Wie groß ist der Einfluss der Ratingagenturen auf die Eurokrise?

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Wie groß ist der Einfluss der Ratingagenturen auf die Eurokrise?

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Wirtschaft weltweit
Der Zusammenhang zwischen den Ratingagenturen und der Griechenlandkrise

Dieser Text befasst sich mit dem Entstehen der Krise und dem Einfluss der Ratingagenturen auf deren Verlauf und vor allem deren Ausbruch. Um das Thema richtig aufarbeiten zu können, wird der Artikel in fünf Bereiche gegliedert. Zunächst die Einleitung, in welcher Fragestellung, Begriffserklärung und eine Erläuterung über die Arbeit der Agenturen dargelegt werden. Die Institutionen selbst werden in Kapitel zwei beleuchtet. Abschnitt drei befasst sich mit dem Einfluss der Agenturen auf die Krise, deren Vorgehensweise und die Fehler, die begangen wurden. Diese Missstände werden in Kapitel vier im Zusammenhang mit der griechischen Staatsschuldenkrise erneut aufgegriffen, bevor die Ergebnisse im Fazit zusammengefasst werden.

Fragestellung

Welchen Einfluss haben die Ratingagenturen am Verlauf der Euro-Schuldenkrise? Diese Frage wird von Experten immer wieder aufgeworfen. Mittlerweile sind sich die meisten Beobachter einig, dass eine enge Verbindung zwischen der Arbeit der Agenturen und der Staatsschuldenkrise herrscht. Doch in welcher Hinsicht und in welcher Intensität? Waren die Ratingagenturen tatsächlich ausschlaggebend? Diese Fragen sind im Verlaufe des Textes zu beantworten.

Begriffserklärung

Ratingagenturen haben die Risikoeinschätzung der Finanzmärkte zur Aufgabe. Seit Beginn der Krise sind sie immer mehr in das öffentliche Interesse gerutscht. Wichtig ist zunächst deren Entstehungsgeschichte. Anfangs waren sie in den USA des 19. Jahrhunderts dafür zuständig, Geschäftsmänner zu beobachten und so Schwindel und Betrug zu vermeiden. So beispielsweise die Bewertung der Eisenbahngesellschaften, die den Westen der Vereinigten Staaten erschließen wollten. Die Ratingagenturen verhalfen den Banken bei der Kreditvergabe, indem sie die Gesellschaften benoteten. Im Zuge der lateinamerikanischen Schuldenkrisen 1880/90 und dem Großen Crash von 1932 erweiterten die Agenturen ihren Aufgabenbereich und waren fortan für die Einschätzung der Kreditwürdigkeit ganzer Länder verantwortlich. Der große Aufschwung kam schließlich durch die neoliberale Revolution unter Thatcher und Reagan, denn staatliche Institutionen konnten nur noch bedingt ihren Einfluss geltend machen. Dieses Vakuum nutzten die „Bit Three“ aus und nahmen schließlich auch zunehmend Einfluss auf die Wirtschaft Europas. Im Laufe der Zeit waren es also nicht mehr nur private Gesellschaften, die den Bewertungen der Agenturen ausgesetzt waren, sondern auch Staaten oder Privatpersonen.


Grundidee der Agenturen

Ein wichtiger Aspekt der Arbeit ist die Bonitätsprüfung. Diese ist für Staaten, Unternehmen sowie Privatpersonen von Belang und dient als Gradmesser für das Verleihen von Geld. Verivox.de bietet einen Überblick über diesen Vorgang. So wird anhand dieser Prüfung die Kreditwürdigkeit eingeschätzt. Als Faktoren dienen beispielsweise Zahlungsausfälle, geordnete Zahlungsverhältnisse, andere laufende Kredite sowie bei Privatpersonen auch der Familienstand und die Anzahl der Kinder. Es werden also unterschiedlichste Eigenschaften der Kunden bewertet und dokumentiert, bevor Kredite vergeben werden. Anhand dieser Daten geben die Institute schließlich Auskunft zur Bonität der betroffenen Person, des betroffenen Unternehmens. Die bekannteste Agentur in Deutschland, die derartige Auskünfte erteilt, ist die Schufa HOLDING AG. Die Bonitätsprüfungen und die Bewertungen von Staaten hingegen obliegen den Ratingagenturen.

Die Friedrich Ebert Stiftung erläutert die verschiedenen Bonitätsnoten der Ratingagenturen. Am Beispiel Standard and Poor’s reichen diese von AAA (Ausfallrisiko gleich Null) bis zu BBB (mäßiges Ausfallrisiko) für jene Akteure die investmentwürdig sind und von BB+ (höheres Ausfallrisiko) bis D (Zahlungsverzug) für die Anlagen, die als spekulativ bezeichnet werden beziehungsweise Länder, denen die Zahlungsunfähigkeit droht.

Die „Big Three“ der Ratingagenturen

Seit rund einem Jahrhundert sind die „Big Three“ der Ratingagenturen entscheidende Akteure in der Finanzwelt. Zunächst beschränkte sich die Arbeit auf die Vereinigten Staaten, mittlerweile machen sie ihren Einfluss jedoch weltweit geltend. Dabei liegt der Fokus nicht nur auf den großen Industriestaaten, sondern ebenfalls auf den Entwicklungsländern. Lange Zeit war die Arbeit jedoch nicht im öffentlichen Interesse, die Agenturen konnten unbemerkt agieren. Seit der anhaltenden Krise und den (drohenden) Staatspleiten rücken die Agenturen jedoch immer mehr in den Fokus.

Moody‘s

Die Agentur wurde im Jahre 1909 gegründet und war zunächst für die Bewertungen der Eisenbahnanleihen zuständig. Anhand dieser Beurteilungen konnten sich Investoren informieren, welches Eisenbahnunternehmen Schulden rechtzeitig zurückzahlt. Nach und nach breitete sich der Einflussbereich jedoch aus. Die Gebühren tragen inzwischen die Emittenten und nicht mehr, so wie zu Beginn der Entwicklung, die Investoren. Heute besteht die Dachgesellschaft Moody’s aus der Risikomanagement-Software Moody’s Analytics und dem Moody’s Investors Service, welches die eigentliche Ratingagentur darstellt.

Standard and Poor’s

Wurde 1941 gegründet und resultierte aus einer Kooperation von H.V. & H-W- Poor Co. sowie dem Standard Statistics Bureau. Seit 1966 gehört die Firma als Tochterunternehmen zu McGraw-Hill. Von den „Big Three“ ist diese Agentur die größte.

Fitch Ratings

Etwas früher, bereits im Jahre 1913, wurde die Fitch Publishing Company von John Knowles Fitch gegründet. Im Jahre 1997 entstand eine Fusion zwischen der Firma und dem Unternehmen IBCA Limited aus London. Folglich gibt es zwei Firmensitze, sowohl in New York als auch in London.

Ursprünglich waren die Agenturen für die Bewertung der Eisenbahngesellschaften zuständig.

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Die Macht der Ratingagenturen – Die Gefahr der „neutralen Schiedsrichter“

Vorgehensweise

Die Handlungen der Agenturen erscheinen vielen Menschen auf den ersten Blick nicht durchdacht. So kommt es vor, laut boerse.ard.de, dass die Agenturen die Bonität von Eurostaaten kurz vor wichtigen Treffen zwischen den Regierungsverantwortlichen abstufen, statt auf die Resultate der Unterredungen zu warten. Ähnlich paradox erschien damals der drohende Staatsbankrott Islands, wurde das Land doch kurz zuvor von der Agentur Moody’s noch mit der Bestnote von AAA bewertet. Obgleich bereits seit Langem mögliche Probleme der Banken des Landes bekannt waren, wurden diese von den Agenturen nicht wahrgenommen. Die Benotungen, Gewichtungen und die Wahrscheinlichkeiten, die schließlich in die Bewertung der Staaten einfließen, sind nicht transparent. Dies kritisiert auch der Leiter des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) Thomas Straubhaar:

Sie bleiben somit für Außenstehende undurchsichtig und damit nicht nachvollziehbar. Es könnte also auch sein, dass die Ratingagenturen schlicht würfeln, oder kritisch die Eingeweide frisch geschlachteter Rinder beäugen.“

Die verschiedenen Ratingstufen

Um die Staaten und deren Kreditwürdigkeit zu prüfen, werden diese in Ratingstufen untergliedert. Diese kategorisieren sich, dargestellt am Beispiel Fitch Ratings, von der Stufe „AAA“ für eine sehr gute Beurteilung bis zu der ungenügenden Note „D“. Des Weiteren werden die Einteilungen mit zusätzlichen Charakteristika versehen, wie „S“ für Stabil oder „P“ für Positiv. Die Klassifizierungen orientieren sich an der allgemeinen Kreditwürdigkeit der Staaten sowie an deren politischer Situation. Das ist erkennbar an der Situation in der Ukraine, ein Land, das von Fitch erst kürzlich herabgestuft wurde.

Grund ist der drohende Zahlungsausfall. Denn obwohl Zusagen für ein Hilfspaket seitens des Internationalen Währungsfonds (IWF) bestehen, wurde die Krisenregion aufgrund der hohen Schulden und des großen Haushaltsdefizit herabgestuft. Die Wirtschaft leidet zu sehr unter dem Konflikt mit den prorussischen Separatisten, was eine zunehmende Verschuldung zur Folge hat.

Die Kreditwürdigkeit einzelner Staaten

Diese hängt eng mit dem heimischen Bankensektor zusammen. Es entsteht ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist. Die Banken investieren in die Staatsanleihen und sind bei einem Ausfall der Staatsschulden direkt davon betroffen. Befürchten die Agenturen und die Investoren jedoch, dass die Staaten die Schulden nicht zeitnah begleichen können, so fällt das Kredit-Rating. Es kommt zu einem sogenannten „haircut“, denn der Besicherungswert der Staatsanleihen ist dieser Tendenz ebenfalls unterworfen. Die Konsequenz wird in diesem Artikel beschrieben. Durch die niedrige Einstufung der Anleihen wird auch das Volumen der Kredite gesenkt, was schlechtere Refinanzierungsmöglichkeiten der Kreditinstitute zur Folge hat.

Folgender Fachaufsatz aus der Zeitschrift: „Recht der Internationalen Wirtschaft“ beschreibt die Rolle der Ratingagenturen genauer. Als „gate keeper“ sind sie für die Ordnung auf den Finanzmärkten zuständig. Das kuriose dabei: Die Agenturen sind private und gewinnorientierte Unternehmen. Bei der Angabe der Kreditwürdigkeit sind sie jedoch bestimmten Verhaltensweisen unterworfen. Dies sind nicht, so wie häufig angenommen, die Basel III-Vorschriften, sondern die „Ratingagentur-Verordnung“ des Europäischen Parlamentes und Rates. Dieser Entschluss setzt die Agenturen unter eine gewisse Aufsicht. So müssen sich die Institutionen registrieren lassen und sind so einem gemeinschaftlichen Aufsichtssystem unterworfen. Dieses überprüft zwar nicht die Inhalte und Vorgehensweise, aber dennoch werden die organisatorischen Maßnahmen und Vorgänge überwacht. Gegner der Agenturen geht das jedoch nicht weit genug.

Umstrittene Einstufung der Agenturen

Am Beispiel Islands ist die umstrittene Bewertung der Agenturen bereits angedeutet worden. Diese erscheint auf den ersten Blick willkürlich. Bei genauem Hinsehen fällt jedoch auf, dass es ganz und gar nicht willkürlich ist. Denn es sind die Schuldner, die die Agenturen bezahlen. Darüber hinaus können sich diese die Institute, die in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen, selbst aussuchen. Die Akteure befinden sich folglich in einem Interessenskonflikt, denn der Kunde, in diesem Fall der Staat, sucht sich die Agentur aus, die sie am besten bewertet. Dies darf jedoch unter keinen Umständen passieren, denn die Agenturen stellen ein Informationsportal für die Anleger dar, das in jedem Fall neutral bewerten muss. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung, denn nur so können zuverlässige Regulierungen gewährt werden. Dennoch erscheint es naheliegend, dass die Bewertungen unter Umständen besser ausfallen, als sie tatsächlich sind, so wie auch am Beispiel Islands erkennbar. Allerdings ist die Willkür in beide Richtungen erkennbar. Denn es gibt Staaten, die radikal degradiert wurden, so beispielsweise Griechenland, die nach von A (2008) auf CCC (2015) herabgestuft wurden, obwohl dies nach objektiven Wirtschaftsfaktoren nicht zwingend gerechtfertigt war. Die Reaktion ließ als „self-fullfilling prophecy“ nicht lange auf sich warten, denn kurze Zeit später driftete Griechenland in Richtung Staatspleite.

Die Einstufungen Griechenlands verschlimmerten die prekäre Lage.

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Der abschließende Beweis fehlt jedoch. Dies führt zur nächsten Kritik an der Vorgehensweise, denn die Bewertungsmethoden sind nicht durchsichtig genug. Die fehlende Transparenz hat Skepsis zur Folge, sowie Zweifel an der angeblichen Genauigkeit der Bewertungen.

Einfluss

Durch die Bewertungen können die „Big Three“ die Entwicklung von Staatsfinanzen grundlegend beeinflussen. Herabstufungen von Anleihen erschweren die Refinanzierung von Staaten, die sich in der Pleite befinden. Durch negative Bewertungen von Volkswirtschaften müssen die betroffenen Länder schwere Konsequenzen verarbeiten. Aufgrund dieser Noten haben die Agenturen erheblich auf den Verlauf der Eurokrise eingewirkt. Dies wird von vielen Kritikern behauptet, die sich auf die eklatanten Fehler dieser nichtstaatlichen Akteure berufen.

Die Fehler der Agenturen im Kontext mit der Eurokrise

Dass die „Big Three“ Fehler gemacht haben, wurde bereits früh erkannt. Dies bekräftigt auch Michel Barnier, der damalige französische EU-Binnenmarktkommissar. Folglich wurden die Agenturen strengeren Regeln unterworfen. Die vielfachen Herabstufungen einzelner Staaten sollen die Schuldenkrise verschärft haben. Dies deckt sich mit den Aussagen, die im Text bereits formuliert wurden. Des Weiteren spielen die Zeitpunkte eine entscheidende Rolle, denn die Herabstufungen folgten meist kurz vor oder kurz nach einem Gipfeltreffen der Spitzenpolitiker. Kritiker führen an, dass die Ratingagenturen keinesfalls unabhängig handeln, sondern durchaus mit Kalkül. Weitere Spekulationen ziehen Verbindungen zu der Politik der Vereinigten Staaten. Dies sind jedoch nur vage Behauptungen, denn ein abschließender Beweis konnte bisher noch nicht erbracht werden.

Standard and Poor’s streitet die Schuld ab

Eine Schuld streiten die großen Agenturen jedoch ab. In diesem Interview verteidigt sich der Geschäftsführer der deutschen Standard and Poor’s-Zweigstelle Torsten Hinrichs. Den Agenturen wird vorgeworfen, dass Staaten wie Griechenland oder Portugal kurz vor der Staatspleite noch als kreditwürdig eingestuft wurden, obwohl eine Staatsschuldenkrise bereits erkennbar war. Kam es schließlich zum Kollaps, dann folgte eine schnelle Degradierung, die zur Folge hatte, dass die Staaten nur schwer zu Geld bei den Investoren kamen. Auf diese Weise wurde die Krise verschärft. Auf solche Kritikpunkte erwidert Hinrichs, dass bereits 2004 eine Herabstufung der prekären Staaten stattgefunden hatte. Des Weiteren führt er an, dass gemeinhin vorgeworfen wird, dass die Agenturen in der Regel zu spät reagieren würden und verwirft so die Kritik. Fakt ist, die „Big Three“ haben durchaus Einfluss auf den Verlauf der Krise, auch wenn die Verantwortlichen dies zu widerlegen versuchen. Ob dieser jedoch aus einer böswilligen Motivation, begründeter Bewertungen oder dem Einfluss der amerikanischen Regierung resultiert, ist nur Spekulation.

Die griechischen Staatsschuldenkrise

Verlauf – die Chronik einer Krise

Den gesamten Verlauf hier wiederzugeben, würde den Rahmen sprengen, weswegen lediglich einige Eckdaten Erwähnung finden. Die gesamte Entwicklung über die Staatsschuldenkrise in Griechenland kann hier nachgelesen werden.

Beginn der Krise ist im Jahre 2009, als die neue Regierung die Verschuldung des Staates auf 12,7 Prozent nach oben verschob. Als Reaktion folgte eine Herabstufung durch die Ratingagenturen. Dies trieb die Gerüchte einer drohenden Staatspleite voran. Für die Währungsunion bedeutete das zunächst eine Schwächung des Euros. Seitens der Europäischen Union wurde zwar Unterstützung zugesagt, ein Hilfspaket hingegen noch nicht. Dies folgte schließlich am 25. März 2010 in Form freiwilliger bilateraler Kredite an denen sich auch der Internationale Währungsfonds beteiligte. Das Hilfspaket sollte über einen Zeitraum von drei Jahren gewährt werden. Nachdem dies beschlossen wurde und Griechenland das Paket beantragte, stufte Standard and Poor’s Griechenland auf den Schrottstatus herab. Das Hilfspaket war an einen Sparkurs gekoppelt, der in der griechischen Bevölkerung großen Ärger hervorrief. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen bei denen zwei Frauen und ein Mann starben. Die Europäische Union beantragte schließlich einen dauerhaften Rettungsschirm. Nachdem Griechenland noch mehr Geld benötigte, um die Gläubiger zu bezahlen und es zusätzlich zu einem Generalstreik kam, einigten sich die Verantwortlichen auf einen Schuldenschnitt. Es kam zu weiteren Herabstufungen durch die Ratingagenturen Standard and Poor’s sowie Moody’s. Der Schuldenschnitt wurde umgesetzt, was dazu führte, dass insgesamt 35,5 Milliarden Euro von der Europäischen Union überwiesen wurden. Es kam zu Neuwahlen des griechischen Parlaments. Die Regierung setzte sich aus der konservativen Nea Demokratia, der sozialistischen PASOK und der Partei Demokratische Linke zusammen (Troika). Regierungschef wurde der konservative Antonis Samaras. Die strikte Politik in Griechenland schien zunächst Früchte zu tragen, denn laut der Organisation Transparency International war auch die Korruption in Griechenland rückläufig. Des Weiteren waren bei den Rückkäufen von Staatsanleihen Erfolge zu vermelden. Außerdem waren Steuerreformen geplant, eine Auflage für zusätzliche Hilfeleistungen. Grundsätzlich schien Griechenland auf dem richtigen Weg zu sein, zumal die Ratingagenturen den Staat um eine Note heraufstuften. Aufgrund der Sparmaßnahmen und der Entlassungen im öffentlichen Dienst wuchs jedoch die Arbeitslosigkeit auf 27,6 Prozent. Es kam zu Streiks und Protesten der Bevölkerung. Dennoch erwirtschaftete das Land nach einer Rezession erstmals wieder ein positives Wachstum. Trotzdem scheiterte die Wahl eines neuen Staatspräsidenten. Es kam zu Neuwahlen, bei denen populistische Parteien als Sieger hervorgingen. Dies ist eine gängige Randerscheinung in prekären Situationen. So kam es zu einer Koalition zwischen dem Linksbündnis Syriza unter Parteichef Alexis Tsipras und der rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen. International wächst seitdem die Sorge, dass das Land vom positiven Reformkurs abweicht. Bei der gegenwärtigen Situation kann unmöglich vorhergesagt werden, in welche Richtung sich das Land entwickeln wird. Unter dem populistischen „Links-Rechts-Bündnis“ scheint die konsequente Einhaltung der Sparmaßnahmen jedoch ungewiss. Nichtdestotrotz wurde das Hilfsprogramm erneut verlängert.

Als Reaktion auf die Sparauflagen kommt es zu gewaltsamen Protesten in Griechenland.

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Das neue Gesicht griechischer Finanzspolitik heißt Dr. Yanis Varoufakis

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Auswirkung auf das Land und die EU

Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone ist ein durchaus realistisches Szenario. Doch welche Auswirkungen hätte dies auf die Europäische Union? Zunächst ist zu erwähnen, dass ein Rausschmiss durch die anderen Mitglieder nicht möglich ist. Falls das Land jedoch freiwillig austritt, so muss Deutschland mit hohen Geldverlusten und einer Verschärfung der Staatsschuldenkrise rechnen. Es könnten sich Investoren aus der Staatsfinanzierung zurückziehen, sodass auch Krisenländer wie Italien oder Spanien Probleme bekommen werden, ihre Staatsanleihen zu verkaufen. Des Weiteren sind Marktturbulenzen sowie politische Konflikte durchaus realistisch. Die Börsen reagieren ohnehin sehr empfindlich auf die Krise in der Europäischen Union und auch die populistischen Parteien werden mehr Zulauf erhalten, als sie ohnehin schon haben. Die Unternehmen werden ebenfalls unter dem Austritt leiden und es wird zu zahlreichen Pleiten in Kombination mit einer wirtschaftlichen Rezession führen. Als letztes werden die Griechen ein Großteil ihres Geldes abheben, bevor dieses wieder an Wert verliert und als Drachme gewertet wird. Auf diese Szenarien wird sich seitens der Europäischen Union bereits seit einiger Zeit vorbereitet.

Insgesamt kann sich ein Austritt Griechenlands also nachhaltig und schädlich auf die Entwicklung in der Europäischen Union auswirken. Besonders der steigende Einfluss der populistischen Parteien kann ein Problem darstellen, das auch in anderen Ländern von großer Bedeutung ist.

Einfluss populistischer Strömungen

Die Staatsschuldenkrise bringt dem Populismus nicht nur in Griechenland sondern im gesamten europäischen Raum Auftrieb. Dies ist erkennbar an den Ergebnissen der Europawahl 2014. In Deutschland ist das anhand der AfD zu sehen, in Frankreich anhand des Front National und in Österreich anhand der FPÖ. In Griechenland setzten sich diese Strömungen sogar durch und wurden gewählt. Die Gründe liegen auf der Hand. Die Bevölkerung ist unzufrieden und will sich den Sparauflagen widersetzen. Diese Tendenzen nutzen die Parteien am politischen Rand aus und gewinnen dadurch immer mehr Stimmen. In Griechenland ist es der Premierminister Tsipras, der sich gegen die Sparpolitik der Europäischen Union auflehnt und dadurch immer mehr Wähler überzeugen kann.

Auch in Deutschland haben populistische Parteien Aufwind.

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Fazit

Einen alleinigen Schuldigen auszumachen, ist denkbar schwierig, weswegen die Forschungsfrage auch nicht einfach beantwortet werden kann. Doch der Einfluss der Ratingagenturen auf die Schuldenkrise ist unbestritten. Durch die Herabstufung Griechenlands und der drohenden Pleite weiterer EU-Staaten wie Portugal können die Agenturen entscheidenden Einfluss auf den Verlauf ausüben. Dies wird ihnen auch von Kritikern vorgeworfen. So würde eine Herabstufung auf die Stufe „D“ zur Folge haben, dass die EZB keine Kredite mehr an Griechenland oder andere Länder der Eurozone, die die gleiche Bewertung der „Big Three“ erhalten haben, vergeben darf. Dieses Szenario kann durchaus eintreten, schließlich hat Fitch-Ratings die Bonität des Landes erst kürzlich von „B“ auf „CCC“ herabgesenkt. Griechenland selbst hat seit April 2014 keine Hilfen mehr erhalten, konnte die laufenden Forderungen jedoch aus unterschiedlichen Töpfen wie beispielsweise der Rentenkasse decken. Die Reformen, die erwartet werden, sind bisher jedoch ausgeblieben, weswegen auch die Unterstützung eingestellt wurde. Nun hat die Regierung um Tsipras ein Reformpaket eingereicht, um neue Hilfen zu erhalten. Eine Herabsenkung auf die Note „D“ würde dies jedoch unmöglich machen. Folglich haben die Ratingagenturen durchaus Einfluss auf den Verlauf, die Schuld beziehungsweise die Initiative, dieses Problem zu lösen, liegt hingegen bei der Regierung Griechenlands.