
Pforzheim. „Der Angeklagte ist seit zwei Jahren auf Ausbildungssuche und kennt keine feste Tagesstruktur. In der Tatnacht hatte er Alkohol im Blut. Es lässt sich eine jugendtypische Persönlichkeit mit Reifeverzögerung durch soziale Umstände feststellen“, lautete die Beobachtung der Jugendgerichtshelferin. Der 19-jährige Anwar K. (Name geändert) ist wegen Brandstiftung an einem parkenden Auto in der Nähe des Turnplatzes im vergangenen Jahr angeklagt. Der deutsche Staatsbürger soll Zeitungspapier unter ein vorderes Rad des Wagens gelegt haben und es daraufhin angezündet haben.
Nun hat das Jugendschöffengericht den Pforzheimer trotz Forderung auf Freispruch seitens seines Verteidigers Stefan Rothenstein zu einer zehnmonatigen Jugendstrafe mit zwei Jahren Bewährungszeit und 100 Sozialstunden verurteilt. Anhaltspunkt für Richterin Stephanie Gauß und die zwei Schöffen war hierbei eine sehr ausführliche Schilderung eines Zeugen, die den Angeklagten eindeutig belastet.


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Zeitungspapier für Brandstiftung verwendet
Zunächst wurden zwei Mitarbeiter des Kriminalkommissariats und ein Polizeibeamter befragt, die sich mit der Aufklärung des Falles befasst haben. Zwar habe sich sowohl aus der Blutprobe des Beschuldigten als auch bei der Untersuchung auf Spuren, wie etwa Ruß, nichts ergeben, doch dies sei nicht untypisch, denn bei der Brandstiftung wurde Zeitungspapier und kein Grillanzünder oder ähnliche Brandbeschleuniger verwendet, so der Polizist. Alle drei Befragten beriefen sich aber auf die Aussage des Spaziergängers Gerald B., der in dieser Nacht dem Beschuldigten gefolgt war und die Polizei gerufen hatte.


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Bizarre Nacht in Pforzheim
B., welcher auch in den Zeugenstand berufen wurde, berichtete den Richtern von der bizarren Nacht: Beim nächtlichen Spaziergang mit seinem Hund hatte der 63-Jährige gegen 3 Uhr morgens eine verdächtig wirkende Person mit einer Manschette am Unterarm und einer auffälligen roten Hose gesehen, die hin und her lief und immer wieder hinter dem Wagen verschwand. Kurze Zeit später war B. ein Lichtschein am Fahrzeug aufgefallen. Als er daraufhin den Notruf verständigte, knallte es laut. Mit dem Notruf an der Leitung verfolgte der Spaziergänger Anwar K. bis zum Messplatz, wo der Flüchtende von Polizeibeamten festgenommen wurde. K. stritt die Tat ab, konnte der Polizei jedoch kein Alibi liefern.
„Für uns kommt es sehr darauf an, wie sicher Sie mit ihrer Beobachtung waren“, sagte Richterin Gauß. Verteidiger Stefan Rothenstein führte an, dass Gerald B. weitere Personen übersehen haben könnte, doch dieser berichtete nur von drei weiteren Personen: einer Flaschensammlerin und einem Paar. Laut der Kriminalkommissarin hatte das Paar auch einen Mann mit roter Hose gesehen, was sich wiederum mit der Bs Aussage deckte. Dies überzeugte Staatsanwältin Christine Rosinki, die eine Jugendstrafe von zehn Monaten mit Bewährung und Sozialstunden statt einer Geldstrafe forderte. Das Gericht stimmte mit seinem Urteil der Staatsanwaltschaft zu.