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Vor offener Tür: Auch in der Krise lohnt es sich, über die berufliche Planung nachzudenken.  Foto: lerbank/stock.adobe.com 

Berufliche Planung in der Corona-Krise: Karriere zwischen Angst und Optimismus

Pforzheim. Mehr Arbeitslose, weniger Stellen: Der Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt hat sich verschärft. Doch Panik sei nicht angebracht, sagt eine Expertin – und gibt Tipps für die Karriereplanung.

Karriereplanung in der Corona-Krise? Das scheint in Anbetracht eines kriselnden Arbeitsmarktes nicht der beste Zeitpunkt zu sein. So befanden sich im Mai 6,7 Millionen Menschen in Kurzarbeit – auch die Zahl der Arbeitslosen ist zwischen März und Juni stark gestiegen. Wer sich derzeit neu orientieren möchte, hat das Gefühl von „Damoklesschwert“, sagt Jutta Boenig, Vorsitzende der deutschen Gesellschaft für Karriereberatung und eigener Karriereberatung in Überlingen am Bodensee.

„Im Moment gehen bei den Kandidaten viele Befürchtungen und Ängste rum“, sagt Boenig. In Panik zu verfallen sei aber der schlechteste Ratgeber. Sie zeigt sich sogar durchaus optimistisch: „Insofern, dass die Bewerber, die sich neu orientieren wollen, noch mal klarer ausarbeiten sollten und müssten, was sie wirklich als Stärken und Kompetenzen verkaufen können.“ Erst dann gehe es an die detektivische Arbeit: Welche Branchen können nützlich sein? Wie können Kenntnisse auf andere Branchen übertragen werden? Wer beispielsweise bis jetzt in der Pharmabranche gearbeitet hat, könne sich in der Medizintechnik umschauen.

Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt gestiegen

Die Corona-Krise hat den Arbeitsmarkt ordentlich aufgewirbelt: Die Zahl der offenen Stellen ist dem Institut für Arbeitsforschung (IAB) zufolge im zweiten Quartal stark zurückgegangen, um fast eine halbe Million oder 36 Prozent im Vergleich zum gleichen Quartal im Vorjahr.

Das hat unweigerlich Folgen für den Bewerbungsprozess, wie eine aktuelle Untersuchung des Instituts zeigt. Ausgewertet wurde das Suchverhalten von Arbeitnehmern auf Linkedin, einem der größten Jobportale Deutschlands. Das Ergebnis: Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ist gestiegen. Und: Gerade Arbeitskräfte aus den krisengebeutelten Branchen wie Tourismus, Unternehmensdienstleister, produzierendes Gewerbe und der Immobilienbranche orientieren sich gerade um. Anders verhält es sich mit Branchen, die sich als „Krisengewinner“ hervorheben: Im Gesundheitssektor wurden demnach mehr Arbeitskräfte nachgefragt. Aber auch der Lebensmitteleinzelhandel oder Software- und IT-Dienstleister erfahren eine höhere Nachfrage.

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Doch selbst wenn einige Branchen von der Krise hart getroffen wurden – die Suche nach Fachkräften gehe weiter, sagt Karriereberaterin Boenig. Es sei Tatsache, dass es weniger Ausschreibungen gebe. „Geschäftsführer oder Personaler sagen mir aber auch: ‚Ja, unter Umständen müssen wir etwas zusammenschmelzen, unter Umständen geht es nicht so wahnsinnig gut wie vorher, das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass wir keine Kompetenz mehr brauchen‘.“

"Erst einmal die Füße still halten."

Das rät Jutta Boenig, Vorsitzende der deutschen Gesellschaft für Karriereberatung, allen, die sich gerade im Unternehmen unwohl fühlen und eine Veränderung herbeisehnen.

Wer zu Boenig kommt, befindet sich in einer Veränderungsphase, weil er entweder entlassen wurde, generell sich neu orientieren möchte oder sich bereits im Bewerbungsprozess befindet. Und dann gebe es die dritte Kategorie: Diejenigen, die die Krise als Chancen sehen, nach dem Motto: „Ich wollte schon immer mal etwas anderes machen ...“ Die Kunden: überwiegend Männer. Denn Boenig berät Führungskräfte – und das sind immer noch häufig Männer.

Deren Nachfrage habe seit der Corona-Krise zugenommen. Denn: „Das Thema ist häufig von Angst begleitet.“ Doch die Aufgabe eines Karriereberaters sei nicht die Jobvermittlung, sondern eine ganzheitliche Beratung. Schließlich komme das Wort Karriere von dem alten Begriff Carrière – den Lebenskarren voranziehen, merkt Boenig an. „Der Lebenskarren umfasst alles, nicht nur den Job.“ Dazu gehören auch Lebensphase- und planung, Werte und Wünsche.

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Wer sich gerade im Unternehmen unwohl fühlt und eine Veränderung herbeisehnt, für den hat Boenig folgenden Tipp: „Erst einmal die Füße still halten.“ Und sich die Frage stellen: Was kann man am Arbeitsplatz direkt verändern? Ein Gespräch auch in Form von externer Beratung oder internem Mentoring, Reflexion mit ehemaligen Kollegen oder anderen außenstehenden Personen aus dem beruflichen Bereich könne hilfreich sein, um neue Impulse zu bekommen: Fragen und Denken außerhalb des Gewohnten, könnten positive Veränderungen sehr unterstützen.

Sinnvolle Weiterbildung stattt einer Bewerbung nach der anderen

Und was sollten diejenigen, die gerade arbeitslos sind und einen Job suchen, beachten? „Auf gar keinen Fall wie verrückt 30 Bewerbungen in der Woche nach dem Schrottflintenprinzip wegeschicken.“ Das schmälert die Erfolgsaussichten. Was Menschen stattdessen helfen kann: Sinnvolle berufliche Weiterbildungsprogramme, die Netzwerke aktiv ausbauen und auch das ehrenamtliche Engagement – gebraucht zu werden stärkt. „Das Schlechteste wäre: sich zurückzuziehen“, sagt Boenig.

Virtueller Fachkräftetag

Seit März liegen Messeveranstaltungen wegen der Corona-Pandemie brach. Doch viele Veranstalter setzen jetzt auf virtuelle Messen – genau wie die „Pforzheimer Zeitung“. Der Fachkräftetag „Meine Karriere 2020“ findet am 25. und 26. September im Netz statt.

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Wirtschaft

Virtuelle Jobsuche: Karrieremesse der PZ findet dieses Jahr im Internet statt

„Unsere Karrieremesse orientiert sich voll und ganz an den Anforderungen der Kunden und des Arbeitsmarktes: Wir gehen den digitalen Weg mit einer virtuellen Messe – also innovativ und zukunftsgewandt“, sagt Thomas Satinsky, Geschäftsführender PZ-Verleger. „Jede oder jeder, der sich in der digitalen Welt weiterentwickeln möchte, wird von unserer Karrieremesse profitieren.“

Trotz der räumlichen Distanz bietet die virtuelle Messe sowohl Ausstellern als auch Bewerbern einen Mehrwert: So können Interessierte – die Messe richtet sich vor allem an Fachkräfte und solche, die es werden wollen – direkt mit den Ausstellern per Chat interagieren.

"Unsere Karrieremesse orientiert sich voll und ganz an den Anforderungen der Kunden und des Arbeitsmarktes: Wir gehen den digitalen Weg mit einer virtuellen Messe – also innovativ und zukunftsgewandt."

Thomas Satinsky, Geschäftsführender PZ-Verleger

Die virtuelle Messehalle ist vom Smartphone oder dem PC aus mit wenigen Klicks in der 360-Grad-Perspektive begehbar und ein Standplan weist einem wie in einer echten Messehalle den Weg. Bewerber können Jobanzeigen lesen, Image-Filme, Flyer oder Magazine ansehen. Wer schon mal die virtuelle Luft schnuppern will, kann bereits jetzt einen Einblick in die Messeumgebung bekommen unter dem Link: meinekarriere.pz-news.de/tour

Wer die persönliche Interaktion vorzieht, hat die Möglichkeit, die Karrieremesse am 19. und 20. Februar 2021 im CCP in Pforzheim zu besuchen – vorausgesetzt, dass bis zum Termin Großveranstaltungen zugelassen sind.

Weitere Informationen für Aussteller gibt es unter www.pz-news.de/meine-karriere

Katharina Lindt

Katharina Lindt

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