Christoph Mährlein setzt sich nach den Vorwürfen seiner Parteikollegen nun zur Wehr.
Moritz
Pforzheim
Zoff bei der SPD in Pforzheim: Mitglieder des Kreisvorstands fordern Rücktritt von Mährlein - nun melden sich der Kreisvorsitzende selbst und der Landes-Generalsekretär zu Wort
  • pm/mg

Pforzheim. Bei der Mehrheit der Mitglieder des Kreisvorstandes der SPD Pforzheim hat die am Mittwoch abgegebene Entscheidung zur Wahlanfechtung Überraschung, Unverständnis und großen Ärger ausgelöst. Das gab die Partei in einer Pressemitteilung am Donnerstagmittag bekannt und forderte den Rücktritt von Christoph Mährlein. Doch der Kreisvorsitzende selbst wollte den Vorstoß seiner Parteikollegen nicht so stehen lassen und meldete sich nun seinerseits am Donnerstagnachmittag zu Wort. Schließlich reagierte auch noch der Generalsekretär des SPD-Landesvorstands Sascha Binder. Er wirft Mährlein eigenmächtiges Agieren vor. PZ-news zeigt den SPD-Zoff im Wortlaut.

Seit der Zustellung der Anfechtungsklage gegen die Wahl der Delegierten am 27. Juli habe es laut der Pressemitteilung des Kreisvorstandes keine Vorstandssitzung und keinen Austausch unter den Vorstandsmitgliedern gegeben. Selbst nach der Aufforderung durch mehrere Vorstandsmitglieder, eine solche einzuberufen, sei nichts dergleichen geschehen. Der gewählte Kreisvorstand hätte sich also mit dieser Fragestellung überhaupt nicht befassen können.

„Unserer Auffassung nach muss sich der gesamte Kreisvorstand mit solch einer entscheidenden Fragestellung befassen“, erklärte Ralf Fuhrmann, „dann kann das weitere Vorgehen gemeinsam besprochen und abgestimmt werden.“ Das nun vom Kreisvorsitzenden gewählte Verfahren sei intransparent, zu tiefst undemokratisch und widerspreche den Gepflogenheiten in der SPD. Die vorgebrachten Gründe der Befangenheit seien auch nach Rücksprache mit der Landes SPD nicht stichhaltig und nachvollziehbar.

Weiter heißt es in der Pressemitteilung:

"In der Sache ist eine Wahlanfechtung immer möglich und halten wir die von den Antragstellern hervor gebrachten Gründen zwar zum Teil nachvollziehbar, aber nicht ausreichend, um die Wahlen für ungültig zu erklären. Es gab organisatorische Probleme, die auch intern schon angesprochen wurden. Insgesamt haben aber diese Verfahrensmängel nicht zu einer Verzerrung oder Verfälschung des Wahlergebnisses  an dem Abend beigetragen. Gerade die Personen, um deren Mitgliedschaft es jetzt bei der Entscheidung zur Anerkennung der Wahlanfechtung geht, wurden von Dr. Christoph Mährlein selber auf die Wahlvorschlagslisten gesetzt, obwohl er wusste, dass sie noch nicht aufgenommen sind. Neben der rein rechtlichen Beurteilung hat diese nun veröffentlichte Entscheidung natürlich eine politische Dimension und Folgen."

Das Vertrauen im Kreisvorstand sei durch dieses Vorgehen und Handeln nun völlig zerstört.

„Wir sehen keine Möglichkeit der weiteren konstruktiven vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Kreisvorsitzenden Dr. Christoph Mährlein“, so die stellvertretende Kreisvorsitzende Johanna Kirsch im Namen der Mehrheit der Mitglieder des Kreisvorstands, „wir fordern seinen sofortigen Rücktritt und die Niederlegung aller Parteiämter.“

Seine eigene bloße Ankündigung, bei einer nächsten Mitgliederversammlung nicht mehr anzutreten und solange in dieser Art und Weise das Amt „kommissarisch“ auszuüben, sei nicht mehr hinzunehmen und schade der SPD immer mehr. Alles Weitere sollen die Verfahrensregeln der Partei klären.

Das sagt Christoph Mährlein zu den Anschuldigungen

„Ralf Fuhrmann, Johanna Kirsch und andere Mitglieder des Kreisvorstandes haben heute meinen Rücktritt gefordert und mich zum wiederholten Male öffentlich diffamiert. Sascha Binder wirft mir „Selbstherrlichkeit“ vor. Ein solches Vorgehen entspricht nach meiner Auffassung nicht den Werten, für die die SPD steht“, schreibt Mährlein in einer Mitteilung an die PZ. Und weiter: "Richtig ist aber leider, dass mindestens seit April wegen solcher Vorgehensweisen die Arbeit des SPD-Kreisvorstandes sehr schwierig ist, wofür ich entgegen diesen Behauptungen nicht die Verantwortung trage.“

Aus der getroffenen Entscheidung im Wahlanfechtungsverfahren ergebe sich, dass die Vorwürfe ihm gegenüber in jeder Hinsicht unberechtigt seien, heißt es in der Mitteilung. Über die Wahlanfechtung entscheide im Weiteren das Landesschiedsgericht, nicht der Generalsekretär.

Die Mitteilung im Wortlaut:

„Ich habe hier eine Entscheidung vorbereitet und daran mitgewirkt, weil ich dazu nach meinem Verständnis verpflichtet bin und habe das mit dem Bemühen getan, das Richtige zu tun und meiner Verantwortung für die Partei gerecht zu werden. Ich weise die Vorwürfe gegen mich zurück, möchte aber wegen der teilweise herabsetzenden Behauptungen gegen mich Folgendes klarstellen:

1. Die Frage der Besetzung des Vorstandes bei dieser Entscheidung war ein Problem, das auch mit den Beteiligten unter Einschluss des Landesgeschäftsführers intensiv diskutiert wurde. Diese Frage kann man nur juristisch richtig oder falsch entscheiden, aber sie ist einer demokratischen Entscheidung nicht zugänglich. Das Problem wurde in der Entscheidung auch ausführlich erörtert und die Beiträge berücksichtigt. Das Problem einfach zu leugnen, ist jedenfalls keine Lösung. Es bestand Gelegenheit für die Vorstände, sich zu beteiligen und der Termin der Beratung wurde vorher bekanntgegeben.

2. Es ist nicht wahr, dass ich an der Mandatsprüfung mitgewirkt habe. Ich habe bei einzelnen Mitgliedern im Vorfeld nachgefragt, ob sie stimmberechtigt sind, hatte aber keinen Einblick in die Mandatsprüfungsunterlagen.

3. Ich habe an der Organisation der Versammlung nicht mitgewirkt. Die Äußerungen von Sascha Binder befremden mich. Ich werde mich bemühen, das gelegentlich im direkten Gespräch zu klären.“

Landes-Generalsekretär Sascha Binder will klarstellen

Aufgrund der jüngsten Äußerungen des kommissarischen SPD-Kreisvorsitzenden Christoph Mährlein in Pforzheim bei der Aufstellung von parteiinternen Delegierten der SPD zu den Landtags- und Bundestagswahlen im nächsten Jahr sieht Landes-Generalsekretär Sascha Binder Anlass zu Klarstellungen, schreibt Binder in einer Mitteilung an die Presse.

„Herr Mährlein agiert eigenmächtig ohne einen Beschluss der gewählten Pforzheimer Parteigremien. Zuständig für die Entscheidung über eine Wahlanfechtung im Ortsverein ist nicht allein der Kreisvorsitzende, sondern der gesamte Kreisvorstand. Es gab aber weder eine Sitzung des Kreisvorstands noch wurde zu einer solchen eingeladen. Es ist gut, dass sich der Kreisvorstand in Pforzheim diese selbstherrliche Vorgehensweise nicht gefallen lässt“, erklärte Binder.

Der Generalsekretär wies darauf hin, dass der Vorstand des Ortsvereins Pforzheim einstimmig beschlossen habe, dass die Delegiertenwahl ordnungsgemäß verlaufen sei und keine Gründe für eine Anfechtung vorliegen. „Trotzdem steht natürlich jedem, der Zweifel daran hat, eine offizielle Anrufung der parteiinternen Schiedskommission offen“, so Binder.

Entscheidung verschärft internen Kampf

Am Dienstag wurde bekannt, dass die Ergebnisse der Vorwahlen, nach denen Stadtrat und Ex-Porsche-Betriebsrat Uwe Hück im Zweikampf mit der früheren Kreisvorsitzenden Annkathrin Wulff kaum noch Aussichten auf eine Nominierung als Landtagskandidat hatte, gekippt wurden.

Grund dafür: Die verwendeten Stimmzettel und die Mandatsprüfung seien nicht rechtmäßig gewesen. Der Pforzheimer SPD-Kreisvorstand hat die auf einer turbulenten Parteiversammlung erfolgten Abstimmungen über die Delegierten für die Nominierung der Landtags- und Bundestagskandidaten, bei denen sich kaum Hück-Anhänger durchsetzten, aufgehoben und Neuwahlen angesetzt.

Mehr lesen Sie am Freitag, 21. August, in der Pforzheimer Zeitung und im Epaper auf PZ-news.de.