
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken will sich von ihrem Amt zurückziehen. Sie werde auf dem Bundesparteitag Ende Juni nicht mehr zur Wiederwahl antreten, sagte die 63-Jährige am Abend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Esken zieht sich damit aus der ersten Reihe der Politik zurück.
„Ich habe jetzt in den vergangenen sechs Jahren die große Freude und die große Ehre gehabt, die SPD als Parteivorsitzende zu führen“, sagte Esken. Diese sei eine altehrwürdige und zugleich quicklebendige Partei. „Ich gebe jetzt mein Parteivorsitzendenamt auf und mache Platz für die Erneuerung.“ Esken betonte, der Entschluss sei gereift. Sie wolle insbesondere jungen Frauen in der SPD Platz machen.


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Esken ist seit 2019 Parteichefin, damals von den Mitgliedern direkt gewählt im Duo mit Norbert Walter-Borjans. In den Folgejahren sorgte sie maßgeblich mit für eine Stabilisierung der SPD. Nach 2021 stützte sie verlässlich Bundeskanzler Olaf Scholz, obwohl sie nicht immer einer Meinung mit ihm war. Zuletzt handelte sie an der Seite des Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil den Koalitionsvertrag mit der Union aus. Bei der Verteilung der Ministerposten im Kabinett von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ging sie aber leer aus.


Katja Mast wird Staatssekretärin, Saskia Esken geht leer aus: Ministerposten der SPD besetzt
In den vergangenen Wochen hatte es parteiintern teils heftige Kritik an Esken gegeben. An ihr scheiden sich in der SPD die Geister: Die einen schätzen sie als unverblümte und angstfreie Stimme des linken Flügels. Andere halten sie für unberechenbar und würden ihr am liebsten ein Talkshow-Verbot erteilen. Esken gilt als hart im Nehmen, ungemütlich und stur. Sie nimmt oft kein Blatt vor den Mund. Ihre berufliche Karriere erzählt die klassische SPD-Geschichte einer Aufsteigerin von der Paketbotin bis in den Bundestag.
Heftige Kritik auch vor Ort
Selbst bei den Genossen daheim im Wahlkreis Calw (mit Freudenstadt) war Esken nach der Bundestagswahl im Februar nicht mehr unumstritten. Dort schnitt die SPD noch fast vier Prozent schlechter ab als im bundesweiten Vergleich. Und die Calwerin holte selbst nur knapp 13 Prozent der Erststimmen. Promibonus: Fehlanzeige.

Vor allem die Vorsitzenden des Calwer Kreisverbands stärkten der 63-Jährigen zwar immer wieder demonstrativ den Rücken. Doch von früheren Größen der Partei und namhaften Kommunalpolitikern kam immer mehr Widerstand. Manfred Stehle aus Althengstett, früher für die grün-rote Landesregierung tätig, forderte beispielsweise Anfang März: „Esken sollte sich vor der Wahl erklären, dass sie nicht mehr für den Co-Vorsitz kandidiert. Dies wäre dann die letzte Chance für einen geordneten und respektablen Rückzug.“ Gerhard Gaiser, Kreisrat in Freudenstadt und Gemeinderat in Baiersbronn, sagte, dass Esken „wie Pattex am Amt der Parteivorsitzenden kleben“ würde und forderte ihren aber auch Klingbeils Rücktritt. „Der Unmut an der Parteibasis ist unermesslich.“ Viele Sozialdemokraten auch aus Pforzheim und dem Enzkreis, von denen die PZ eine Meinung zur Zukunft Eskens hören wollte, antworteten nicht einmal. Absolute Rückendeckung sieht anders aus.


SPD-Chefin Esken wechselt nicht ins Kabinett
Mit Material von dpa

