TGS-Wolfgang_Taafel
Wolfgang Taafel macht sich Gedanken über die Zukunft der TGS Pforzheim, die unter Umständen auch in der 2. Handball-Bundesliga liegen könnte. 

Taafel denkt mit TGS Pforzheim über die 2. Liga nach: „Stadt lechzt nach Spitzensport“

Die TGS Pforzheim ist das Flaggschiff im Pforzheimer Männerhandball und zählt mittlerweile zur Elite in der 3. Handball-Bundesliga. Zeit, über neue Ziele nachzudenken? Ja, sagt man bei der TGS und will in naher Zukunft ausloten, wie groß die Bereitschaft in der Stadt ist, diesen Weg in Richtung 2. Liga mitzugehen. Die PZ hat sich darüber mit Wolfgang Taafel, dem Handball-Abteilungsleiter und Erfolgsgaranten bei der TGS unterhalten.

PZ: Seit sechs Jahren spielt die TGS Pforzheim in der 3. Bundesliga und hat sich dort zu einem Spitzenteam entwickelt. Da müsste doch die 2. Bundesliga ein Ziel sein?

Wolfgang Taafel: Ja, es ist so, dass mittlerweile immer mehr Stimmen bei uns im Verein laut werden, auch von den Spielern, die fragen: Wie geht es weiter? Spieler wie beispielsweise Torhüter Sebastian Ullrich, Michal Wysokinski und mein Sohn Florian sind sehr ehrgeizig und wollen neue Herausforderungen. Und auch von außen kommt diese Frage immer öfter auf uns zu.

PZ: Hat man sich in den Vereinsgremien schon ernsthaft mit diesem Thema beschäftigt?

Wolfgang Taafel: Wir sind in den Anfängen, das Thema im Verein und vor allem innerhalb der Handballabteilung wirklich ernsthafter zu diskutieren und in die Hand zu nehmen. Wir sind soweit, dass wir versuchen wollen, einmal abzuklopfen, ob der Weg gangbar ist.

PZ: Was sind die größten Hürden, die es zu bewältigen gäbe?

Wolfgang Taafel: Mit Abstand an erster Stelle stehen natürlich die finanziellen Voraussetzungen, die geschaffen werden müssten. Als Verein sind wir natürlich nicht in der Lage, das finanziell zu stemmen. Beispielhaft und als Motivation nehmen wir zur Kenntnis, dass auch unser Hauptsponsor Koch Technik das Thema 2. Bundesliga in den Mund nimmt. Dort hat man das Potenzial erkannt angesichts des tollen Handballsports, den die TGS in Pforzheim seit Jahren bietet. Jetzt liegt es an uns, weitere Sponsoren zu gewinnen, die nicht nur für die TGS, sondern für die Stadt Pforzheim den Weg mitgehen wollen, damit Pforzheim das Prädikat „Sportstadt“ zu recht erhält.

PZ: Mit welchem Etat müsste man für die 2. Liga mindestens kalkulieren?

Wolfgang Taafel: Ab einem Etat von 600.000 Euro, so denke ich, könnte man den Schritt wagen. Die 2. Liga ist eine bundesweite Liga, ich rechne mit etwa 100.000 Euro allein an Reisekosten. Dann müsste man wohl die Verwaltung im Verein etwas professioneller aufstellen. Nur im Ehrenamt wäre das wohl nicht mehr zu stemmen. Man bräuchte vielleicht einen Geschäftsführer. Und natürlich müsste auch die Mannschaft auf der einen oder anderen Position verstärkt werden, mit zwei bis drei gestandenen Spielern, die gutes Zweitligaformat haben.

PZ: Reden wir in der 2. Liga eigentlich über reine Profi-Handballer?

Wolfgang Taafel: Nein, das ist nur bei den Mannschaften so, die nach ganz oben schielen. In der 2. Liga gibt es eine bunte Mischung: Viele Spieler arbeiten halbtags oder werden von ihrem Arbeitgeber immer wieder für ihren Sport freigestellt. Manche opfern auch ihren Urlaub dafür. Es gibt auch Mannschaften wie Konstanz, die überwiegend aus Studenten bestehen.

PZ: Sehen Sie in der Pforzheimer Wirtschaft die Bereitschaft und das Potenzial, diesen Etat über Sponsorengelder zu generieren?

Wolfgang Taafel: Genau das gilt es jetzt für uns abzuklopfen: Sind Unternehmen da, die sich dafür einsetzen, damit Sport in Pforzheim auf einem ganz hohen Niveau geboten wird? Von den finanziellen Möglichkeiten der Unternehmen in Pforzheim her sehe ich kein Problem. Die Frage ist eben, ob man bereit ist, auch für den Sport Großes zu tun. Was möglich ist, hat man ja bei dem Projekt ‚250 Jahre Goldstadt Pforzheim‘ gesehen, wo sich sehr viele Sponsoren engagiert haben.

PZ: Sie sehen Nachholbedarf in Sachen Spitzensport in Pforzheim?

Wolfgang Taafel: Ja, in Baden-Württemberg gibt es neun Großstädte mit über 100.000 Einwohnern. Die meisten davon bieten Spitzensport in den populären Mannschaftssportarten. Pforzheim hat hier enormen Nachholbedarf. Sie Stadt lechzt meiner Meinung nach Spitzensport. Deshalb sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Wir wollen jetzt sondieren, was gehen könnte. Denn Pforzheim könnte auch ein Projekt, welches das Zusammengehörigkeitsgefühl dieser sehr vielschichtigen Bevölkerungsstruktur stärkt, sehr gut gebrauchen.

PZ: Das geht sicher nicht von heute auf morgen.

Wolfgang Taafel: Klar, das ist ein langfristiger Weg. Man kann nicht einfach sagen, die TGS will nächste Saison in die 2. Liga aufsteigen. Die Voraussetzungen müssen mindestens ein Jahr im Voraus geschaffen werden. Aktuell als Drittligateam bräuchten wir sicher noch einmal 100.000 Euro, um zwei tolle Spieler zu holen und unsere Organisationsstruktur breiter aufzustellen, um eine Mannschaft zu haben, die sehr gute Aufstiegschancen hat. Unsere Mannschaft, die in der abgelaufenen Saison nach Punkten Platz zwei im Endklassement belegte, gehört eigentlich jetzt schon zu den heißen Meisterschaftsanwärtern. Wenn wir alle an einem Strang ziehen – Verein, Spieler, Sponsoren, Stadt – bin ich sehr zuversichtlich, dass wir das Ziel erreichen könnten.

PZ: Hätte man denn auch genügend Hallenkapazitäten bzw. -zeiten in Pforzheim?

Wolfgang Taafel: Klar wäre das schwierig. Aber wenn wir eine Aufbruchstimmung erzeugen können, wenn wir ein Zeichen setzen können, dass man gemeinsam sehr viel hinbekommen kann, dann ließe sich sicher auch dieses Problem in Kooperation mit dem Amt für Bildung und Sport und den betreffenden Schulleitern lösen.

PZ: Die 2. Bundesliga ist derzeit eingleisig? Viele Experten kritisieren dies. Sind Sie auch für Zweigleisigkeit?

Wolfgang Taafel: Ja, das wäre ein sehr großer Wunsch von mir. Die erste Liga braucht einen breiteren Unterbau. Und die Mannschaften, die hochprofessionell aufgestellt sind, werden auch in einer zweigleisigen 2. Liga die Voraussetzungen des DHB, dass sich absolute Profiteams in Richtung 1. Bundesliga entwickeln, erfüllen. Grundsätzlich sollte man die Ligen etwas straffen und die Übergänge von den Ligen vier bis eins leichter machen. Wenn wir die Vorgaben des DHB nach immer mehr Professionalität weiter verfolgen, dann haben wir irgendwann Zustände wie jetzt schon in einigen Ländern, wo es nur noch zwei, drei Spitzenmannschaften gibt, die alles beherrschen.

ZUR PERSON

Der gebürtige Pforzheimer Wolfgang Taafel (68) ist seit 2001 Handball-Abteilungsleiter und Vorstand bei der TGS Pforzheim. Er war früher selbst Handballer beim TB Pforzheim und seit 1974 bei der TGS Pforzheim. Taafel hat an der Universität Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwissenschaften studiert, ist Prokurist bei der Herbert Richter GmbH & Co KG in Pforzheim-Büchenbronn, ist verheiratet, wohnt in Pforzheim und hat zwei Kinder: Florian und Lena; beide spielen auch Handball.