
Leben retten wollte die Feuerwehr aus Pforzheim am Mittwoch – doch die Rettungsgasse auf der A8 war blockiert.
Meyer
Ein kilometerlanger Stau hielt die Autofahrer und Einsatzkräfte auf der A8 in Atem. Das große Problem: Die Rettungsgasse wurde nur unzureichend oder gar nicht gebildet.
MeyerBei einem schweren Unfall auf der A8 bei Heimsheim brannte am Mittwoch das Führerhaus eines Lkws komplett aus – nur durch das schnelle Eingreifen eines zufällig anwesenden Feuerwehrautos und dessen Besatzung konnte das Leben des Sattelzug-Fahrers gerettet werden. Möglicherweise wäre es sonst zu spät gewesen – denn die Rettungsgasse für die herbeigerufenen Kräfte von Feuerwehr und DRK wurde wieder einmal nicht korrekt gebildet.
Markus Frank, der als Einsatzleiter der Feuerwehr Pforzheim vor Ort war, findet für das Verhalten der Autofahrer kaum noch Worte. "Unsere Kollegen haben rund 15 bis 18 Minuten von der Auffahrt Süd bis zum Unfallort kurz vor der Auffahrt Heimsheim gebraucht – das ist immens lang", erklärt Frank gegenüber PZ-news. Die Fahrzeuge auf dem rechten Fahrstreifen seien einfach nicht ausgewichen. "Wir haben sogar einem Auto den Außenspiegel abgefahren", so der Feuerwehrmann weiter.
Glücklicherweise wurde der Lkw-Fahrer lebend aus seinem Fahrzeug gerettet, doch es war denkbar knapp: "Hinter dem Fahrer hat es schon gebrannt", berichteten die Feuerwehrleute aus Fellbach dem Einsatzleiter aus Pforzheim. Wären sie und eine zufällig im Stau stehende Ärztin nicht rechtzeitig zur Stelle gewesen – "wer weiß, was passiert wäre", so Frank, der noch einmal den guten und raschen Einsatz der Ersthelfer vor Ort loben möchte.
Er findet die Gesamtentwicklung auf deutschen Straßen und Autobahnen erschreckend. "Eigentlich sollte das inzwischen doch jeder wissen", meint Frank. "Denn wie man sich an einem Unfallort richtig verhält und wie man eine Rettungsgasse korrekt bildet, wurde vor allem in der jüngsten Vergangenheit sehr häufig in den Medien diskutiert".
Nicht nur die Medien berichten, auch die Rechtslage ist im Wandel: Bislang kostet das Blockieren der Rettungsgasse 20 Euro Bußgeld, doch in Zukunft könnte es teuer werden. Bis zu 320 Euro sind im Gespräch, außerdem könnte ein solches Verhalten am Unfallort weitere empfindliche Strafen nach sich ziehen.
Allgemein ist Markus Frank der Ansicht, dass sich die Gesellschaft in diesem Bezug sehr ignorant verhält – egal ob es wie beim vorliegenden Fall auf der A8 um die Rettungsgasse geht. Oder um Gaffer, die die Verunfallten in ihrer misslichen Lage fotografieren oder filmen. Oder gar um Gewalt gegen Rettungskräfte. Letzteres blieb Feuerwehr, DRK und Polizei in diesem Fall erspart. Doch als Autofahrer im Stau sollte man stets bedenken: Es geht um Menschenleben.
Auch die Polizei könne leider nicht so eingreifen, wie es manchmal nötig wäre, sagte eine Polizeisprecherin. Ein Beamter, der die im Stau stehenden Gaffer auf der Gegenfahrbahn filmte, um später Anzeigen erstatten zu können, habe berichtet, dass sich die Schaulustigen selbst durch einen uniformierten Polizisten mit Kamera nicht davon abhalten ließen, selbst weiter mit ihren Handys zu filmen und zu fotografieren. Gut möglich, dass die ersten Bilder und Videos der Schaulustigen schon in den Sozialen Netzwerken kursierten, bevor Feuerwehr und Notarzt am Unfallort eintrafen.
Leider habe die Polizei keinen mobilen Sichtschutz als Teil der Ausrüstung griffbereit, so die Polizeisprecherin. Und selbst vor der Uniform würden die Menschen heute kaum mehr Respekt zeigen. Gerade bei Gaffern wird es oft schwer, eine Strafe durchzusetzen. Beim A8-Unfall vor Heimsheim seien auffällig viele ausländische Autobahnnutzer durch die Handyfilmerei aufgefallen. Um hier ein Verfahren anzustrengen, müssten ausländische Behörden um Amtshilfe gebeten werden. Das könne sich ewig in die Länge ziehen und sei nicht immer von Erfolg gekrönt. In Deutschland werde der Fahrzeughalter angeschrieben. Und der kann sich in bestimmten Fällen auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Zuletzt sei die im Ordnungswidrigkeitenbereich liegende Strafe für Gaffer so gering, dass etliche folgenlos durchs Netz der Justiz rutschen.
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