
- Marek Klimanski, Claudius Erb, Olaf Lorch-Gerstenmaier und Magnus Schlecht
Pforzheim. Von Erschütterung und Wut über den Blick nach vorne bis zu Schweigen reichen Reaktionen von Gemeinderatsfraktionen nach Bekanntwerden der Entwicklung bei den Stadtwerken Pforzheim (SWP). Deren Aufsichtsrat hatte wie berichtet am Mittwoch infolge eines Gewinneinbruchs beschlossen, für 2019 nicht wie geplant 6,5 Millionen Euro Gewinn an die Stadt auszuschütten.
OB Peter Boch will das Loch durch Steuermehreinnahmen ausgleichen. Dieses Plus hatte sich, wie ein Kassensturz am Dienstag ergab, innerhalb des letzten Quartals 2018 um acht von 25 auf 33 Millionen Euro erhöht, was ansonsten erst in etwa drei Wochen beim Jahresabschluss 2018 bilanziert worden wäre. Bereits in den Vorjahren hatte der Abschluss ein Plus erbracht.
Am Freitagnachmittag fand hinter verschlossenen Türen ein Treffen des Gemeinderats statt, in dem nach PZ-Informationen verschiedene Möglichkeiten skizziert wurden, mit dem Sachverhalt umzugehen. Die Teilnehmer verpflichteten sich zum Stillschweigen über die Sitzung und wollten sich danach zu der Thematik allenfalls grundsätzlich äußern.
„Für den Haushalt ist es eine Katastrophe“, kommentierte zur Mittagszeit noch vor der Sitzung die CDU-Fraktionsvorsitzende Marianne Engeser. „Wir müssen alles dafür tun, dass das Unternehmen SWP gesundet.“ Es gehe darum, dass die Stadtwerke so rasch als möglich wieder Gewinn an die Stadt ausschütten könnten. Man brauche das Geld für Bäder und Linienbusverkehr. „Die Lage ist schwierig“, sagte Engeser, aber die Stadtwerke stünden keineswegs am Abgrund, und es wäre fatal, wenn bei Kunden oder Geschäftspartnern dieser Eindruck entstünde. „Es hat uns heftig getroffen, wir müssen es aufarbeiten und schauen, wie wir mit Blick auf den Haushalt damit umgehen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Fuhrmann.
„Der Kämmerer braucht offensichtlich nur an der Stadtkasse zu schütteln, und es fallen acht Millionen raus“, heißt es in einer Mitteilung der FDP-/FW-Fraktion ebenfalls vom Freitagmittag. „Dem Gemeinderat erzählt man aber, man könne die Gewerbesteuer nur um fünf Punkte senken, wenn man das Bad in Huchenfeld bauen wolle, und der Gemeinderat müsse das Emma-Jaeger-Bad schließen, wenn er das Wartbergbad erhalten will“, so der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke (FDP). Man glaube auch nicht, dass nächstes Jahr wieder eine Ausschüttung fließe, und rede im Doppelhaushalt deshalb über 13 statt um 6,5 Millionen Euro, die zu ersetzen seien, so Fraktionsvize Michael Schwarz (FW). Die Fraktion bestehe auf der vollen Gewerbesteuersenkung um zehn Punkte, nicht nur um fünf. Mit Blick auf „Indiskretionen“ aus der internen SWP-Aufsichtsratssitzung, durch welche die Pforzheimer Öffentlichkeit von dem Thema erfahren hatte, wollte sich der AfD-Fraktionsvorsitzende Bernd Grimmer gestern gar nicht äußern, sondern kündigte dies für einen passenden späteren Zeitpunkt an.
Wiedemann denkt an Anzeige
SWP-Betriebsratschef Henry Wiedemann zeigte sich gestern erbost: Es gebe offensichtlich eine undichte Stelle innerhalb des Aufsichtsrats. Der Betriebsrat halte es für keinen Zufall, „dass unternehmensinterne Vorgänge in eindeutig rufschädigender Absicht nach außen getragen werden, bevor unsere Kolleginnen und Kollegen informiert werden, und das wiederholt und systematisch“. Wiedemann, der ohne Stimmrecht an Aufsichtsratssitzungen teilnimmt, betonte, dass alle Mitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die Weitergabe von Informationen sei nicht nur eine Vertrauensverletzung, sondern stelle auch eine Straftat dar. „Der Betriebsrat behält sich vor, Strafanzeige zu stellen“, so Wiedemann.
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Stadtwerke machen deutlich weniger Gewinn - Stadt fehlen 6,5 Millionen Euro