Schnee, Eis, Sturm - für schottische Hochlandrinder kein Grund, sich unbehaglich zu fühlen. Deswegen dürfte es den beiden zwischen Neuhausen und Lehningen von einer Weide entlaufenen Rindern aktuell in der neuen Freiheit recht gut gehen. 

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Keine neue Spur: Schwierige Jagd nach entlaufenen Hochlandrindern
  • Thomas Kurtz

Neuhausen. „Wenn die sich ins Gebüsch stellen, sieht man sie nicht mehr.“ Schottische Hochlandrinder seien zwar deutlich größer als Rehe, aber deswegen im Grün des Waldes nicht leichter zu finden. Carsten Schwarz, Förster des Pforzheimer Wildparks, spricht mit einigem Respekt und einer gewissen Portion Zuneigung von den zotteligen Wesen mit dem großen Hörnern, die als gutmütige Riesen die kleinen Besucher im Wildpark begeistern und als Weideflüchtlinge gerade die Gegend um Neuhausen, Steinegg, Lehningen und Mühlhausen unsicher machen. Von vier am Montag ausgebüxten Tieren sind schon zwei wieder zurück im Stall.

Die erst frisch erstandenen und unbeschadet zurückgekehrten Rinder wären wohlauf und würden sich nun an ihre neue Umgebung gewöhnen, sagt der Tierhalter. Er baue behutsam Kontakt auf und gewinne so immer mehr ihr Vertrauen. Mit diesen zwei Tieren ist also alles in Ordnung.

Die beiden anderen sind theoretisch eine Gefahr. Nicht wirklich beim direkten Kontakt mit Menschen, da die Tiere, so Schwarz, zum einen scheu, zum anderen „friedlich und gemütlich“ seien. Aber wenn so ein Hochlandrind auf die Straße läuft, ist der Wiederkäuer ein echtes Risiko für den Straßenverkehr. Deshalb wird nach den beiden noch frei herumlaufenden Tieren gesucht. Sichtungen gab es bis zum Donnerstagabend keine. Wer die beiden schottischen Hochlandrinder gesehen hat, soll sich an die Polizei wenden. Die Beamten benachrichtigen dann Förster und Tierhalter.

Da der Besitzer seine beiden Rinder wieder zurückhaben will und damit auch bereit ist, die Haftung für Schäden zu verantworten, können sie nicht einfach von einem Jäger abgeschossen werden. Erst wenn sie als „herrenlos“ deklariert werden, können sie von Jägern ins Visier genommen werden. Aber der Besitzer hängt an seinen Tieren und will sie lebend zurück. Die Polizei darf übrigens auch ohne Genehmigung schießen, wenn sich gerade eine akute Notfallsituation ergibt, in der dann aber möglichst keine Menschen durch Polizeikugeln gefährdet sein sollen.

Mitleid müsse man mit den von einer Weide zwischen Neuhausen und Lehningen ausgebrochenen schottischen Hochlandrindern angesichts des winterlichen Wetters nicht haben, sagt Schwarz. Die sonst im kalten, nassen, zugigen Schottland heimischen Hochlandrinder würden sich bei diesem Wetter durchaus wohl fühlen. Sie sind ja bewusst als Rasse gezüchtet worden, die ohne Stall auskommt und solche Wetterbedinungen meistert. Außerdem seien sie genügsam. Erstes frisches Grün würde schon an einigen Stellen sprießen. Verhungern würden die Tiere in unseren Breiten also nicht, so Schwarz. Und Wasser finden sie auch. Nagold und Würm sind nicht weit weg.

Futterlockstellen würden keinen Sinn machen, zumal ja jemand dort auf Lauer liegen müsste. Außerdem müssten die Tiere erst einmal die Gegend erkunden, da sie so kurz nach der Flucht nocht etwas orientierungslos seien. Zwar sei der Wald im Winter durch fehlendes Blattwerk leichter einsehbar, aber es wäre immer noch schwer genug, die Tiere zu entdecken, so Schwarz. Auch Suchhunde können ohne konkreten Geruchsvorgabe oder ohne Training auf Hochrind-Fährten nicht hilfreich sein bei der der Ausreißersuche.

Wenn es denn eine viel versprechende Sichtung gebe, würde Schwarz auf Abruf bereit sein. Der Jäger verfügt über ein Betäubungsgewehr und die nötige Erfahrung. „Das Zielen und Schießen mit so einem Gewehr ist schwieriger als mit einer normalen Jagdwaffe“, erklärt Schwarz. Schließlich wird hier keine Kugel abgefeuert, sondern ein Pfeil, und „der fliegt deutlich langsamer“. Zu schnell darf der Pfeil nicht auf den Tierkörper treffen, wenn das Betäubungsmittel optimal in den Körperkreislauf kommen soll. Dafür kann das Rind das Zischen des Pfeilschusses eventuell hören und sich vielleicht noch so bewegen, dass der Schuss daneben geht.

„Maximal 20 Meter Abstand“ will Schwarz zu den Hochlandrindern haben, wenn er auf seinem Betäubungsgewehr abdrückt. Alles soll passen. Insbesondere auch zum Wohl des Tieres. Leicht wird das nicht, denn die Jagd auf die beiden Ausreißer kann nicht klassisch vom Hochsitz aus geschehen. Schwarz muss sich im Wald bewegen, muss die Windrichtung prüfen, gegen den Wind anschleichen und dann so nahe herankommen, dass der Betäubungspfeil zielgenau und effektiv trifft. Wenn es denn Wind, Gelände und die wachen Sinne des Tieres zulassen.

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