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Wimsheim. Eigentlich wollte Marvin Bayer nur einkaufen gehen. Doch diesen Besuch im Wimsheimer Edekamarkt am 26. Juni wird der 25-Jährige wohl nicht mehr vergessen: Denn Bayer rettete einem Mann nach einem Herzinfarkt das Leben.
Im Bereich der Warenanlieferung sah der 25-Jährige eine Person am Boden liegen, daneben zwei Frauen, die einen Notruf absetzten.
"Und drei Tage vorher hatte ich zufällig in einem Buch über das Thema Überlebenstraining erst ein Kapitel zum Thema Erste Hilfe gelesen. Ich hätte nie gedacht, dass ich das so schnell brauchen könnte."
Marvin Bayer
Bayer eilte zu ihnen und drehte den Mann in die stabile Seitenlage, sprach ihn laut an, rüttelte an ihm – doch weder kam eine Reaktion, noch konnte er einen Puls fühlen. "Und drei Tage vorher hatte ich zufällig in einem Buch über das Thema Überlebenstraining erst ein Kapitel zum Thema Erste Hilfe gelesen. Ich hätte nie gedacht, dass ich das so schnell brauchen könnte", sagt der Hochschulabsolvent.
Herzdruckmassage bis zum Eintreffen der Sanitäter
Sofort begann er mit der Herzdruckmassage. Inzwischen rückten ein Team vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Tiefenbronn und ein Rettungshubschrauber mit Notarzt nach Wimsheim aus. "Die umstehenden Leute haben wir erstmal weggeschickt", erinnert sich Rettungssanitäterin Uta Schaber. "Du machst aber weiter", baten sie und ihre Notfallsanitäter-Kollegin Sabrina Sauer den engagierten Ersthelfer. Die beiden Frauen machten die für eine Reanimation benötigte medizinische Ausstattung einsatzklar und lösten Bayer nach einer knappen Minute ab.


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Erste Diagnose: Kammerflimmern. Der Defibrillator schockte den Patienten – gerade mal Jahrgang 1973 – drei Mal. Dann stabilisierte sich der Kreislauf allmählich. Im Krankenhaus wurde schließlich festgestellt, dass der Mann einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte.
Lob von DRK und Polizei
Sauer und Schaber war es wichtig, Ersthelfer Bayer im Nachhinein noch einmal bewusst zu machen, was sein beherztes Handeln bewirkt hat. Da die beiden DRK-Mitarbeiterinnen noch nie einen so engagierten Ersthelfer erlebt hatten, der nicht nur schnell, sondern auch von der Ausführung her optimal gehandelt und sie auch im Nachhinein noch an der Einsatzstelle unterstützt hatte, wollten sie ihn als Zeichen der Wertschätzung zu sich in die Rettungswache einladen.
"Insbesondere bemerkenswert ist, dass Ersthelfer sofort fachgerecht Hand anlegen, statt wie gewohnt sensationslustig ihr Handy zum Filmen zücken."
Polizeipressesprecher Frank Otruba
Dank einer Nachfrage bei der Polizei konnte der Kontakt zu Marvin Bayer herausgefunden und so ein Treffen im Nachhinein ermöglicht werden. "Insbesondere bemerkenswert ist, dass Ersthelfer sofort fachgerecht Hand anlegen, statt wie gewohnt sensationslustig ihr Handy zum Filmen zücken", merkt Polizeipressesprecher Frank Otruba an.
Dem Mann geht es inzwischen besser
In der Tiefenbronner Rettungswache war dann Zeit, sich über das Erlebte noch einmal auszutauschen. "An Corona habe ich in der Hektik gar nicht gedacht. Ich wollte nur helfen und habe einfach gehandelt. Und ich war so froh, dass ich dazu klare Anweisungen bekommen habe", sagt Bayer. Er erfuhr von den DRK-Einsatzkräften zudem, dass es dem reanimierten Mann inzwischen besser geht und er mittlerweile von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt werden konnte.
Mit leeren Händen ging der 25-Jährige nicht nach Hause: Von DRK-Rettungsdienstleiter Herbert Mann gab es unter anderem einen Gutschein für einen Erste-Hilfe-Kurs – denn seinen ersten und letzten hatte Bayer im Rahmen seines Führerscheins absolviert.


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Angst vor Corona-Ansteckung bei der Ersten Hilfe: Das sind die Tipps des DRK
Seit knapp einem Monat finden beim DRK-Kreisverband Pforzheim-Enzkreis wieder Erste-Hilfe-Kurse statt – mit hohen Auflagen, weniger Teilnehmern und natürlich dem entsprechenden Sicherheits-Abstand. Der Umgang mit dem Coronavirus ist auch dort ein Thema.
"Die gesetzliche Pflicht zur Ersten Hilfe besteht auch trotz des Risikos einer Ansteckung, jedoch gibt es in der aktuellen Situation einige Besonderheiten."
DRK-Bundesarzt Peter Sefrin
Für die meisten ist Helfen im Notfall eine Selbstverständlichkeit. Doch die Corona-Pandemie verunsichert viele Menschen. Auch jetzt gilt: Jede und jeder kann und muss im Maße der Zumutbarkeit und ohne erhebliche eigene Gefahr Hilfe leisten. „Die gesetzliche Pflicht zur Ersten Hilfe besteht auch trotz des Risikos einer Ansteckung, jedoch gibt es in der aktuellen Situation einige Besonderheiten“, sagt DRK-Bundesarzt Peter Sefrin. Hilfreiche Tipps haben er und Wolfgang Kramer, Präsident des DRK-Keisverbandes Pforzheim-Enzkreis und zugleich Landesarzt des DRK-Landesverbandes Baden-Württemberg, parat:
- An erster Stelle steht immer die eigene Sicherheit, gerade jetzt, da mit der Ansteckungsgefahr ein zusätzliches Risiko besteht. Wenn möglich, sollte der Mindestabstand von 1,50 Metern gewahrt werden, dies liegt jedoch im Ermessen der helfenden Person. Wenn näherer Kontakt notwendig ist, zum Beispiel bei Verletzungen, sollten Mund und Nase der hilfebedürftigen Person mit einem Tuch abgedeckt und auch das eigene Gesicht geschützt werden.
- Unabhängig von der Distanz ist es auch eine wesentliche Erste Hilfe, wenn immer möglich, den Notruf 112 anzurufen und mit dem Betroffenen zu kommunizieren: beruhigen, darüber informieren, dass Hilfe unterwegs ist und so lange bleiben, bis der Rettungsdienst vor Ort ist.
- Bei einem Herz-Kreislaufstillstand sollten in der aktuellen Situation auf die Mund-zu-Mund-Beatmung verzichtet und nur die Herzdruckmassage durchgeführt werden (100- 120 Mal pro Minute) – und zwar solange, bis der Rettungsdienst übernimmt.
- Der Helfer sollte den Einsatzkräften die eigenen Kontaktdaten geben, um erreichbar zu sein, für den Fall, dass bei der betroffenen Person nachträglich eine infektiöse Erkrankung festgestellt wird.
- Menschen, die zu einer Risikogruppe zählen, sollten grundsätzlich zu Hause bleiben. Werden sie dennoch draußen Zeuge eines Notfalls, müssen sie abwägen, ob Hilfeleistungen an Fremden unter Rücksichtnahme auf die eigene Sicherheit möglich sind.
- Ein Risikopatient mit Symptomen sollte an einem Patienten keine direkte Erste Hilfe leisten, sondern sich auf die Organisation der Hilfe beschränken und den Notruf 112 wählen.
Infos zu den Kursen gibt es unter www.drk-pforzheim.de/erstehilfe-kv.html
