
Schädliche Niedrigzinspolitik: Verbandspräsident kritisiert europäische Pläne zur Einlagensicherung
Stuttgart. Die größten Verlierer der „fatalen Zinspolitik“ der Europäischen Zentralbank sind „die Sparer, da traditionelle und sichere Anlagen wie Festgeld, Tagesgeld oder Sparbücher kaum noch Ertrag bringen“. Das erklärte Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbandes (bwgv) bei der Vorlage der 2017er- Zahlen für die 180 Volks- und Raiffeisenbanken im Land.
In der „Quasi-Nullzinspolitik“ sieht Glaser auch eine soziale Dimension. So litten wohltätige Stiftungen unter der aktuellen Lage ebenso wie die sozialen Sicherungssysteme. „Ein ausreichendes Sparen fürs Alter ist vor diesem Hintergrund kaum noch möglich“, sagte er und warnte: „Die Zinsen sind politisch gewollt, für die Volkswirtschaft aber langfristig äußerst schädlich.“
Unterdessen sehen sich die Genossenschaftsbanker mit ihrer Ablehnung der Einlagensicherungspläne in der Eurozone im Schulterschluss mit Sparkassen und großen Teilen der deutschen Wirtschaft. Mit einer europäischen Einlagensicherung müssten Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie deren Kunden auch für europäische Geldhäuser mit teilweise riskanten Geschäftsmodellen haften, erläuterte der bwgv-Präsident. „Das geht klar auf Kosten der Bankkunden in Deutschland.“ Ohnehin hätten Volks- und Raiffeisenbanken, ebenso wie Sparkassen, eine funktionierende Institutssicherung, die sich in 80 Jahren bestens bewährt habe: „In dieser Zeit hat noch nie ein Kunde auch nur einen Cent oder Pfennig seiner Einlagen verloren.“
Bei der Bankenregulierung verlangte Glaser „mehr Augenmaß“ und „eine eindeutige Differenzierung in der Regulatorik zwischen systemrelevanten Großbanken und kleinen, ausschließlich regional tätigen Instituten“. Trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen äußerte sich Glaser zufrieden über die Ertragslage der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Bilanzsumme: 158,1 (2016: 151,9) Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis vor Risiko verringerte sich um 2,7 Prozent auf 1,25 Milliarden Euro. Der Zinsüberschuss sank um 1,8 Prozent auf 2,85 Milliarden Euro, der Provisionsüberschuss stieg um 6,9 Prozent auf eine Milliarde Euro. Als Jahresüberschuss erwarten die Genossenschaftsbanken 479 Millionen Euro (plus 18 Prozent). Im Vorjahr habe es elf Fusionen gegeben. Bis Ende 2018 rechnet Glaser mit einer ähnlichen Zahl. Filialen und SB-Terminals schrumpften um 121 auf 2700. Dies sei dem veränderten Kundenverhalten geschuldet, wonach die Frequenz in einigen Filialen durch das Online-Banking rückläufig sei.
Bei der Mitgliederzahl erzielten die Volksbanken und Raiffeisenbanken mit einem Zuwachs um 22.000 auf 3,75 Millionen einen Rekordwert. „Die Menschen vertrauen dem einzigartigen Genossenschaftsmodell“, sagte Glaser.