
Pforzheim. Rund 30 Kinder und bis zu 90 Jugendliche besuchen täglich das Haus der Jugend am Benckiserpark. Unter der Trägerschaft der SJR Betriebs gGmbH werden Offenheit, Freiwilligkeit, Parteilichkeit, Niederschwelligkeit und Partizipation vermittelt. „Ein Großteil der Besucher stammt aus dem prekären Milieu der West- und Innenstadt“, erklärt Geschäftsführerin Alison Bussey. Und fast alle seien in der Corona-Pandemie schulisch abgehängt worden.
„Überforderung führt oft zu aggressivem oder resigniertem Verhalten“, erklärt sie. „Analphabetismus und Schulverweigerung wird zunehmen.“ Zu Hause erhielten die Kinder keine Unterstützung, da die Eltern nicht dazu in der Lage seien.
„Sprache ist Teilhabe an der Gesellschaft. Selbst ein mathematisch begabtes Kind verzweifelt an der Aufgabe, wenn es sie nicht versteht“, mahnt Bussey. „Bildung entscheidet darüber, wo ich später hinkomme“, mahnt sie. Im Klartext: „Ob ich Transferleistungsempfänger oder Steuerzahler bin.“
Nun ist von der SJR Betriebs gGmbH das Projekt „Brainstorm“ ins Leben gerufen worden. An vier Tagen in der Woche kümmern sich eine Fach- und Honorarkräfte um bis zu sieben Kinder in kleinen Lerngruppen. Ermöglicht hat das die PZ-Hilfsaktion „Menschen in Not“. 25.700 Euro kostet das Projekt für ein Jahr. „Das Projekt, zu dem es leider keinen städtischen Zuschuss gibt, stellt eine Weiche für die Zukunft eines Kindes“, verdeutlicht Bussey.

Insgesamt haben 28 Teilnehmer drei Mal pro Woche die Möglichkeit daran teilzunehmen. Jedes Kind kann aber nur maximal zwei Mal pro Woche an der Lernhilfe teilnehmen.
„Uns liegt der Werdegang der Kinder unserer Einrichtung sehr am Herzen und wir erkennen ihre Frustration, wenn sie keine Erfolgserlebnisse haben“, erklärt Pedro Treig Garcia, Leiter des Hauses der Jugend. „Wir möchten die Kinder motivieren, wieder Spaß am Lernen zu haben. Gezieltes Fördern der Bereiche in denen sie Schwierigkeiten haben ganz ohne Frust und Erfolgsdruck gehen wir an.“ Lernen solle nicht nur Frust und das Erkennen des eigenen Unvermögens sein. „Wir möchten die Themen spielerisch und nachhaltig aufarbeiten.“ Das bedeute mehr als nur Hausaufgaben machen.


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„Wir spüren sehr stark, dass die Kinder seelisch belastet sind, weil sie in der 3. Klasse nicht lesen oder schreiben können“, erzählt Erzieherin Anja Brohm. „Oder Zwölfjährige, die immer noch in der 2. Klasse sind.“ Sie beobachte jedoch auch, dass einer der Jungs sie im Gegenzug regelmäßig im Schach schlage. „Es liegt also nicht am Intelligenzquotient, sondern am Abgehängt-Sein.“ Viele hätten einfach den Anschluss verpasst. Lehrer seien überfordert. „Bei einem Migrationsanteil von 85 Prozent in der Weststadt können sie das auch gar nicht schaffen“, so Brohm weiter.
„Brainstorm“ ist mehr als nur Hausaufgabenbetreuung. „Wir machen eine Mischung. Die schlimmste Hausaufgabe wird erledigt und dann werden die tollsten Spiele gemacht.“ Sprachdefizite ausgleichen sei dabei die wichtigste Förderung.


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Im ersten Stock im Haus der Jugend finden die Gruppenangebote statt. Meist verteilt auf bis zu drei Räume. „Die Mentoren verteilen sich auf die Anforderungen.“ Und so gebe es dann sogar immer wieder die Möglichkeit der Einzelförderung.


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Auf die Noten der gerade erst verteilten Zeugnissen habe das neue Angebot noch keinen großen Einfluss gehabt, so die Erzieherin weiter. „Das dauert.“ Die Kinder hätten sehr viel Vertrauen zu den Mentoren, das durch jahrelange gute Bindung aufgebaut worden sei. „Im neuen Schuljahr werden vermutlich neue Konflikte auftreten und wir werden aber nicht anfangen, bei den Kindern die Daumenschrauben anzuziehen.“ Sie müssten von selbst wollen und dann mache das Lernen für alle Spaß.