Das Reizdarmsyndrom kann den Alltag stark beeinträchtigen. Menschen kämpfen dabei mit Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Aber wie wird ein Reizdarmsyndrom festgestellt - und welche Diagnostik ist sinnvoll?
Prof. Dr. med. Oliver Bachmann, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin 1 des Siloah St. Trudpert Klinikums, gibt zusammen mit Dr. med. Anna Lipinski am Dienstag, 1. Oktober um 18 Uhr im Siloah Forum hilfreiche Tipps, unter anderem zu:
1 Diagnostik
Einerseits ist es wichtig, die Diagnose ohne größere Verzögerung zu stellen und dabei andere Magen-Darm-Erkrankungen auszuschließen, da die beklagten Beschwerden nicht spezifisch für das Reizdarmsyndrom sind und auch bei anderen Erkrankungen der Bauchorgane auftreten können. Hierbei kommt es auf die richtigen Untersuchungen an: „Häufig werden Tests durchgeführt, die wissenschaftlich nicht anerkannt sind, und die von den Betroffenen selbst gezahlt werden müssen – insbesondere bei der Diagnostik von Unverträglichkeiten und bei Stuhlanalysen“, so Prof. Bachmann.
2 Ernährung
„Eine wichtige Säule im Umgang mit dem Reizdarmsyndrom ist die Ernährung“, erklärt der Chefarzt. Er empfiehlt Betroffenen, bei Verdacht auf Unverträglichkeiten ein Diät-Beschwerde-Tagebuch zu führen. „Allerdings sind tatsächliche Allergien auf Nahrungsmittel deutlich seltener als allgemein angenommen.“ Grundsätzlich ist auch die Vermeidung von Nahrungsmitteln, die sogenannte „FODMAPs“ enthalten, wie etwa Hülsenfrüchte, Getreide und Zwiebeln, eine mögliche Therapieform des Reizdarmsyndroms. Diese sollte jedoch – wie jede Eliminationsdiät – unter ärztlicher Begleitung durchgeführt werden sollte. „Viele Patienten berichten nach einigen Wochen einer solch strikten Diät über eine deutliche Linderung ihrer Symptome“, sagt Prof. Bachmann.
3 Reizdarm-Medikamente
Werbung für Reizdarm-Medikamente ist allgegenwärtig, die richtige Auswahl aus dem Angebot rezeptfreier und verschreibungspflichtiger Präparate aber oft schwierig. Die medizinische Therapie des Reizdarmsyndroms orientiert sich in erster Linie an den beklagten Beschwerden. Hierbei können krampflösende Mittel, Probiotika oder auch Medikamente gegen Durchfall beziehungsweise Verstopfung zum Einsatz kommen. Gute Ergebnisse sind zudem mit löslichen Ballaststoffen zu erzielen. „Wichtig ist eine klare Absprache, was Ziele und Dauer konsequent durchgeführter Therapieversuche angeht“, betont Dr. Anna Lipinski.
4 Die Psyche
Bereits beim Erstgespräch mit Betroffenen ist es wichtig, auf Faktoren einzugehen, die das Reizdarmsyndrom verschlimmern können, wie beispielsweise psychosoziale Belastungsfaktoren oder Schichtarbeit. „Oft unterschätzen wir den Einfluss, den unser Kopf auf den Magen hat. Psychischer Druck verstärkt die Symptome. Daher sind Entspannung und Stressreduktion essenziell“, weiß Dr. Lipinski. Nicht umsonst wird das Reizdarmsyndrom international heute als DGBI (disorders of the gut-brain-interaction = Störung der Darm-Hirn-Interaktion) bezeichnet. Somit spielen auch Bewegung und Stressbewältigung eine große Rolle. „Regelmäßige körperliche Aktivität, wie etwa Spazierengehen, Yoga oder moderates Joggen, fördert die Verdauung und kann Stress abbauen, was wiederum die Symptome lindern, kann“, rät Dr. Anna Lipinski. In manchen Fällen kann eine psychologische Betreuung eine sinnvolle Ergänzung zur medizinischen Behandlung sein. „Gesprächstherapien oder kognitive Verhaltenstherapie haben sich hier als besonders hilfreich erwiesen, um den Umgang mit der Krankheit zu erleichtern und das Wohlbefinden zu steigern.
5 Alltag aktiv gestalten
Trotz der Herausforderungen, die das Reizdarmsyndrom mit sich 5 bringt, ist es möglich, den Alltag aktiv und beschwerdefreier zu gestalten. Ernährung, Bewegung, Stressbewältigung und bei Bedarf auch medizinische Unterstützung sind dabei die wesentlichen Säulen. Wichtig ist, dass Betroffene sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Entscheidend sind eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung und ein gemeinsam erarbeitetes, individuelles Behandlungskonzept“, fasst Prof. Bachmann zusammen. pm