
Pforzheim. Angeblich hat Albert Einstein einmal gesagt: „Zwei Dinge sind unendlich – das Universum und die menschliche Dummheit, aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Ob Künstliche Intelligenz (KI) die Lösung vieler Probleme sein könnte, damit beschäftigte sich das Wirtschaftsforum Nordschwarzwald am Dienstagabend. Kreissprecher Tobias Fricke von den Wirtschaftsjunioren Nordschwarzwald begrüßte 150 Gäste zur Kooperationsveranstaltung mit der Sparkasse Pforzheim Calw in den Räumen der IHK Nordschwarzwald.
Hochkarätige Podiumsgäste waren am Start: Professor Mike Barth von der Hochschule Pforzheim (Fakultät für Technik) ist Studiengangleiter für mechatronische Systementwicklung. „Jeder kann heute schon KI nutzen.“ Gleichzeitig versicherte Barth, dass an der Hochschule kein Terminator gebaut werde (der Killerroboter aus der gleichnamigen Filmreihe mit Arnold Schwarzenegger, Anmerkung der Redaktion).
„Unsere Zukunft liegt in der Konstruktion von intelligenten Maschinen“, so Barth. Lernfähige Assistenzsysteme seien auf dem Vormarsch. Sie erkennen frühzeitig den Verschleiß von Werkzeugen und berechnen den Materialbedarf. Das sieht auch Jonas Schilling so. Als Lead Innovator des Pforzheimer IT- und Mediendienstleisters Meyle+Müller ist er für Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Prozessoptimierung zuständig. Zwar stecke die KI vielfach noch in den Kinderschuhen, mache aber rasante Fortschritte. Die Rede ist von Maschinen, die sich selbstständig weiterentwickeln, aus Fehlern lernen und sich verbessern. Vermehrt setzen heute Medienunternehmen auf KI, um kurze Online-Artikel zu kreieren. Maschinen könnten auch chirurgische Eingriffe übernehmen, ist Schilling überzeugt. Präzise Arbeit wäre für sie selbst nach einem 48-Stunden-Dienst kein Problem. Ein Notarzt komme da an seine Grenzen. Doch menschliche Qualitäten seien weiterhin gefragt, etwa bei der persönlichen Diagnose.
„KI ist die nächste Dampfmaschine“, sagt Schilling. Mathematische Algorithmen – also eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems – könnten künftig die Analyse bei Hautkrebs übernehmen und der schwäbischen Landmetzgerei verraten, dass die braungebrannte Kundin gerade aus dem Griechenland-Urlaub zurückgekehrt ist und deshalb gerne Souflaki-Spieße einkaufen würde.

Professor Dirk Wentzel von der Hochschule Pforzheim gab eingangs einen Überblick über die geopolitische und ökonomische Situation. Der Experte für Volkswirtschaftslehre und Europäische Wirtschaftsbeziehungen sieht trotz unberechenbarer Führungspolitiker, der europäischen Schuldenberge und wachsender globaler Risiken eine dynamische Entwicklung der Weltwirtschaft. Allerdings könnten Boykottdrohungen (Nordstream 2) und neue Handelsschranken einen Prozess der Deglobalisierung einleiten. Statt des Eisernen Vorhangs werde quasi ein Vorhang aus Silikon (Silicon Curtain) zur Abschottung zwischen USA und China gewebt. Dennoch erwartet Professor Wentzel, dass sich die deutsche Wirtschaft trotz des Fachkräftemangels weiterhin auf dem Weltmarkt behauptet – auch dank Investitionen in Künstliche Intelligenz.
Diplom-Ingenieur Richard Leibrandt von der Pforzheimer IT-Firma Omikron, Spezialist für Suchkriterien im Internet, bricht eine Lanze für die KI: „Für die Spannung im Rennsport der Formel 1 bedeutet das Autonome Fahren allerdings das Aus.“ Ganze Berufsbilder wie der Elektroniker könnten aussterben, wenn selbstlernende Maschinen deren Aufgaben übernehmen. Ziel sei eine intelligente Arbeitsteilung, wobei Roboter die schweren Aufgaben übernehmen sollen.
Stephan Scholl, Chef der Sparkasse Pforzheim Calw, sieht trotz aller KI-Aktivitäten gute Chancen für menschliches Leistungsvermögen. Aus- und Weiterbildung seien die Garantie für künftige Beschäftigung. Moderiert wurde die Veranstaltung von Uwe Bettendorf.