
- Nico Roller
Neuenbürg. Kinder toben, lachen, schreien, rennen über die Flure und durch die Zimmer. Bei Olga und Anatoliy Novytskyy-Donnerstag geht es lebhaft zu, viel lebhafter als sonst. Denn die beiden haben in ihrer Doppelhaushälfte in Neuenbürg 16 Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen und wohnen dort vorübergehend mit ihnen und ihren vier eigenen Kindern.
Alle sind Bekannte und Verwandte, Mütter mit ihren Kindern, Großmütter mit ihren Enkeln. „Wir wollten unbedingt etwas tun, um den Menschen zu helfen, vor allem den Kindern“, sagt Olga, die selbst aus der Ukraine stammt und die Fernsehbilder nur schwer ertragen kann. „Wenn ich die Nachrichten von dort sehe, dann tut mir das sehr weh.“ Zuerst sammelte Olga im privaten Bereich Sachspenden und gab sie auf dem Pforzheimer Messplatz ab, von wo aus sie an die ukrainische Grenze transportiert wurden. Später entschied sie, selbst Geflüchtete aufzunehmen. „In der Ukraine sitzen die Kinder mit ihren Eltern im Keller“, sagt Olga: „Sie trauen sich nicht, rauszugehen, aus Angst, beschossen zu werden.“

Eigene Familie in der Ukraine
Sie erzählt, dass ihre Eltern und ihr Bruder immer noch in der Ukraine seien, weil sie wegen der Kämpfe bisher nicht fliehen konnten. Trotzdem will sie anderen helfen, will vor allem die Kinder in Sicherheit bringen. Dass es dadurch in ihrem Haus immer laut ist, dass es beengt zugeht, dass es kaum Rückzugsmöglichkeiten gibt und dass in der Nacht nicht immer ruhig geschlafen wird, nimmt sie gern in Kauf. Auch ihre eigenen Kinder hätten ohne zu zögern ihre Zimmer geteilt. „Manchmal spielen die Kinder gut zusammen, manchmal streiten sie sich“, erzählt Olga. Als eines der Kinder Geburtstag hatte, hat sie das Wohnzimmer mit bunten Ballons und Luftschlangen dekoriert und einen Kuchen gebacken. Olga freut sich über die Unterstützung, die sie von ihren Nachbarn, Freunden und Bekannten erhält.
Ihr Mann Anatoliy arbeitet in Schielberg als Postbote und ist begeistert von der Unterstützung, die ihm die Menschen dort entgegenbringen. „Jeden Tag fragen mich Leute, wie sie helfen können“, sagt er: „Das ist einfach unglaublich.“ Jetzt könnte man meinen, 16 Menschen bei sich aufzunehmen, sei Hilfe genug. Doch das reicht für Olga und ihren Mann Anatoliy noch nicht aus. Sie wollen noch mehr tun – und werden deshalb auch bei der Sammelaktion helfen, die am Sonntag, 27. März, beim Roten Kreuz in Neuenbürg über die Bühne geht. Auch einige, der bei ihnen lebenden Geflüchteten, wollen dort mit anpacken. Olga freut sich darüber und sagt: „Wir sind ein Team und wollen nicht die ganze Zeit zu Hause sitzen.“
Organisiert wird die Sammelaktion am Sonntag von Paul Czerkies und Evelin Eidner, die Olga durch Zufall begegnet sind – und zwar als Eidner für die ehrenamtlichen Helfer einer anderen Sammelaktion bei dem Bäcker einkaufte, bei dem Olga arbeitet.
Spenden-Sammelaktion
Über die Bühne gehen wird die Sammelaktion am Sonntag von 14 bis 18 Uhr beim Roten Kreuz, direkt neben dem Getränkemarkt. Das Ganze wird als Drive-In, also zum Durchfahren aufgezogen. Gesucht werden vor allem Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung, Schlafsäcke, Gaskocher, Standard-Medikamente, Feldbetten, Verbandmaterial und lang haltbare Lebensmittel, die nicht gekocht werden müssen. Mehrere Fahrzeuge werden die Spenden nach Polen an die Grenze zur Ukraine bringen, nämlich nach Przemysl. Unterstützt wird die Aktion vom Anti-Graffiti-Mobil, dass der Bürgerverein Nordstadt auch sonst für Fahrten zum Arzt bereitstellt.
Wer Flüchtlinge unterstützen oder Wohnraum zur Verfügung stellen will: wir@helfen-ukraine.com