Autoaufbrüche vermeldet die Polizei überdurchschnittlich oft.

Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes
Pforzheim
Verschwiegene Verbrechen: So unterscheidet sich die gefühlte von der realen Kriminalität
  • Simon Walter und Julia Falk

Warum berichtet die „Pforzheimer Zeitung“ über manche Einbrüche - und über andere nicht? Warum schreiben die Redakteure nicht über die Schlägerei auf dem Straßenfest? Und warum wirkt es so, als begingen mehrheitlich Migranten Straftaten? Leserfragen wie diese haben die PZ zur siebenteiligen Serie „Verschwiegene Verbrechen“ animiert.

In der Serie wurden alle Polizei-Pressemitteilungen aus Pforzheim, Karlsruhe, dem Enzkreis, dem Kreis Calw und dem Landkreis Karlsruhe analysiert und mit der realen Kriminalität verglichen. Die zentrale Erkenntnis: Mit der Auswahl der Fälle über die sie berichten, sorgen die Beamten dafür, dass in der Öffentlichkeit ein verzerrtes Bild von Kriminalität entsteht. „Und die Wahrnehmung von Kriminalität hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter von der Realität entfernt“, sagt der Polizeisoziologe Rafael Behr. Denn nur 3,7 Prozent aller Straftaten, die das Polizeipräsidium Karlsruhe 2016 registrierte, fanden sich in Pressemitteilungen wieder. Denn eine Zeitung kann nur über Ereignisse schreiben, von denen sie erfährt. Dies passiert durch Redakteure vor Ort und über Hinweise aus der Bevölkerung, mehrheitlich aber durch die Meldungen der Polizei.

Am Anfang der Erhebung stand eine Zahl:

70 043

So viele Straftaten zählte die Polizei im Vorjahr in Pforzheim, dem Enzkreis, dem Landkreis Calw sowie in und um Karlsruhe. Schon dieser Wert macht deutlich: Die Beamten können nicht über jeden Fall berichten. Sonst müssten sie 192 Pressemitteilungen versenden – pro Tag. Doch über welche Delikte wird die Öffentlichkeit informiert? Und über welche nicht?

[Hier gibt es die sieben wichtigsten Erkenntnissen der Studie auf einen Blick]

Unfall, Einbruch, Geschwindigkeitskontrolle, Unfall, Einbruch… Wer die Presseaussendungen des Polizeipräsidiums Karlsruhe betrachtet, glaubt schnell, den Arbeitsalltag eines Polizisten in der Region zu kennen: Mehr als jeder zweite Fall, den die Beamten 2016 vermeldeten, war ein Verkehrsereignis oder ein Einbruch. Die Realität aber sieht anders aus: Zwar zählte die Polizei gut 35 000 Unfälle. Aber nur bei 4336 der über 70 000 Straftaten wurde eingebrochen. Deutlich häufiger wurden sonstige Diebstähle (22197) und Betrugsfälle (12915) angezeigt. In den Mitteilungen der Polizei ist von diesen aber fast nichts zu lesen: 35,7 Prozent aller Wohnungseinbrüche wurden im Vorjahr vermeldet, aber weniger als zwei Prozent der Körperverletzungen und Betrügereien und nur gut drei Prozent der Sachbeschädigungen.