebenso die Ausfahrt. Auch die B10 stand dort stellenweise so tief unter Wasser, dass die Autos nur im Schritttempo durchs Wasser fahren können.

Einsatzschwerpunkte waren ferner der Bereich Mühlacker/Ötisheim, wo es zu zahlreichen Überflutungen kam, sowie Keltern-Ellmendingen. Dort trat der Arnbach über die Ufer. Die gesamte Ortsmitte sah stellenweise so aus, als würde hier zwischen den Häusern keine Straße und kein Gehweg liegen, sondern nur ein Fluss hindurch fließen. Oft war es nicht leicht, einen sicheren Weg aus den betroffenen Gemeinden herauszufinden. In Ötisheim zum Beispiel wurde vorsorglich die Schule als Fluchtraum geöffnet.

Aus Neuenbürg wurden Trübungen im Trinkwasser gemeldet. Die Stadt hat jedoch rasch die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet. Die gute Nachricht: „Wir gehen im Moment davon aus, dass das Hochwasser die Qualität des Trinkwassers nicht beeinträchtigt hat“, berichtet Dr. Arnd Goppelsröder, Sachgebietsleiter für Trinkwasser und Umwelthygiene im Gesundheitsamt. Die Behörde wird die Entwicklung aber die nächsten ein bis zwei Wochen genauestens beobachten und regelmäßig Proben nehmen. Im Bedarfsfall könnte in allen Enzkreis-Gemeinden auf Bodenseewasser umgestellt werden.

Wenn das Trinkwasser tatsächlich in Ordnung sein sollte, so wird es mit dem Badewasser zumindest im Wilferdinger Freibad nicht zu vergleichen sein. Das wurde laut Aussage einer Anwohnerin wegen Überflutung geschlossen. Es dürfte wohl ein paar Tage geschlossen bleiben, denn die Liegewiesen standen unter Wasser und entsprechend seien die Schwimmbecken mit grünem und braunem Material gefüllt.

Dass es selbst für Bootsfahrer zu viel Wasser geben kann, bewies das Missgeschick, das den Tretbooten am „Bootspick“ an der Enz hinter dem Stadttheater zuteil wurde. Am Abend hatten die reißenden Fluten die Boote losgerissen. Sie mussten auf Höhe des Kraftwerk-Wehrs beim „Parkhotel“ geborgen werden.