Marvin Bayer 2
Marvin Bayer.
Meyer
Region
Schutzengel mit starken Nerven: Wimsheimer Marvin Bayer spricht über seine lebensrettende Heldentat

Wimsheim. Es gibt Menschen, die ruhig bleiben und einen kühlen Kopf bewahren – auch, wenn die Lage völlig unvorhergesehen stressig wird. Zu dieser Sorte gehört Marvin Bayer aus Wimsheim, dessen besonnener Einsatz kürzlich einem Mann nach einem schweren Herzinfarkt das Leben rettete. Wie berichtet, wollte der 25-Jährige eigentlich einkaufen gehen, als er den Mann im Lebensmittelmarkt bewusstlos am Boden liegen sah und sofort handelte – Herzdruckmassage inklusive.

Er hat zwar seit dem Führerschein keinen Erste-Hilfe-Kurs mehr gemacht, aber zufällig vor kurzem ein Buch gelesen, in dem es in einem Kapitel um die Erste Hilfe ging. Rein theoretisch wusste er also, was zu tun war. Aber praktisch?

„Die ganzen Einzelheiten hat man in diesem Moment natürlich nicht parat“, räumt der junge Mann ein. Aber ein Punkt aus dem Buch hatte sich ihm eingeprägt: „In so einem Fall entscheiden die ersten Minuten über Leben und Tod. Es ist wichtig, dass man sofort anfängt, etwas zu tun.“ Und so handelte der Wimsheimer umgehend: Stabile Seitenlage, Puls überprüfen, Herzdruckmassage.

Marvin Bayer 1
Marvin Bayer.
Meyer

"Es hilft, wenn man ruhig bleibt."

Marvin Bayer

Er habe zwar gespürt, dass sein Adrenalinpegel gewaltig steigt, erzählt er. Dennoch blieb er umsichtig. Und während er sich um den Mann kümmerte, fielen ihm auch die Einzelheiten aus dem Buch wieder ein. Er fand den richtigen Punkt am Brustkorb, er drückte 30 Mal, bevor er den Bewusstlosen zwei Mal beatmete. Kurz: Er machte das so professionell, dass die Notfall-Sanitäterinnen ihn fortfahren ließen, bis sie den Defibrillator einsatzklar gemacht hatten.

Sie waren beeindruckt von dem Vorgehen des 25-Jährigen, der bescheiden meint: Jeder könne so handeln. „Aber es hilft, wenn man ruhig bleibt.“ Eine solche Extremsituation habe er zwar noch nicht erlebt, berichtet Bayer, der im Rutesheimer Verein Tischtennis spielt. Aber es sei immer mal wieder hilfreich gewesen, einen kühlen Kopf zu behalten. Sei es nun beim dualen Studium von Maschinenbau und Wirtschaft, bei der Arbeit bei einem Stuttgarter Automobilhersteller, oder auch bei den Studienaufenthalten in Schweden, Japan oder den USA. „Ich probiere gerne Neues aus, das gilt auch fürs Essen“, erzählt er. „Aber bei manchen Dingen, die es in Japan gab – da musste man schon die Ruhe bewahren.“ So zum Beispiel bei unbekannten kleinen Tintenfischen im Sushi oder wenn es zum Frühstück frische Algen gab. Auch hier hat sich seine Besonnenheit bewährt. „Ich habe mich darauf eingelassen und es hat gut geschmeckt.“ Man könne überall Erfahrungen sammeln.

In Japan habe ihn die Ruhe der Menschen beeindruckt, die erst nachdenken, bevor sie handeln. In Schweden gefiel ihm die Lebensart, die beispielsweise bei der obligatorischen Teepause zum Ausdruck kam, bei der es süße Stückchen für die Studenten gab: Jeder sollte nur so viel nehmen, dass es auch noch für die anderen reicht. „So kann man etwas dazu lernen, wenn man offen ist“, meint Marvin Bayer, der sein Studium mittlerweile abgeschlossen hat. Er wird das sicherlich auch weiterhin mit Besonnenheit tun – egal, wohin ihn seine berufliche Zukunft verschlägt. Ein privater Punkt ist schon jetzt fest geplant: Er möchte den Mann treffen, dem er das Leben gerettet hat. „Er und seine gesamte Familie haben sich bei mir bedankt“, so Bayer, der über WhatsApp Kontakt hält. „Wenn er seine Reha beendet hat, wollen wir zusammen essen gehen.“

Keine Angst vor dem Defibrillator: Das Gerät erklärt dem Nutzer genau, was zu tun ist:

Neben der Herzdruckmassge, die Marvin Bayer so beherzt ausgeführt hat, kam auch ein Defibrillator zum Einsatz: Die Fachleute vom Roten Kreuz holten den Patienten damit ins Leben zurück. Solche Geräte, im Fachjargon Defi genannt, sorgen bei Kammerflimmern per Elektroschock dafür, dass wieder ein geordneter Herzschlag beginnen kann. Dabei kommt es auf eine schnelle Behandlung an.

"In praktisch jeder Gemeinde im Enzkreis und in Pforzheim sind Defibrillatoren zu finden."

Daniela Kneis, Pressesprecherin beim DRK-Kreisverband Pforzheim-Enzkreis

Deshalb gibt es inzwischen im öffentlichen Raum viele solcher Geräte, die auch von Laien bedient werden können. „In praktisch jeder Gemeinde im Enzkreis und in Pforzheim sind Defibrillatoren zu finden“, berichtet Daniela Kneis, Pressesprecherin beim DRK-Kreisverband Pforzheim-Enzkreis. Sie hängen unter anderem in Rathäusern, Sporthallen oder Bankfilialen, auch in größeren Einkaufszentren sind sie vorhanden. Deshalb sollte man im Notfall zum einen sofort mit einer Herzdruckmassage beginnen. Und zum anderen eine weitere Person beauftragen, die den Notarzt informiert und nach einem Defi fragt.

"Man kann dem Patienten nicht schaden, aber sein Leben retten."

Kneis

Niemand müsse Angst haben, dabei etwas falsch zu machen, so Kneis. Ist das kleine Gerät erst einmal eingeschaltet, erklärt es dem Benutzer ganz genau, was zu tun ist - per Sprachausgabe oder über einen Monitor. Der Defi misst selbständig die Herzströme und zeigt an, ob ein Elektroschock nötig ist. Daniela Kneis betont: „Man kann dem Patienten nicht schaden, aber sein Leben retten.

Das DRK Pforzheim-Enzkreis bietet Defi-Kurse an, Infos unter www.drk-pforzheim.de/erstehilfe-kv.html. Einen Film über die Anwendung gibt es bei YouTube.