
- dpa/lsw
Heidelberg. Sie sollen einen 25-Jährigen mit Gürteln geschlagen, mit Münzen beworfen und antisemitisch beleidigt haben: Die Staatsanwaltschaft Heidelberg ermittelt gegen mehrere Mitglieder einer Heidelberger Burschenschaft. Der 25-Jährige hatte als Gast eine Verbindungsfeier der Normannia am 29. August dieses Jahres besucht, als der Angriff passiert sein soll. Der Mann hatte den Angaben zufolge zuvor berichtet, er habe jüdische Vorfahren. Der Antisemitismus-Beauftragte der Landesregierung appellierte an die Justiz, transparent und öffentlich aufzuklären.
Er habe Erkenntnisse, dass zu den Alten Herren Vertreter von Justiz und Polizei gehörten, sagte Michael Blume. Das mache ihm Sorge. «Da muss jeder Anschein vermieden werden.» Er sehe fortgesetzte antisemitische und autoritäre Tendenzen in Burschenschaften. Es sei bekannt, dass gerade die Normannia eine solche Tradition pflege.
Verdächtigt werden sieben Männer und eine Frau. Die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung werden teilweise länderübergreifend geführt, unter anderem im Saarland und in Nordrhein-Westfalen. An der Feier waren 27 Menschen beteiligt. An dem Angriff sind nach einer Mitteilung der Antifaschistischen Initiative Heidelberg auch Mitglieder der Burschenschaften Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken und Germania Köln beteiligt gewesen. Der Gedemütigte selbst sei Mitglied der Alten Leipziger Landsmannschaft Afrania.


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Das Opfer erstattete noch an demselben Tag Strafanzeige. Bei einer Durchsuchung sei umfassendes Beweismaterial gefunden worden, teilte die Polizei weiter mit. Laut der Initiative handelt es sich um das Gebäude der Normannia.
Es zeichnet sich laut Staatsanwaltschaft ab, dass es sich bei dem Schlagen mit den Gürteln, der sogenannten «Gürtelung», um ein gängiges Ritual der tatverdächtigen Personen handelt. Ob es einen antisemitischen Hintergrund gebe, sei Gegenstand der Ermittlungen, sagte Christopher Weselek von der Polizei Mannheim. Der junge Mann war auf dem Rücken und den Beinen getroffen worden. Blume sprach von autoritären Männlichkeitsbildern.


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Blume sagte, der Kampf gegen Rassismus, Gewalt und Antisemitismus müsse in Burschenschaften fortgesetzt werden. Ein Verbot werde die Mitglieder der Burschenschaften in den Untergrund drängen, aber nicht deren Haltungen verändern.
Die Polizei arbeitet nach Worten von Weselek mit Hochdruck an dem Fall. «Wir nehmen den Vorfall sehr ernst und haben seit Bekanntwerden viel Personal zur Aufklärung bereitgestellt.» Die Behörden hätten aber zwischen der möglichen Verdunklungsgefahr, etwa dem Verschwindenlassen von Beweismitteln, und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit abzuwägen, sagte er und reagierte damit auf den Vorwurf, den Vorfall sehr spät publik gemacht zu haben.