Die KSC-Spieler durften nach dem Sieg gegen Holstein Kiel jubeln. Hatten sie doch den Tripplegewinnerbesieger bezwungen. Foto: picture alliance/dpa | Frank Molter
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KSC ist nun der Triplegewinnerbesiegerbezwinger
  • Udo Koller

Der Karlsruher SC landet nach dem Sieg bei Bayern-Schreck Holstein Kiel auf Rang sechs der 2. Fußball-Bundesliga. Aus einer ähnlichen Sitaution hatte einst der FC St. Pauli aus einer Schnapsidee heraus einen Verkaufshit entwickelt.

Es gab Zeiten, da hatte der hohe Norden dem deutschen Fußball noch etwas zu geben. Meistertitel, Europapokalsiege, Uwe Seeler. Es waren die großen Tage des Hamburger SV. Doch der Niedergang dieses HahEssVau brachte die fußballerischen Nordlichter weitgehend zum Verglühen, auch wenn Werder Bremen eine Zeit lang tapfer in die Bresche sprang. Heute glänzen die Fußball-Sterne im Süden, wenn nicht gerade mal wieder der Westen leuchtet.

Zuletzt hatte der HSV ja nicht mehr viel zu bieten. Eine Uhr für die Ewigkeit, die im Mai 2018 zu ticken aufhörte. Und den Dino als Vereinsmaskottchen, der gegen all die Adler, Löwen und Krokodile aus dem Süden irgendwann ganz schön alt aussah. Die Höchststrafe aber ist, dass sich der HSV in Liga zwei mit der buckligen Verwandtschaft aus der eigenen Stadt herumschlagen muss. Shanty-Chor gegen Punk-Band, Elbchaussee gegen Herbertstraße, hanseatische Noblesse gegen schmuddelige Kiezklientel. Auweia. Der HSV und St. Pauli könnten unterschiedlicher kaum sein.

Arm, aber sexy

Für St. Pauli gilt: arm, aber sexy. Sexy war zum Beispiel die Idee, T-Shirts mit der Aufschrift „Weltpokalsiegerbesieger“ zu drucken. Das war im Jahr 2002, als die Kiezkicker den frisch gebackenen Weltpokalsieger Bayern München geschlagen hatten. Entstanden aus einer Schnapsidee nach dem Spiel, bis heute 120.000 Mal verkauft.

Dass die Bayern im hohen Norden verlieren, kommt nicht gerade häufig vor. Zuletzt passierte es dann aber doch wieder, als der frischgebackene Triplegewinner aus München im DFB-Pokal beim SV Holstein Kiel im Elfmeterschießen den Kürzeren zogen. Aus Hamburger Sicht mag Kiel eine unscheinbare Zusammenrottung unansehnlicher Bauten an der Ostsee sein. Ein Dorf sozusagen. Doch in diesem Fußball-Dorf darf man sich nun Triplegewinnerbesieger nennen.

Damit zurück in den Süden, wo der in den vergangenen Jahren ebenfalls leidgeplagte Karlsruher SC einen ungeahnten Aufschwung erlebt. Dass die Karlsruher aktuell ihre Zeit nicht damit verbringen, gegen den Abstieg in Liga drei zu kicken – oder gar direkt in der Drittklassigkeit herumstolpern – entzückt die Anhänger des Traditionsvereins. Ihren Aufschwung bestätigten die Badener nun am Sonntag mit einem 3:2-Sieg beim Tabellendritten Kiel. Ja, genau jene Kieler, die vier Tage zuvor den Münchner Bayern die Lederhosen ausgezogen hatten. Wenn die Kieler also der Triplegewinnerbesieger sind, dann sind die Karlsruher jetzt die Triplegewinnerbesiegerbezwinger. Mindestens. Nein, den komplizierten Titel haben sie sich beim KSC nicht ausgedacht. Ihr Trainer weiß nämlich die jüngsten Leistungen einzuschätzen. „Manchmal gewinnt nicht die bessere, sondern die glücklichere Mannschaft“, sagte Christian Eichner. Hätte Kiel nämlich noch das 3:2 erzielt, nachdem die Störche schon den 0:2-Halbzeitrückstand durch zwei Tore von Janni Serra (60., 77.) ausgeglichen hatten, hätte man sich beim KSC nicht beschweren dürfen.

Elf verschiedene Torschützen

Es wäre aber auch nicht fair, den Karlsruher Dreier nur glücklichen Umständen zuzuschreiben. Drei Tore in Kiel schießt man nicht alle Tage, vor allem dann nicht, wenn der eigentlich für das Toreschießen zuständige Mittelstürmer an diesem Tage ebenso leer ausgeht wie alle anderen torgefährlichen Offensivkräfte. Dass mit Philip Heise (6.), Marco Thiede (45.) und Robin Bormuth (85.) drei Abwehrspieler für die badischen Treffer verantwortlich zeichneten, ist auch eine Qualität. Elf verschiedene Torschützen gibt es nach 16 Spielen beim KSC bereits, ein beeindruckender Wert.

10:6 Tore brachten die drei Spiele im neuen Jahr. Und drei Siege. Der KSC, zu Saisonbeginn nach drei Niederlagen ohne eigenen Torerfolg Tabellenletzter, liegt nun mit 25 Punkten auf Rang sechs. Kiels Trainer Ole Werner beförderte die Karlsruher bereits zu potenziellen Aufstiegskandidaten.

Das aber dürfte Christian Eichner nicht schmecken. Der KSC-Coach ist auch studierter Mathematik-Lehrer. Beim Umgang mit Zahlen ist Sachlichkeit oft hilfreicher als Träumerei. Also schielt Eichner nicht nach den Aufstiegsrängen, sondern nach dem Klassenerhalt – besser gesagt nach den dafür nötigen 40 Zählern. 15 fehlen jetzt noch. „Fünf mal drei“, hat Eichner schon ausgerechnet.

Noch fünf Siege also, dann muss sich Karlsruher Trainer ein neues Saisonziel einfallen lassen. Den Titel Triplegewinnerbesiegerbezwinger muss er sich ja nicht mehr ausdenken.