Wie unser Geist das Herz beeinflusst, wurde lange Zeit nicht wahrgenommen. Mediziner wissen heute, dass etwa starke negative Emotionen zu einer sogenannten Stress-Herzschwäche führen können. Neue Studien belegen, dass depressive Verstimmungen das Risiko für einen Herzinfarkt erhöhen. Und ein Herzinfarkt wiederum kann eine Depression begünstigen. Damit Herz und Geist in Einklang bleiben, informieren die Chefärzte Dr. med. Manfred Krammer, Chefarzt der Inneren Medizin 2 (Kardiologie) und Dr. med. Ralf Müller-Lenz, Chefarzt der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, am Dienstag (siehe nebenstehende Anzeige) über aktuelle Präventionsmaßnahmen und Therapiemöglichkeiten aus kardiologischer und psychosomatischer Sicht.
Ist die Verbindung zwischen Herz und Hirn wissenschaftlich belegt?
Dr. Ralf Müller-Lenz: „Das Herz ist seit jeher eng verbunden mit der Vorstellung der Seele. Mythen, Märchen, Lieder, Gedichte und Romane erzählen davon. „Ich habe es mir zu Herzen genommen“, „Mir ist das Herz aufgegangen“ oder „Mir ist vor Schreck das Herz stehen geblieben“ sind Beispiele, wie in Redewendungen die Verbindung zwischen Herz und Gefühlen zum Ausdruck kommt. Neue Erkenntnisse zeigen auf, dass Ängste, Stress oder emotionale Belastungen Menschen so stark zusetzen können, dass sie sogar herzinfarktähnliche Symptome aufweisen. Japanische Mediziner haben diese Art der Erkrankung in den 1990er Jahren erstmals als sogenanntes „Broken-Heart-Syndrom“ beschrieben – japanisch „Tako Tsubo“, weil die aufgeblähte linke Herzkammer die Forscher an eine Tintenfischfalle erinnerte.
Wie macht sich das „Broken-Heart-Syndrom“ bemerkbar?
Dr. Manfred Krammer: „Die Anzeichen des „Broken-Heart-Syndroms“ sind vielfältig und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Häufig beobachten wir Atemnot und Brustschmerzen. Einige Patienten klagen auch über Herzrasen, Schweißausbrüche, Übelkeit oder Erbrechen. Das Syndrom zu erkennen ist sehr schwierig, denn die EKG-Daten ähneln denen von Infarktpatienten. Wir müssen unsere Patientinnen und Patienten daher intensiv beobachten, mit Ihnen die Symptomatik besprechen und schließlich das BHS in Betracht ziehen, wenn kein Herzinfarkt bestätigt werden kann, denn das Broken-Heart-Syndrom“ kann im Lauf des Lebens immer wieder auftreten.
Ist das BHS gefährlich?
Dr. Manfred Krammer: „Obwohl die Entstehung eines BHS medizinisch anders ist als die eines Herzinfarkts, können auch beim BHS lebensbedrohliche Komplikationen entstehen. Brustschmerzen sollten daher immer ärztlich untersucht werden. Durch das BHS hervorgerufenen Herzrhythmusstörungen können nämlich unter Umständen einen plötzlichen Herztod hervorrufen.“
Gibt es Risikofaktoren, die das BHS begünstigen?
Dr. Ralf Müller-Lenz: „Dem Großteil der Fälle von BHS geht eine große emotionale Belastung voraus. Wir wissen heute, dass aber nicht nur negativer, sondern auch positiver Stress eine Erkrankung am BHS begünstigen. Stress ist somit einer der größten Risikofaktoren. Wie auch bei anderen Krankheiten erhöhen Übergewicht und ein schlechter Lebensstil das Risiko zu erkranken.“ pm

