
Stuttgart. Die schwere Verletzung von Barnabas Varga hat den 1:0-Sieg der Ungarn gegen Schottland am Montagabend überschattet. Kevin Csoboth gelang nach der langen Verletzungspause in der 10. Minute der Nachspielzeit der entscheidende Treffer.
Der 29-jährige Vargas wurde nach einem Freistoß vom heraus eilenden schottischen Keeper Angus Gunn hart getroffen und blieb regungslos auf dem Rasen liegen. Sofort rief der argentinische Schiedsrichter Fracundo Tello die Ärzte auf das Feld, Mitspieler brachten den Angreifer von Ferencváros Budapest in die stabile Seitenlage. Die herbeigerufenen Notärzte brauchten nach dem Geschmack der ungarischen Spieler jedoch zu lange, so griff sich Kapitän Dominik Szoboszlai eine Trage, um sie schneller zum wohl bewusstlosen Varga zu bringen. Minutenlang wurde dieser auf dem Feld unter Sichtschutz behandelt, ehe er unter dem Applaus der Zuschauer über einen Ausgang hinter der Eckfahne aus dem Stadion getragen werden konnte.
"Es war schlimm, es war wirklich grausam, Barnabas so zu sehen",
gab Roland Sallai vom SC Freiburg nach dem Spiel Einblick in seine Gefühlswelt.
Kurz nach Schlusspfiff konnte etwas Entwarnung gegeben werden, Vargas war wieder bei Bewusstsein und auf dem Weg zu Untersuchungen ins Krankenhaus. Dort soll er wegen eines Bruchs unterhalb des Auges operiert werden. „Leider wird er aber, sollte das Turnier für uns nicht weitergehen, nicht mehr Teil des Teams sein können“, sagte Rossi nach dem Spiel.
Die lange Behandlungspause brachte die, bis dahin fröhliche Stimmung zum kippen, einige ungarische Zuschauer hatten ein Tor aufgebrochen, einige Bierbecher flogen.
Ungarn überlässt den Schotten den Ball
Das Team von Trainer Marco Rossi stand von Beginn an tief in der eigenen Hälfte und überließ den Schotten den Ball. Dem Team von Steve Clark, der 1998 den sonst im Neckarstadion beheimateten VfB Stuttgart als Spieler des FC Chelsea im Finale des Europapokals der Pokalsieger mit 1:0 besiegte, fiel jedoch offensiv wenig ein und erspielte sich so keine Torchance. Deutlich zielstrebiger agierten dagegen die Ungarn, wenn sie in der intensiven Partie den Ball behaupten konnten. Die größte Chance hatte kurz vor der Halbzeit Leipzigs Willi Orban, der eine Freistoßvariante mit dem Kopf nur knapp über das Tor von Angus Gunn setzte.


Schotten träumen von Eintrag «in den Geschichtsbüchern»
„Die schottischen Spieler spielen mit viel Herz. Sie sind echte Kämpfer“, hatte Ungarns Coach Rossi vor der Begegnung gesagt. Und so versuchten die Bravehearts vor den Augen des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und dessen schottischen Schwiegersohn den ersten Einzug in eine K.-o.-Runde einer Europameisterschaft wahr werden zu lassen. Doch erst in den letzten Minuten wurden die Schotten mehrfach gefährlich. Dann schlugen die Ungarn in einer hektischen Schlussphase gegen die bei einer Ecke weit aufgerückten Schotten zu. Der eingewechselte Kevin Csoboth, der zuvor bereits knapp am Pfosten gescheitert war, schob nach einem Zuspiel des Freiburgers Roland Sallai eiskalt ein. Die ungarische Kurve stand Kopf, die Fans drängten in den Innenraum.
Mit dem Sieg, den die Spieler dem verletzt ausgewechselten Vargas widmenden, und nun drei Punkten dürfen die Ungarn als Gruppendritter weiter auf das Achtelfinale hoffen. Für die Schotten mit ihren begeisternden Fans ist dagegen Schluss.

