Oberlandesgericht Celle
Die Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Celle und des LKA Niedersachsen richten sich gegen Beschuldigte im Alter von 32 bis 57 Jahren. (Archivbild)
Sina Schuldt/dpa
Baden-Württemberg
Rechtsradikale Gruppe? Razzia auch im Enzkreis, jedoch nicht das erste Mal

Terror-Ermittler gehen gegen acht Beschuldigte wegen der Bildung einer mutmaßlich rechtsradikalen bewaffneten Gruppe vor. In Niedersachsen, dem Enzkreis und Nordrhein-Westfalen werden 13 Objekte durchsucht, wie die Generalstaatsanwaltschaft Celle und das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen mitteilten. Die Maßnahmen mit Spezialkräften der Polizei dauerten den Angaben nach am Morgen noch an.

Die Beschuldigten im Alter von 32 bis 57 Jahren werden verdächtigt, aus einer mutmaßlich rechtsradikalen Gesinnung heraus eine bewaffnete Gruppe gebildet und sich darin betätigt zu haben. Vier der Beschuldigten sollen zudem unerlaubt Kriegswaffen und andere vollautomatische Schusswaffen besitzen. Bei einem von ihnen habe das LKA bereits Ende April eine Pistole samt Munition beschlagnahmt. Wie Martin Appelbaum, Leitender Oberstaatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft Celle, auf PZ-news-Nachfrage mitteilt, handle es sich um die Durchsuchung eines Objektes im Enzkreis. Wo sich dieses Objekt genau befindet, wie viele Kräfte im Einsatz waren und was bei den Durchsuchungen gefunden wurde, ist Teil der Ermittlungen und kann nicht bekannt gegeben werden. 

Nicht der erste Schlag gegen Rechts in der Region

Durchsuchungen wie diese am Dienstagmorgen hat es in Pforzheim und der Region in der Vergangenheit schon öfter gegeben. Zum Beispiel am 7. Dezember 2022, in den frühen Morgenstunden. Im Auftrag des Generalbundesanwalts nehmen Spezialeinheiten der Polizei in ganz Deutschland mutmaßliche Mitglieder einer „Reichsbürger“-Gruppe um den selbst ernannten Heinrich XIII. Prinz Reuß fest. Erst kürzlich hat der WDR-Investigativjournalist Martin Kaul sich in seinem Podcast „Deep State“ mit dem Fall von Rüdiger von Pescatore beschäftigt. Einem Anfang der Neunziger als Offizier der Bundeswehr in Nagold und Calw stationierten KSK-Soldaten. Er gilt als Anführer des bewaffneten Arms der Reuß-Gruppe. 

Oder die Razzia in der Reichsbürgerszene Anfang Dezember 2022. Damals haben Ermittler am frühen Morgen das Haus von René R. in Ersingen durchsucht. Er soll Mitglied der terroristischen Vereinigung sein, die Umsturzpläne verfolgte, um einen eigenen Staat zu gründen – und bereit war, diese Ziele mit Waffengewalt durchzusetzen. In der Region war man geschockt, dass der bekannte Tenor anscheinend tief in die Umsturzpläne verstrickt war: Er sollte in einer neuen Regierung als Minister den Bereich Kultur übernehmen. Er ist laut Anklage an der „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ beteiligt gewesen. Die Anklagepunkte werden vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart geklärt – falls ein Verfahren eröffnet wird.

Plante die Gruppe gemeinsame Aktionen?

Das Ziel der Durchsuchungen sei es, derartige Waffen zu finden und sicherzustellen. Außerdem wollen die Ermittler weitere Erkenntnisse zu den Aktivitäten der Gruppierung und möglicherweise geplanten gemeinsamen Aktionen erlangen.

Die Durchsuchungen finden in der Region Hannover sowie der Stadt und dem Landkreis Hildesheim (alle Niedersachsen), im Enzkreis (Baden-Württemberg) und im Kreis Lippe (Nordrhein-Westfalen) statt.

Durchsuchungen ohne Zwischenfälle

Grundlage sind gemeinsam geführte Ermittlungen der Zentralstelle Terrorismusbekämpfung der Generalstaatsanwaltschaft Celle mit dem LKA Niedersachsen. Zu etwaigen Ergebnissen machten die Behörden noch keine Angaben.

Während der polizeilichen Maßnahmen wurden umfangreiche Beweismittel sichergestellt. Dazu zählen nach vorläufiger Bewertung mehrere "scharfe" Kurz- und Langwaffen, die allerdings nach derzeitigem Sachstand nicht dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegen. Darüber hinaus fanden die Einsatzkräfte Munition unterschiedlichen Kalibers, Bargeld, sowie Gegenstände, die als Sprengmittel geeignet sind. Entsprechende kriminaltechnische Untersuchungen dauern zum gegenwärtigen Zeitpunkt an. Zusätzlich wurden zahlreiche Datenträger aufgefunden.

Die Durchsuchungen verliefen ohne besondere Vorkommnisse. Im Einsatz befanden sich zahlreiche Polizeibeamtinnen und -beamte, darunter auch Spezialkräfte verschiedener Polizeien.

Die weiteren Ermittlungen zu den Beschuldigten dauern an. Im Mittelpunkt steht insbesondere die Auswertung der sichergestellten Beweismittel im Hinblick auf die Aktivitäten der mutmaßlichen Gruppierung sowie mögliche geplante Aktionen.

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