

Dass der Konrad-Adenauer-Preis als „Oscar“ des Lokaljournalismus gilt, spiegelt sich auch in der Gästeliste der Preisverleihung wieder: In der Vergangenheit hatte schon der damalige Bundespräsident Horst Köhler die Gäste begrüßt, am Dienstagabend in Stuttgart übernahm diese Aufgabe Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert.
„Der Lokaljournalist weiß Dinge, die nicht einmal Google kennt“, hob der CDU-Politiker und Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung Lammert in seiner Begrüßung die Rolle des Lokaljournalisten auch in Zeiten des Internets hervor. Die Preisträger würden den Nachweis erbringen, warum guter Lokaljournalismus nötig und möglich ist. Sie hätten mit Sorgfalt und mutiger Recherche Dinge aufgedeckt, die die Welt sonst nicht erfahren hätte, die aber für unser Urteilsvermögen notwendig seien. „Übel erledigen sich nicht, indem man sie ignoriert, sondern indem man ihnen auf die Pelle rückt“, so Lammert.

Redakteure der Pforzheimer Zeitung mit Konrad-Adenauer-Preis ausgezeichnet
In Stuttgart fand die Preisverleihung statt, weil dort die Sieger des ersten Preises in der Hauptkategorie beheimatet sind: Dieser ging an die „Stuttgarter Zeitung“ und die „Stuttgarter Nachrichten“ für deren Recherche über einen Bandenkrieg zwischen türkischen und kurdischen Rockerclubs. Dank der „Pforzheimer Zeitung“ gab es einen baden-württembergischen Doppelsieg: Unter fast 400 Einsendungen erreichten PZ-Redakteur Simon Walter und Julia Falk – einst PZ-Mitarbeiterin, heute BNN-Redakteurin – Rang zwei. Insgesamt wurden zwölf Preise vergeben.
Während Falks Praktikum in der Lokalredaktion der „Pforzheimer Zeitung“ hatten sie und Walter alle etwa 4000 Pressemitteilungen analysiert, die das Polizeipräsidium Karlsruhe im Jahr 2016 veröffentlicht hatte. Anschließend verglichen der 32- und die 22-Jährige sie mit der Kriminalitätsstatistik, die in jenem Jahr rund 70.000 Straftaten erfasste. Ihre Ergebnisse erklärten sie in einer achtteiligen Serie. Darin erfuhren PZ-Leser etwa, dass sich die reale Kriminalität deutlich von der durch polizeiliche Mitteilungen vermittelte unterscheidet. Denn 2016 wurden nur 3,7 Prozent aller Straftaten in der Region in Pressemitteilungen vermeldet. Während die Öffentlichkeit häufig über Einbrüche informiert wurde, blieben Gewaltdelikte und Volksverhetzungen oft unerwähnt. Und wenn die Polizei in einer Pressemitteilung einen Tatverdächtigen beschrieb, war zehnmal häufiger von einem migrantischen als von einem deutschen Aussehen zu lesen. Schnappte sie einen Täter, wurde eine ausländische Herkunft 20-mal so oft genannt wie eine deutsche. „So entsteht bei vielen Lesern der Eindruck, dass fast nur Ausländer Straftaten begehen“, erläutert Walter. Das sei falsch. Denn obwohl Ausländer in der Kriminalitätsstatistik tatsächlich überrepräsentiert sind, werden in absoluten Zahlen mehr Deutsche straffällig. Das Urteil der Jury lautete deshalb: „Ein gelungenes Beispiel für lokalen Datenjournalismus und ein wichtiger Beitrag zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Informationen.“
Walter, der inzwischen das Digitalressort der „Pforzheimer Zeitung“ leitet, zeigte sich glücklich und stolz angesichts der Wertschätzung der journalistischen Arbeit im Lokalen durch den Konrad-Adenauer-Preis. Zwei bis drei Wochen hätten er und Falk in die nun preisgekrönte Serie investiert. „Das zeigt: Investigative Recherchen, aufschlussreicher Datenjournalismus und Texte, die etwas bewegen, kosten Zeit – und Geld“, so Walter. „Umso wichtiger sind heute Verleger, die nicht nur über die schwierigen Rahmenbedingungen klagen, sondern mutig genug sind, auch ins Personal zu investieren. Genauso wichtig sind aber Leser, die auch künftig bereit sind, Geld für Journalismus zu bezahlen – ganz egal, ob sie ihn auf Papier oder im Internet konsumieren.“
Schon mehrfach erfolgreich
Tatsächlich entspricht dies auch der Strategie des Pforzheimer Medienhauses. „Die Auszeichnung bestärkt uns, auch in Zukunft auf Qualitätsjournalismus zu setzen – sowohl in der gedruckten Tageszeitung als auch auf unseren digitalen Plattformen“, sagt Thomas Satinsky, Geschäftsführender Verleger der „Pforzheimer Zeitung“. In der Vergangenheit wurde die PZ schon mehrfach in verschiedenen Kategorie beim Lokaljournalistenpreis ausgezeichnet. Der zweite Platz ist die bislang höchste Auszeichnung beim bedeutendsten Journalistenwettbewerb für deutsche Tageszeitungen. „Der zweite Preis ist der großartige Lohn für eine großartige Arbeit zweier junger Journalisten“, sagt PZ-Chefredakteur Magnus Schlecht. Die gesamte Redaktion fühle sich dadurch motiviert, auch in Zukunft Inhalte zu produzieren, die bei Lesern, Usern und in der Branche auf große Resonanz stoßen. pz
Alle Artikel der preisgekrönten Serie „Verschwiegene Verbrechen“ auf einen Blick gibt es unter: www.pzlink.de/3rw