Fürs unschöne Stadtbild braucht’s nicht unbedingt finstere Typen – Leerstände reichen schon. Der im alten „Ratskeller“ (Foto) geht zu Ende. In den Schlossberghöfen soll erst gar keiner entstehen – darum lieber Parkfläche (begehrt) als Ladenfläche (wenig begehrt). Und beim Insel-Campus soll sowieso alles gut werden.
Meyer, Fotomontage: PZ
Pforzheim
Jetzt wird der Bau-Turbo angeworfen: Bochs Büroleiterin soll sich um das Pforzheimer Großprojekt Insel-Campus kümmern

Einen Sack Flöhe zu hüten, ist einfacher als diesen Gemeinderat: Da soll der für Finanzen zuständige Hauptausschuss nur noch das Geld freigeben für den Umbau des leerstehenden alten „Ratskellers“ in eine moderne, digitalisierungsfähige Poststelle für die Stadtverwaltung. Schon wachsen Zweifel daran, dass die Stadtpolitiker darüber inhaltlich bereits ausreichend im Bilde sind.

Martin Erhardt (CDU) will das Thema erst im fachlich zuständigen Ausschuss besprochen wissen. Und musste sich dann belehren lassen, dass es dort bereits behandelt wurde – und zwar vor drei Wochen. Und sich eine übergroße Mehrheit dafür ausgesprochen hatte. Natürlich wäre es im Sinn effizienter Arbeit des Stadtparlaments nett gewesen, wenn der Informationsfluss flösse und Martin Erhardt dies von einem der CDU-Stadträte berichtet worden wäre, die im Bauausschuss dabei waren. Zum Beispiel von, ... Moment, mal im Archiv nachschauen, ... ah ja, von Martin Erhardt.

Es wundert Beobachter nicht, wenn OB Peter Boch als Sitzungsleiter gelegentlich einen leicht ausdruckslosen, schwer zu deutenden Gesichtsausdruck bekommt. Schließlich verschwindet mit dem „Ratskeller“-Umbau ein langjähriger Leerstand – und Leerstände sind schlecht. Weswegen ja auch die Umplanung des Innenstadt-Ost-Investors ten Brinke Zustimmung findet: Tiefgaragen statt Einzelhandel will er bauen. Weil Parkfläche in Pforzheim seltener leer steht als Ladenfläche. Leere Läden aber sind schlecht fürs – Achtung – Stadtbild, wie der Vorsitzende der CDU-Gemeinderatsfraktion, Andreas Renner, sagt und seinem Parteivorsitzenden Friedrich Merz damit eine unfallrisikofreie Verwendung dieses Wortes vorführt.

Damit in Pforzheim aber auch mal ein Vorhaben ohne wiederholtes Diskutieren und Umplanen vorangeht, greift der OB zum Mittel der Chefsache – und zieht das Großprojekt Insel-Campus an sich. Na ja, nicht ganz an sich: Seine Büroleiterin Sabrina Härdtner soll es koordinieren. Nicht die erste wichtige Steuerungsfunktion, die sie übernimmt – die Entwicklung und Anwendung der Entscheidungsmatrix für die Verwendung der knappen städtischen Finanzmittel lag auch in ihrer Koordination. Diesmal fragte Stadtrat Christof Weisenbacher (WiP) nach dem Grund für Härdtners neue Zuständigkeit – es gebe ja schließlich ein Baudezernat. Einfache Antwort Boch: „Damit wir schnell vorankommen.“ So nämlich! So geht Bau-Turbo, liebe Bundesregierung. Gruß aus Pforzheim – einmal Vorbild statt Stadtbild.

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