
Pforzheim. Im April, beim Hallen-Turnier in Stuttgart, steht Andrea Petković plötzlich wieder auf dem Platz: Sie bestreitet einen Showkampf und ist ansonsten der weibliche Teil eines Moderatoren-Duos.
Ihr Partner am Mikro ist Heinz Günthardt, ein 65-jähriger früherer Profi, der bereits bei den Medien Erfahrungen sammelte, ehe Andrea Petković 1987 in Tuzla geboren wurde.


Petkovic über Kerber: «Weiß, wie man große Matches gewinnt»
Einen guten Namen hat der Schweizer in der Tennis-Szene insbesondere, da er in den 1990er Jahren als Trainer Steffi Graf zu großen Erfolgen führte. Weniger bekannt ist, dass Günthardt auch Trainer, vor allem aber Berater von Andrea Petković gewesen ist. Gut zehn Jahre liegt die letztlich kurze Zusammenarbeit zurück.
Ihre Karriere dauerte noch bis August 2022: Schluss war bei den US Open – in New York, wo sie mit Musiker Jesse Kotansky in Brooklyn lebt. Vor einem Vierteljahr ist nun Andrea Petkovićs zweites Buch („Zeit, sich aus dem Staub zu machen“) erschienen, das die vielseitige 36-Jährige am Mittwoch, 12. Juni, im PZ Forum in Pforzheim vorstellt.
Bereits zum Ende ihrer aktiven Zeit hatte Andrea Petković Einsätze als Moderatorin und Expertin. Nun nimmt deren Anzahl zu.

In der Stuttgarter Arena macht sie ihre Sache mehr als ordentlich. Dass sie unbedingt gut sein will, ist deutlich spürbar. Ein wenig fehlt die Lockerheit. Auffällig ist, dass sie ein paar Mal Scherze macht – solche, die vor allem auf ihre Kosten gehen, letztlich aber auch für eine gewisse Verbissenheit stehen.
Natürlich kommt bei ihr noch die Leistungssportlerin durch. Für großen Ehrgeiz spricht zudem, dass sie an der Georg-Büchner-Schule in Darmstadt die elfte Klasse übersprang, und im Abitur einen Notenschnitt von 1,2 hatte.
Andrea Petković war ein Baby, als es ihre Eltern Zoran und Amira aus dem in den folgenden Jahren zerfallenden Jugoslawien nach Deutschland zog. „Ich sehe mich als Deutsche mit bosnischem Herzen“, sagte sie einmal und verriet als junge Spielerin ebenso, dass sie einst einen serbischen Pass hatte.
Hohe Erwartungshaltung
Vater Petković, ehemaliger Davis-Cup-Spieler und schon lange Trainer beim TEC Darmstadt war gar nicht auf eine Sport-Karriere von Andrea aus. Alleine schon aufgrund der Annahme, Anstrengung sei die Grundvoraussetzung, um in der neuen Heimat Deutschland Anerkennung zu erhalten, vermittelte er ihr und ihrer jüngeren Schwester Anja hohe Ansprüche.
Vom familiären Hintergrund gibt es Parallelen zur Geschichte von Ex-Fußballer Neven Subotić, der nur ein Jahr jünger als Andrea Petković ist. Der im bosnischen Banja Luka geborene spätere serbische Nationalspieler hatte ein Heimspiel, als er vor zwei Jahren sein Buch „Alles geben“ im PZ-Forum vorstellte: Subotic wurde schließlich in Schömberg-Schwarzenberg groß, wo seine Familie die 1990er Jahre verbrachte. Auch Andrea Petković ist kein Großstadt-Kind. Sie wuchs in der Nähe von Darmstadt im 30.000 Einwohner zählenden Griesheim auf.


Etwas andere 90 Minuten: Ex-Fußballer nimmt Zuschauer im PZ-Forum mit auf Autobahn des Lebens
Ohne Zweifel hat die French-Open-Halbfinalistin von 2014 einige Talente. Kolumnen und Essays erst in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sowie in der „Süddeutschen Zeitung“, der „Zeit“ und im „Spiegel“ sprechen für geistige Tiefe: Eine engstirnige Streberin mag sie aber nicht sein.
Manchmal ist sie rebellisch, manchmal ulkig, zuweilen eine Diva und in jedem Fall eine Feministin. Auch setzt sich Andrea Petković gern cool in Szene: In Erinnerung bleibt Fans der „Petko Dance“ – ein erstmals bei den US Open 2010 aufgeführtes Siegestänzchen auf dem Platz, das auf eine verlorene Wette mit Trainer Petar Popović zurückging. In ihrem neuen Buch schildert sie zudem, wie sehr es sie genoss, mit der Karriere die Zeit des Verzichts zu beenden und sich mit süßem Essen und Drinks zu verwöhnen.

Schon in jungen Karriere-Jahren erlebte Andrea Petković schwierige Zeiten. Doch ungeachtet all ihrer Verletzungsprobleme hat sie vom Typ her etwas von Pippi Langstrumpf („Ich mach´mir die Welt, wie sie mir gefällt“).
Sie kann sich ausdrücken, macht dadurch Eindruck – anders als so einige Spielerinnen, die teils nur kurz im Blickpunkt stehen, und die tatsächlich austauschbar sind, da sie kein Profil entwickeln. Und während sich Angelique Kerber als dreimalige Siegerin bei Grand-Slam-Turnieren und frühere Nummer eins der Weltrangliste wohl am Liebsten verkriechen würde, sobald es nicht glänzend läuft, ist die vier Monate ältere Petković eine, die eher das Innerste nach außen kehrt, als sich zu verstellen oder zu verstecken.


Bescheidener Ex-Profi: Darum ist Neven Subotic alles andere als gewöhnlich
Der damalige ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann nannte sie im Oktober 2019 „eine großartige Persönlichkeit mit viel Charme und klarer Meinung“ und setzte Andrea Petković fortan als Moderatorin ein. Dass ihr Weg ins „Sportstudio“ führt, schien denkbar, spätestens als sich Dunja Hayali im Mai 2023 freiwillig von diesem Klassiker verabschiedete. Tatsächlich ist Andrea Petković erst einmal nicht mehr im Zweiten zu sehen, da es seit diesem Jahr keine moderierte „Sport Reportage“ mehr gibt. Angesichts von Einsätzen für Eurosport, Sky oder Tennis Channel agiert Andrea Petkovic nun in der zweiten Reihe. Doch das muss nicht so bleiben, schließlich ist diese Frau ehrgeizig und eine ausdauernde Kämpferin.
Für Andrea Petkovićs Lesung am kommenden Mittwoch um 19 Uhr im PZ Forum sind Karten (ab 6,50 Euro) von Montag bis Freitag telefonisch (07231) 933125 zwischen 8 Uhr und 16 Uhr zu haben.