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Motiviert und höchst engagiert

Nicht nur Einfühlungsvermöger und Geduld sind in der Pflege gefragt. FOTO: YAKOBCHUK OLENA - STOCK.ADOBE.COM

Motiviert und höchst engagiert

Die Pflege hat keinen guten Ruf. Hohe Arbeitsbelastung, geringe Löhne: Pflegekräfte kämpfen für bessere Bedingungen. Stellt sich die Frage: Warum sollte man sich überhaupt für den Beruf entscheiden?

Karriere

Eigentlich wollte Lea Friedrich Theater machen. Die Hospitanz an einer Berliner Bühne gefiel ihr gut, doch dann kam es anders. Auf einer Party lernte sie einen Krankenpfleger kennen, der ihr Einblicke in ein ganz anderes Berufsfeld eröffnete. „Gerade im Vergleich zur Kunstwelt hat mich das total fasziniert“, sagt sie.Um eigene Erfahrungen zu sammeln, machte sie ein Praktikum in der Krankenpflege. „Dann war schnell klar, dass ich die Ausbildung machen will“, erzählt die 27-Jährige. Vom Theater ins Krankenhaus? Viele in ihrem Umfeld reagierten irritiert. Doch Lea Friedrich war sicher. „Ich habe gemerkt, dass ich etwas brauche, das mich am Boden hält.“

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Keineswegs blauäugige Entscheidungen

Die Pflege hat in Deutschland einen schlechten Ruf. „Jeder kennt irgendjemanden, der in dem Bereich arbeitet, und bekommt mit, wie hoch die Belastung ist“, sagt die Gesundheits- und Krankenpflegerin. Auch während der Corona-Pandemie wird über Fachkräftemangel, Arbeitsbelastung und zu niedrige Löhne diskutiert.

Aus dem Blick gerät dabei oft, wie motiviert viele Pflegekräfte ihren Job ausüben. „Ich wäre nicht so engagiert, wenn ich meinen Beruf nicht so lieben würde“, sagt Valentin Herfurth. Wie Lea Friedrich ist der 25-jährige Gesundheits- und Krankenpfleger im Bündnis „Walk of Care“ aktiv, das sich für einen grundlegenden Wandel im Medizin- und Gesundheitswesen einsetzt.

Als er seine Ausbildung begann, war sich Valentin Herfurth der Herausforderungen bewusst - und nahm sie als Ansporn, sich politisch zu engagieren. Auch Lea Friedrich hat erlebt, dass junge Menschen keineswegs blauäugig in die Ausbildung stolpern. „Die Leute, die das machen, haben sich Gedanken gemacht, ob sie das wirklich wollen.“

Pflegekräfte stehen den Menschen zur Seite

Valentin Herfurth wollte eigentlich Medizin studieren und absolvierte deshalb ein Pflegepraktikum. „Dabei habe ich gemerkt, dass das, was ich mir vom Beruf als Arzt versprochen habe, in der Pflege viel präsenter ist.“

Wichtig war für ihn die Nähe zu den Patientinnen und Patienten. „Ich dachte, ich kann Menschen in der Bewältigung von existenziellen Krisen unterstützen“, sagt er. Beim Praktikum habe er gemerkt, dass es in der Praxis eher die Pflegekräfte sind, die Menschen in solchen Momenten zur Seite stehen.

Ein großer Vorteil seines Berufs sei, dass Pflegekräfte immer gebraucht werden, sagt Herfurth. „Ich werde mein Leben lang immer einen Job haben.“ Als Krankenpfleger könne er auch überall auf der Welt arbeiten und Hilfe leisten – ob auf Festivals oder etwa in der Flüchtlingshilfe. INGA DREYER, DPA
 

Der menschliche Unterschied macht‘s

Der Pflegeberuf hat mit der Fernsehrealität herzlich wenig zu tun

Oftmals werden Menschen mit Klischees über ein Berufsbild geradezu desinformiert – sei es nun im positiven oder im negativen Sinne. So ist es natürlich auch mit den Pflegeberufen. Da gilt es sich vor einem Ausbildungsstart genau zu informieren, was auf einem zukommt.

Wer in der Pflege arbeiten wolle, sollte empathisch sowie körperlich und psychisch belastbar sein, ist sich etwa Gabi Heise sicher. „Das ist ja nicht immer so hübsch wie im Fernsehen“, betont die ausgebildete Krankenpflegerin, die als Betriebsrätin bei den Vivantes-Kliniken in Berlin arbeitet und sich beim Bündnis „Gesundheit statt Profite“ engagiert.

„Die Pflege ist ein wunderschöner Beruf, wenn man Zeit für seine Patienten hat“, sagt sie. Während der Ausbildung durchlaufe man viele unterschiedliche Bereiche. „Da bekommt man schon ein Gefühl dafür, was einem liegt.“

Ausbildungsplätze gibt es derzeit viele, weil Nachwuchs gesucht wird. Leider verlassen all zu viele junge Menschen den Beruf auch schnell wieder. Wer heutzutage in der Pflege arbeiten will, sollte bereit sein, sich über die eigentliche Arbeit hinaus auch für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen, findet die Betriebsrätin, die sich eben dies auf die Fahnen geschrieben hat.

Gabi Heise erzählt, sie sei anfangs selbst manchmal schockiert gewesen, wie Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus miteinander oder mit Patientinnen und Patienten umgehen. Es gäbe einige, die nach den ersten Frusterfahrungen abbrechen. Wichtig ist deshalb, dass man sich in seiner Entscheidung sicher ist. Leider könnten Pflegekräfte im Alltag oft nicht so handeln, wie sie gerne würden.

„Trotzdem kann man immer einen Unterschied machen“, betont die Krankenpflegerin. „Wir brauchen Menschen, die anders denken, um das Gesundheitssystem anders zu gestalten.“ Sie selbst bringt ihr kulturelles Interesse in den Arbeitsalltag ein auch sitzt auch mal mit der Gitarre am Bett von Patienten. „Besonders beeindruckt mich, wie ich als eigentlich komplett fremde Person so ein wichtiger Bezugspunkt sein kann. Das ist für mich bis heute der größte Zauber.“