Was hast Du gesagt?
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FOTO: DUSKO - STOCK.ADOBE.COM

Was hast Du gesagt?

Mut zum Hörgerät zahlt sich aus.

Gesundheit

Hörprobleme im Alter schlagen auf die Lebensqualität. Es drohen körperliche, seelische und kognitive Risiken, manchmal sogar eine Depression. Hörgeräte helfen – wäre da nur nicht das Image-Problem.Vielen Betroffenen fällt es schwer, sich das Problem einzugestehen. Angehörige bemerken es dann oft, dass die Partnerin den Fernseher neuerdings so laut aufdreht oder der Vater Wörter falsch versteht.

Hörverlust ist kein Problem des hohen Alters. Der Hörverlust beginnt oft schon zwischen 45 und 50 Jahren, sagt Prof. Birgit Mazurek, Direktorin des Tinnituszentrums an der Berliner Charité. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in der Altersgruppe zwischen 60 und 69 Jahren rund jeder Fünfte eine Hörstörung. Bei den 70- bis 79-Jährigen sind es schon 42 Prozent, bei den über 80- Jährigen fast drei Viertel.

Senioren sollten daher frühzeitig einen Hörtest machen. Fällt er nicht gut aus, kann ein Hörgerät die Minderung ausgleichen. Geht man das Hörproblem lange nicht an, kann das unangenehme Folgen haben. Und die gehen zum Teil weit über Kommunikationsprobleme hinaus. Schlechteres Hören kann auch zu körperlichen Problemen wie einer erhöhten Sturzgefahr und auch zu seelischen und geistigen Beeinträchtigungen führen.

Und: Wer eine Hörminderung hat, so das Modell des schwedischen Psychologen Jerker Rönnberg, bei dem stimmen die eingehenden akustischen Signale nicht mehr mit dem überein, was das Gehirn im Langzeitgedächtnis gespeichert hat. Das ist sehr anstrengend, sagt Christiane Völter, weil „der Hörgeschädigte seine kognitiven Fähigkeiten einsetzen muss, um aus den Bruchstücken, die er gehört hat, einen sinnvollen Satz zu formen“. Das verschwendet kognitive Ressourcen, die für andere Aufgaben dann nicht mehr vollständig zur Verfügung stehen.

Laut Birgit Mazurek haben Schwerhörige ein deutlich erhöhtes Risiko, pflegebedürftig zu werden. Dies gelte auch für die Gefahr zu stürzen. Hörgeschädigte ziehen sich auch oft zurück – und schädigen sich damit möglicherweise zusätzlich. „Wenn man weniger unter Menschen geht, sich weniger an Gesprächen beteiligt, erhält man auch weniger stimulierenden Input“, sagt Christiane Völter. „Dies kann sich auch auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirken.“

Diese Isolation und ein eventuell damit einhergehender Bewegungsmangel erhöht zudem die Gefahr einer Depression, erklärt Birgit Mazurek und spricht von einem Vierer-Blatt: „Hören, Mobilität, Kognition, Depression.“ Studien weisen auch auf einen Zusammenhanghin, zwischen Hörverlust und erhöhtem Risiko depressiv oder dement zu werden.

EIN HÖRGERÄT HÄLT LEISTUNGSFÄHIG – ABER NICHT ALLEIN

Wegen der gesundheitlichen Risiken raten Fachleute, sich frühzeitig ein Hörgerät verschreiben zu lassen. Damit „bleiben Patienten kognitiv leistungsfähiger“, sagt Birgit Mazurek, auch wenn sie findet, dass man sich nicht allein darauf verlassen sollte. Denn das Gehirn braucht einen Mehrfachanreiz. Auch ältere Menschen sollten sich bewegen und für kognitive Reize sorgen, also nicht nur vor dem Fernseher sitzen. „Man kann nicht sagen: Ich trage ein Hörgerät und alles ist gut.

HÖRHILFEN WERDEN SELTEN GENUTZT

Trotz der guten Ergebnisse bei Hörhilfen werden sie selten genutzt. In der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen tragen nicht mal sechs Prozent der Schwerhörigen ein Hörgerät, bei den 80-Jährigen ist es knapp ein Drittel. MATTHIAS JUNG