
Rund 200 Faschismus-Gegner protestieren gegen knapp 20 rechtsextreme Fackelträger der NPD-Demo
Pforzheim. Der Aufmarsch der Rechtsextremisten am 23. Februar auf dem Wartberg ist ausgefallen. Schutzregeln gegen die Ausbreitung des Coronavirus haben ein Verbot ermöglicht. Vier Tage danach haben sich knapp 20 Mitglieder und Anhänger der rechtsextremen, verfassungsfeindlichen, aber in Deutschland nicht verbotenen Partei NPD unterhalb des Aufstiegs zum Wallberg getroffen. Doch zuerst formierten sich die Gegendemonstranten rund 250 Meter vom Treffpunkt der Rechtsextremen entfernt und durch Absperrgitter getrennt.
In der Spitze waren es wohl rund 200 Gegendemonstranten, wie Polizeisprecher Michael Wenz geschätzt hat. Die hatten sich bereits um 15 Uhr eingefunden - eine Stunde vor dem offiziellen Beginn der NPD-Veranstaltung. Unter den Gegendemonstranten waren auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast und die Landtagskanidatin Annkathrin Wulff (SPD) und Felix Herkens (Grüne) sowie Stadtrat Christof Weisenbacher (WiP/Die Linke). Das bürgerliche Lager der Faschismus-Gegner war recht gut vertreten.
Gerhard Brändle, ehemaliger Lehrer und Träger der Pforzheimer Bürgermedaille, wies in seiner Rede auf das Schicksal von über 3500 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in Pforzheim hin. Die Zahl derer, die durch den Bombenangriff zu Tode kamen, ist nicht bekannt. Auf der Gegenseite bei der NPD sprach Sven Skoda über das Wesen der heutigen Politik, deren Ursprünge von den Mächten gelegt worden seien, die die deutschen Vorfahren ermordet hätten. Zum Beispiel am 23. Februar 1945.
Bis 17.30 Uhr wollte die NPD an der Straße Auf der Wanne unterhalb des Wallbergs unter dem Motto „Gedenken an die Bombardierung am 23. Februar“ demonstrieren. Gerade einmal 20 Rechtsextreme hatten sich eingefunden, unter anderem um Fackeln anzuzünden, wie es die Gesinnungsgenossen in den Vorjahren immer auf dem Wartberg getan haben. Dies sei „der Gipfel der Geschmacklosigkeit“, so Oberbürgermeister Peter Boch im Vorfeld der Demonstration. Boch hätte diese Versammlung der Rechtsextremisten gerne untersagt, gleichwohl es keine reale Chance auf ein Verbot gegeben hätte.
Deutlich weniger Rechtsextreme als Gegendemonstranten
"Ihr habt den Krieg verloren", skandierten Faschismus-Gegner in Richtung der NPD-Anhänger. Zumindest was den Auflauf der Unterstützer der jeweiligen Lager angeht, haben die Rechtsextremen den Kürzeren gezogen. Etwa zehn Mal so viele Antifaschisten hatten den Weg unterhalb des Trümmerbergs gefunden.
Polizeiführer Peter Roth hatte vor Ort in einem Interview mit PZ-Redakteur Olaf Lorch-Gerstenmaier klar gemacht, dass der NPD-Aufmarsch um 17.30 Uhr beendet wird. Man wolle im schlecht beleuchteten Außengelände am Fuß des Wallbergs ein Aufeinandertreffen der beiden Gruppen in der dann bald aufziehenden Dunkelheit vermeiden. Tatsächlich hatten die Rechtsextremen rechtzeitig die Fackeln gelöscht und eingepackt. Auch bei der Gegendemonstration hatte Polizeisprecher Wenz schon vor 17 Uhr Auflösungserscheinungen festgestellt.
"Harmlos" und "friedlich" sei die Doppeldemonstration verlaufen. Das hat auch für den Abzug der beiden Gruppen gegelten. Beleidigungen oder Übergriffe, so Wenz, seien ausgeblieben. Auch seien keine Verstöße gegen die Corona-Schutzregeln zur Anzeige gekommen.
Wallberg-Plateau gesperrt
Der Pforzheimer Leiter des Ordnungsamtes, Wolfgang Raff, hat ebenfalls ein Auge auf den Verlauf der Aktionengerichtet. Der Aufstieg zum Wallberg ist für alle gesperrt. Der Trümmerberg entstand in seiner heutigen Form durch Auffüllung und Anhäufung mit dem Ruinenschutt der bombardierten Stadt. Daran erinnern auch die weithin sichtbaren Stelen auf dem Gipfelplateau des Wallbergs. Auf dem Gipfel wird gerade die Tragschicht erneuert.
Breites Bündnis der Antifaschisten
„Das ist wie ein Schlag ins Gesicht“, empörte sich Marianne Engeser, die Pforzheimer CDU-Fraktionsvorsitzende zur Anmeldung der NPD-Versammlung. Der CDU-Abgeordnete Gunther Krichbaum sprach von „widerlicher Propaganda“. Ziel der NPD sei der Umsturz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, ließ die SPD verlauten, an die mindestens eine Fahne im Kreis der demokratischen Gegendemonstranten erinnerte. Plakate und Banner verweisen auch auf die Antifa, Bündnis 90/Grüne, Die Linke, die Jüdische Gemeinde, Gewerkschaften, Bündnis Pforzheim Nazifrei und Omas gegen Rechts. Dass ausgerechnet eine Partei, die in der Tradition des Nationalsozialismus stehe, auf dem Wallberg demonstrieren will, verhöhne die Opfer, hieß es in einem Protest des Bündnisses Pforzheim Nazifrei und des Rats der Religionen.