Politische Fragen stehen immer häufiger vor Gericht.
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Politik
Alles, was recht ist: Immer häufiger landen politische Fragen vor Gericht

Die Regierung tut zu wenig für den Umweltschutz? Das verletzt unsere Menschenrechte, sagt eine Gruppe Schweizerinnen und klagt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Fridays for Future-Vertreterin Luisa Neubauer hält das Klimaschutzgesetz für unzureichend und erstreitet über das Bundesverfassungsgericht Nachbesserungen.

Ein Kommentar von PZ-Redakteur Sven Bernhagen

Wenn sich im politischen Prozess keine Mehrheiten finden, versuchen Aktivisten immer häufiger, über strategische Klagen gesellschaftliche Veränderungen zu erzwingen. Berichten zufolge hat sich die Zahl der Umwelt- und Klimaklagen in den letzten fünf Jahren weltweit vervierfacht.

Gerade erst hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen Pforzheim geklagt. Sie sieht die Lärmschutzrechte von Anwohnern verletzt, weil die Stadt teils Tempo 30 wieder aufheben will. Aber geht es wirklich um die Gesundheit der Menschen vor Ort oder vielmehr um die Durchsetzung ideologischer Ziele?

Es mag das gute Recht der Kläger sein – aber es sind auch erzwungene Vorgaben vorbei an Gremien, die gewählt wurden, um solche Sachen im Sinne der Bevölkerung zu entscheiden. Gegen das herrschende gesellschaftliche Klima versucht eine Minderheit so, der Mehrheit ihre Vorstellung von der Welt zu diktieren. Das ist zutiefst undemokratisch.

Während gewählte Gremien Auswirkungen auf verschiedenste Lebensbereiche, auf wirtschaftliche Belange oder das gesellschaftliche Klima im Blick haben, entscheiden Gerichte mehr oder weniger nur auf einer eng begrenzten Sachebene. Ein Richter urteilt, ob eine rechtliche Vorgabe eingehalten wird – er fragt nicht, ob sie auch sinnvoll ist. Und im schlimmsten Fall schafft der Gesetzgeber Regelungen, um die richterlichen Vorgaben doch wieder legal umgehen zu können. So gewinnt niemand etwas.

Der Sache erweisen die Kläger damit einen Bärendienst. Denn wenn sich Wähler gegängelt fühlen und sich nicht mehr in demokratischen Prozessen vertreten sehen, werden sie sich politischen Parteien zuwenden, die sagen: Schluss mit dem Klimaschutz-Nonsens: Wir schaffen die Gesetze wieder ab und steigen aus entsprechenden internationalen Verträgen aus. Weit hergeholt? Mitnichten! Man muss nur mal in die USA und auf Donald Trump schauen.

Am Ende funktionieren Veränderungen nur, wenn sie nicht aufgezwungen werden, sondern wenn ein breiter gesellschaftlicher Konsens hergestellt und politisch umgesetzt wird. Auch wenn das natürlich mühsamer ist, als zu klagen.