Sind zufrieden mit dem Konjunkturjahr 2019: Präsident der Handwerkskammer Karlsruhe Joachim Wohlfeil, stellvertretende Geschäftsführerin Brigitte Dorwarth-Walter und Carsten Buderer, Leiter der Außenstelle Nordschwarzwald. Foto: Meyer
Wirtschaft
Positive Entwicklung im Konjunkturjahr 2019: Auftragsplus im Baugewerbe stärkt Handwerk
  • Hannah Bordne

Karlsruhe/Nordschwarzwald/Enzkreis/Pforzheim. Die Umsatzsteigerung des vergangenen Jahres sowie die Rückkehr von zwölf Gewerken zur Meisterpflicht stimmen die Handwerker positiv: Als „gut“ bewerten über 70 Prozent der über 19.800 Handwerksbetriebe im Bezirk der Handwerkskammer Karlsruhe ihre Geschäftslage. Der Umsatz bestätigt das: Im Jahr 2019 konnten die etwa 101.500 Beschäftigten im Bezirk Karlsruhe ihren Umsatz um drei Prozent auf insgesamt 13,6 Milliarden Euro steigern. Ein Wehrmutstropfen bleibt aber: Der Fachkräftemangel macht Handwerksbetrieben weiterhin zu schaffen.

Besonders ein Handwerk hebt Präsident Joachim Feil bei der Jahrespressekonferenz am Mittwoch hervor: das Bauhauptgewerbe. „Das habe ich noch nie verkündet“, sagt er erstaunt. In drei der vier Quartale hätte kein Betrieb die eigene Lage als schlecht bewertet. In Zahlen: Null Prozent. Die Erwartungen an das laufende Jahr seien dementsprechend positiv. Zwar würden fast 80 Prozent keine Besserung ihrer Lage erwarten, aber das erkläre sich durch das hohe Ausgangsniveau, so Wohlfeil. Auftragsreichweiten von 10 bis 15 Wochen bestätigten dieses Selbstbewusstsein, fügte Pressesprecher Alexander Fenzl hinzu.

So positiv fällt die Bilanz nicht überall aus: Betriebe der gewerblichen Berufe, wie beispielsweise Feinwerkmechanik, Metallbau, Informationstechnik, seien derzeit in Alarmbereitschaft. Während Anfang 2019 76,5 Prozent der Befragten ihre Lage als „gut“ angab, waren es im vierten Quartal nur noch 46,7 Prozent. Brigitte Dornwarth-Walter, stellvertretende Geschäftsführerin, sieht den Grund hierfür in der Nähe zu großen Industrieunternehmen. Deren wirtschaftliche Schwierigkeiten bekäme dieses Gewerbe am deutlichsten zu spüren, da sie oft als Zulieferer für Automobilindustrie und Co. arbeiteten – eben dort, wo die Auftragslage nun düster aussehe.

Ergänzend zu diesen schwierigen Rahmenbedingungen komme nun auch noch das Coronavirus hinzu – ein unvorhersehbares Risiko, das die Wirtschaft in Atem halte, sagt Wohlfeil.

Besonders in der Baubranche könnte es noch besser laufen, wenn es nicht gerade an Fachkräften und besonders am Nachwuchs hapern würde, sagt Wohlfeil.

„Diese Entwicklung zieht sich querbeet durch die Branchen“, sagt Dorwarth-Walter. Selbst dort, wo einst über den Bedarf hinaus ausgebildet wurde, wie etwa bei Friseuren, sei dieser Mangel nun spürbar. Insgesamt hätten im Kammerbezirk im vergangenen Jahr 2.402 Lehrlinge ihre Ausbildung angetreten – ein Minus von 124 Azubis.

In Pforzheim wurden insgesamt 249 Ausbildungsverträge abgeschlossen, im Enzkreis und in Calw je 277. Auch dort sei ein Rückgang in den vergangenen acht Jahren zu verzeichnen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 starteten 15 Lehrlinge mehr in einen Handwerksberuf. Das laufende Jahr reiht sich bisher in diese rückläufigen Werte ein: Über 300 Ausbildungsplätze seien im Kammerbezirk unbesetzt.

Ein wichtiges Ziel des Kammerbezirks sei daher, das Handwerk attraktiver zu machen. Unternehmen würden beispielsweise ermutigt, Schüler im Rahmen eines „Schnupperpraktikums“ zu begeistern – „die nachhaltigste Lösung“, sagt Wohlfeil. „Die Jugendlichen gehen nach dem Praktikum heim und sehen, was sie mit ihrer Hände Arbeit erschaffen haben.“ Zudem versuche die Kammer, Abiturienten eine handwerkliche Ausbildung schmackhaft zu machen – mit Erfolg. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich ihr Anteil von 5 auf 13,8 Prozent fast verdreifacht. Genug sei das aber noch nicht, sagt Wohlfeil. Denn die Handwerker stehen vor einem weiteren Problem: Über 60 Prozent der Betriebsinhaber mit Meistertitel sind über 56 Jahre alt – ein Nachfolger oft nicht in Sicht. Diese Aussicht auf Führungsposition soll gerade Abiturienten zu einer Ausbildung motivieren.

Unternehmen, für deren Gründung kein Meistertitel benötigt wird, seien allgemein kurzlebiger. Nach fünf Jahren bestünde hier nur noch ein Drittel der Betriebe, wird der Titel benötigt, sind es zwei Drittel. „Das ist einer der Gründe, weshalb in diesem Jahr zwölf Gewerke zur Meisterpflicht zurückgekehrt sind“, so Wohlfeil. Etwa Fliesenleger, Raumausstatter oder Orgelbauer haben nun eine Ausbildungspflicht. Der Erfolg dieser Änderung soll in fünf Jahren geprüft werden.