Mirko Drotschmann
Mirko Drotschmann, vielen bekannt als MrWissen2Go, kommt am Mittwoch, 28. Mai, ins PZ-Forum.
ZDF/Dennis Weissmantel
Pforzheim
Mirko Drotschmann im PZ-Interview: "Viele verstehen Neutralität falsch"

Jungen Menschen wird oft nachgesagt, sie interessierten sich nicht mehr für Geschichte und Politik. Dabei kommt es wohl nur darauf an, wer es vermittelt – und wie. Das beweist Mirko Drotschmann. Besser bekannt ist er in den Sozialen Medien als MrWissen2Go. Auf seinem eigenen Youtube-Kanal folgen ihm 2,3 Millionen Menschen, auf dem gemeinsamen mit Terra X sind es weitere 1,4 Millionen. Am Mittwoch, 28. Mai, 17 Uhr, wird er zu Gast im PZ-Forum in Pforzheim sein. Ermöglicht wird das von der Jakob- und Rosa Esslinger-Stiftung der Pforzheimer Zeitung. Vorab hat er im PZ-Interview verraten, was er über KI denkt, wie man Schüler begeistert und was ihn persönlich am meisten interessiert.

PZ: Wie sieht ein normaler Tag im Leben von MrWissen2Go aus?

Mirko Drotschmann: Das ist das Schöne: Es gibt keinen normalen Ablauf, jeder Tag unterscheidet sich von dem anderen. Ich bin viel unterwegs: auf Drehs, in anderen Ländern für Vorträge oder Recherchen. Ich sitze aber auch viel am Schreibtisch. Es ist ganz bunt gemischt und das ist das Tolle.

Sie beschäftigen sich also den ganzen Tag mit Informationen. Aber was wissen Sie denn über Pforzheim?

Es ist auf jeden Fall die Goldstadt. Ich bin gebürtig aus Ettlingen, also gar nicht so weit weg. Als ich noch dort gewohnt habe, bin ich öfter in Pforzheim gewesen - vor allem zum Feiern (lacht).

Dann kennen Sie ja bestimmt auch die Geschichte der Goldstadt.

Tragisch. Es ist natürlich eine schöne Stadt gewesen, dann kam der Zweite Weltkrieg und Pforzheim wurde durch einen Luftangriff nahezu komplett zerstört. Das verbinde ich damit: Eine Stadt, der das Äußere genommen wurde, aber der Charakter, die Goldstadt zu sein, wurde erhalten. Als ich mal an einer Schule in Pforzheim gewesen bin, wurde mir eine Seife mit Blattgold geschenkt. Seit dem liegt sie bei mir zu Hause und ich traue mich gar nicht, sie zu benutzen. Gleiches gilt für eine Sektflasche mit Blattgold. Sie sehen, Pforzheim ist also an verschiedenen Orten bei mir zu Hause zu finden.

Gibt es denn auch etwas, das Sie nicht wissen?

Oh ja, sehr vieles. Man sagt ja auch: Man muss nichts wissen, man muss nur wissen, wo es steht. Das ist für mich ein Spruch, in dem einiges an Wahrheit steckt. Im Zeitalter des Internets kommt es nicht darauf an, Dinge auswendig zu lernen, sondern, dass man weiß, wo es steht und wie man es herausfindet. Außerdem sollte man Zusammenhänge verstehen und anwenden können. Aber, ganz klar: Ein Grundwissen ist trotzdem unabdingbar.

Bundeskanzlerin Merkel mit Youtubern
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), steht am 16.08.2017 in Berlin neben Youtuber Mirko Drotschmann.
picture alliance / Wolfgang Kumm/dpa

Brauchen wir dann überhaupt noch Allgemeinwissen?

Ich glaube schon. Die Dinge, die man im Netz findet, muss man ja auch einordnen können. Dafür braucht man das Allgemeinwissen und die Hintergründe. Sonst stellt einem das Internet ein Bein.

Zum einen ist es das Internet, aber eben auch KI, wie ChatGPT. Fühlen Sie sich dadurch in Ihrem Job bedroht?

Die Frage stelle ich mir auch oft. Es wird aber immer Menschen brauchen, die Inhalte für andere aufbereiten und weitergeben. Denn die KI hilft nur, wenn man weiß, wie man sie füttern muss. Und: Irgendjemand muss das „Futter“ ja auch erstellen. Egal wie gut eine KI ist, man merkt immer, dass da kein echter Mensch dahinter steckt. Und die menschliche Komponente ist nicht zu missachten. Ich finde, wir sollten KI also nicht als Feind sehen, sondern als Freund, der einem auch mal Arbeit abnehmen kann.

Der Bundespräsident verleiht Verdienstorden
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verleiht Mirko Drotschmann den Verdienstorden zum Tag der Deutschen Einheit.
picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Nicht nur die KI macht zum Teil Fehler, sondern auch Menschen. Sie auch?

Ja, absolut. Das kommt leider immer mal wieder vor und es ärgert mich sehr. Denn ein Video kann man nicht einfach ändern, wie einen Text. Da ist es schwieriger. Ich mache das dann immer so: Handelt es sich um einen kleineren Fehler wie eine falsche Zahl, dann pinne ich einen Kommentar nach ganz oben, dass ihn jeder sehen kann und weise auf den Fehler hin. Bei einem großen und gravierenden Fehler nehme ich das Video von der Plattform. Und diese Vorgehensweise finde ich auch wichtig.

Mussten Sie deshalb auch schon mal durch einen Shitstorm durch?

Ja, durchaus. Teilweise geht es dabei aber nicht nur um Fehler, sondern eher darum, dass Menschen eine andere Meinung haben. Manche Personen verstehen Neutralität falsch und denken, das sei nur erfüllt, wenn man ihrer Meinung ist. Das ist leider so, aber man darf sich davon nicht täuschen lassen. Diese Kommentare sind die repräsentativ, sondern zum Teil auch gesteuert. Zum Beispiel, wenn jemand den Link in eine Gruppe postet und alle zum Kommentieren aufruft.

Trotzdem werden sie von Millionen im Internet gefeiert. Hätten Sie sich in Ihrer Schulzeit selbst ein MrWissen2Go gewünscht?

Schlecht wäre es nicht gewesen. Ich hatte die Möglichkeit, Hörbücher zu nutzen, YouTube wurde aber erst in dem Jahr an den Start gebracht, als ich Abitur gemacht habe.

Deshalb die Idee für den YouTube-Kanal?

Nein, der Grundgedanke war eigentlich ganz egoistisch (lacht): Ich wollte mich mehr mit Geschichte beschäftigen. Ich habe in diesem Fach zwar ein Studium abgeschlossen, konnte es im Arbeitsalltag aber nur selten einsetzen. Dann habe ich angefangen, mir die Lehrpläne der einzelnen Bundesländer anzusehen und Videos über die Themen zu drehen. Schnell wurden dann Wünsche in den Kommentaren geäußert, auch zu aktuellen Themen. Wichtig war mir von Anfang an auch, Menschen für dieses spannende Fach zu begeistern und anderen eine kleine Hilfestellung zu liefern.

Wie begeistert man denn Schüler für diese Themen? Was ist das Geheimnis?

Ich glaube: Wenn man Begeisterung für etwas verspürt, dann kann man auch Begeisterung in anderen wecken. Wer für sein Fach brennt und mit Leidenschaft unterrichtet, kann auch das Feuer bei den Schülern entfachen. Neben dem Unterricht zum Beispiel auch durch Exkursionen oder Zeitzeugen.

Sie haben bereits viele Menschen getroffen und viel erlebt. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Oft sind es vor allem Begegnungen mit Menschen, die gar nicht so sehr in der Öffentlichkeit stehen. Ich habe zum Beispiel eine der Flugbegleiterinnen kennenlernen dürfen, die Zeitzeugen der Entführung des Flugzeugs „Landshut“ gewesen sind oder mit der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer gesprochen, die ja leider kürzlich verstorben ist. Bei den Erlebnissen weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Sehr einprägsam war zum Beispiel die Grabkammer von Tutanchamun im Tal der Könige in Ägypten. Ich durfte ganz nach unten und dort stehen, wo sich sonst kaum ein Mensch aufhalten darf. Aber da gibt es noch vieles mehr zu erzählen. Das machen wir dann beim nächsten Mal (lacht).

Wer noch mehr wissen und Mirko Drotschmann live erleben möchte, kann am Mittwoch, 28. Mai, ab 17 Uhr ins PZ-Forum, an der Poststraße 12 in Pforzheim kommen. Eine Anmeldung vorab ist nicht notwendig und die Veranstaltung ist kostenlos. Nach einem Vortrag von Mirko Drotschmann wird es noch eine anschließende Diskussion geben. Außerdem können sich die Besucherinnen und Besucher auf tolle Aktionen freuen.