

- Lothar H. Neff
Neuhausen/Pforzheim. Man kann ihn getrost als Hamberger aus Leidenschaft bezeichnen. Sein Geld hat er als Unternehmer mit der Entwicklung von Navigationssystemen für Hubschrauber gemacht – bleibt aber als Mensch am Boden und wohnt weiterhin im Neuhausener Ortsteil Hamberg.
Die Geschichte hat er schon oft erzählt: Auf dem Weg zu seinem Unternehmen EuroAvionics in der Goldstadt fährt Sven Bogner 2013 am ehemaligen Gasthaus „Grüner Wald“ vorbei. „Zu verkaufen“ stand 2013 dort auf einem Schild. „Eigentlich müsste ich die Gaststätte kaufen und ein bisschen renovieren“, sagte sich Bogner damals kurzentschlossen. Schon sein Vater habe ihn als Kind zum Frühschoppen dorthin mitgenommen.
Aus dem „bisschen renovieren“ ist eine Herkulesaufgabe geworden, denn die Balken waren morsch. „Du konntest mit dem Meterstab ein Loch hineinstechen“, erinnert sich der 44-jährige Hamberger. Also hat Bogner wie immer ganze Arbeit geleistet und das Gebäude mit Millionenaufwand jahrelang saniert.
Herausgekommen ist ein Kleinod im ländlichen Raum: Restaurant, Braustüble und Biergarten im Innenhof. Der Gerstensaft kommt künftig aus der hauseigenen Brauerei. Seine Heimatgemeinde soll mit dem „Grünen Wald“ zu einem Standort der gehobenen Gastronomie werden. Dafür hat Bogner zwei gestandene Profis verpflichtet: Spitzenkoch Claudio Urru vom Stuttgarter Sternerestaurant 5 und Geschäftsführer Thomas Wenger. Als Bogner sie ins Boot holte, dachten beide noch, dass der „Grüne Wald“ in Neuhausen auf den Fildern eröffnet würde. Dass das Restaurant in Neuhausen-Hamberg im Enzkreis steht, war ihnen zunächst nicht bewusst.
Erbaut im 18. Jahrhundert ist der „Grüne Wald“ ein fester Bestandteil des Gemeindelebens und das älteste Gasthaus am Ort. Mit der notwendig gewordenen Sanierung konnten die Grundmauern sowie der Gewölbekeller erhalten werden. Darüber hinaus wurde im neu gestalteten Innenhof der Raum für einen schönen Biergarten geschaffen.
Im Jahr 2019 wird das Angebot mit einem Gourmetbereich und einem Hotel komplettiert. „Bei uns gibt es ja praktisch keine Übernachtungsmöglichkeiten“, erläutert Bogner. Früher sei das anders gewesen, erinnert sich der Unternehmer an seine Kindheit. Das ist wohl auch die Motivation für die Millionen-Investition in seinen Heimatort. Und bevor er sein Geld für eine Finca auf Mallorca oder eine Luxus-Jacht ausgibt, steckt er es lieber in Projekte seiner Heimatgemeinde.
Der Vater von fünf Kindern ist begeisterter Musiker – natürlich im Musikverein Hamberg – und wollte früher einmal Musik studieren. Die Liebe zur Technik liegt dem Tüftler im Blut. Nach der Ausbildung bei Nokia-SEL 1990 in Pforzheim war er später in der Mobilfunksparte tätig, bevor er zu EuroAvionics kam.
Die Firma darf ebenfalls als Kleinod bezeichnet werden. Gegründet von Rüdiger Klaschka 1994 in Hausen/Weil der Stadt, ist das Unternehmen seit 2010 in Pforzheim ansässig und wird von Sven Bogner geführt. Seit Sommer 2017 gehört die EuroAvionics mit ihren 110 Mitarbeitern zur Hensoldt-Gruppe (vormals Airbus Defense and Space). „Ein Glücksfall, dass ein deutsches Technologieunternehmen bei uns eingestiegen ist“, sagt Bogner, schließlich waren auch chinesische Investoren an einer Übernahme von EuroAvionics interessiert.
Der Name Hensoldt geht zurück auf den 1821 geborenen Moritz Carl Hensoldt, einen deutschen Pionier im Bereich der Optik und Feinmechanik. Unter dem Markennamen Hensoldt wurden früher auch Zielfernrohre hergestellt. Und ebenso zielgerichtet hat sich Hensoldt im Rahmen seiner zivilen Ausrichtung für den Kauf von EuroAvionics entschieden.
Das Pforzheimer Unternehmen entwickelt Navigationssysteme für Luftfahrzeuge, die auch in Polizei-Hubschraubern zum Einsatz kommen. In der Schweizer Tochterfirma werden Informationssysteme für Drohnen hergestellt. Unter dem Dach von Hensoldt werde EuroAvionics kräftig wachsen, ist Sven Bogner überzeugt, der weiterhin EuroAvionics-Geschäftsführer ist und zudem die Luftfahrtsparte von Hensoldt leitet. Der Umsatz von aktuell 20 Millionen Euro soll sich in wenigen Jahren verdoppeln.
Aus der Kombination der Stärken von EuroAvionics im zivilen Markt und dem vorwiegend militärisch ausgerichteten Portfolio von Hensoldt gebe es Synergieeffekte auch in der Forschung- und Entwicklung. Umgekehrt verfüge das Pforzheimer Unternehmen über große Kompetenz bei digitalen Kartengeräten, die auch für Militäranwendungen benötigt werden.
Zuwächse verspricht sich Bogner vom Trend zu unbemannten Fluggeräten, aber auch durch Multicopter und City-Airbus. Auf den gravierenden Fachkräftemangel reagiert man mit verstärkter Ausbildung in Kooperation mit der Dualen Hochschule.